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Berufswunsch oder Wunschberuf. Ausbildungsweg und Berufswahl ...

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<strong>Berufswunsch</strong> <strong>oder</strong> <strong>Wunschberuf</strong><br />

5 Formale Theorie der <strong>Berufswahl</strong>entscheidung<br />

gelinas bestimmt ihren Habitus. Sie stammt nicht aus einer Familie von Akademikern. Selbstselektion<br />

führt zu einer Reproduktion der sozialen Herkunft.<br />

Datenbeispiel 2: Ich traue der Uni nicht<br />

Im Habitus drückt sich aus, was von der gesellschaftlichen Ungleichheit vom Individuum in der<br />

Biographie verinnerlicht wurde. Mit dem Konzept lässt sich die Reproduktion der sozialen Herkunft<br />

innerhalb des Bildungssystems veranschaulichen. Die soziale Herkunft bestimmt in wesentlichen<br />

Teilen, welche Ressourcen einer Person in Form unterschiedlicher Kapitalformen zur Verfügung<br />

stehen. Das Bildungssystem übt dabei eine Verschleierungsform aus: Prozesse der Ungleichheitsreproduktion<br />

erscheinen den Beteiligten als mehrheitlich gerechte Selektionsprozesse<br />

<strong>und</strong> erlangen in dieser Form gesellschaftliche Legitimität. Prozesse der Selbstselektion finden sich<br />

in weiteren Lebensgeschichten von Lehrpersonen, so beispielsweise bei Rebekka:<br />

„Ich habe einfach das Gefühl gehabt, ich traue der Uni nicht. Ich habe einfach dieser Uni nicht getraut. Ich habe<br />

das Gefühl gehabt, das ginge dann so schlimm weiter, wie ich es zum Teil erlebt habe bei gewissen Lehrkräften,<br />

<strong>oder</strong>. Auch nach dieser Lehrerausbildung <strong>und</strong> so habe ich, hat es so lange gedauert, bis ich angefangen habe mit<br />

dem Studium, da ich das Gefühl gehabt habe, wenn das so weiter geht, wie in dieser Lehrerausbildung, das hat<br />

mir derart abgelöscht, von wegen Ausbildung, dass ich gedacht habe, nein.“<br />

Wiederholt machte Rebekka während ihrer Schulzeit schlechte Erfahrungen mit Lehrpersonen.<br />

Als es um die Ausbildungsentscheidung geht, greift sie auf diese Wissensbestände zurück <strong>und</strong><br />

verwendet sie, um den Lebensplan bezüglich ihrer Ausbildung zu entwerfen. Die (negativen)<br />

Wissensbestände sind Teil ihres Habitus. Das Hochschulstudium bietet sich Rebekka als naheliegende<br />

Ausbildungswahl an. In dieser Weise wirken makrosoziale Faktoren wie gesellschaftliche<br />

Chancen in Form von Ausbildungsangeboten in den Bereich individueller Handlungsorientierungen<br />

hinein. Die Gesellschaft bietet Chancen <strong>und</strong> auferlegt Restriktionen, wenn es darum<br />

geht, den eigenen Lebenslauf zu organisieren (Buchmann 1989). Rebekka erkennt die Notwendigkeit<br />

der <strong>Berufswahl</strong>entscheidung in der bevorstehenden Lebensphase, sie weiss um die Existenz<br />

von Altersnormen bezüglich des Statuswechsels zwischen schulischer <strong>und</strong> beruflicher Ausbildung.<br />

Welche Erfahrungen für Rebekka in dem Reflexionsprozess der Statuspassage relevant sind, ist<br />

bestimmt durch ihre Herkunft <strong>und</strong> die in der Folge verinnerlichten persönlichen Dispositionen.<br />

Ein Kind mit reichen Eltern würde die Bedeutung der negativen biographischen Erfahrungen mit<br />

Lehrpersonen anders gewichtet, hätte der angestrebten Position möglicherweise eine grössere<br />

Bedeutung zugemessen. Es wäre von Beginn weg bereits mit einem grösseren Umfang an kulturellem<br />

Kapital (Bourdieu 1983) ausgerüstet, um sich problemloser durch das Bildungssystem zu<br />

bewegen. Als Folge der sozialen Herkunft wäre es vertrauter mit dem akademischen Umfeld <strong>und</strong><br />

hätte geringe Veranlassung, von schlechten biographischen Erfahrungen mit Lehrpersonen auf<br />

das zukünftige Verhalten von Hochschullehrern zu schliessen. Als Konsequenz entscheidet Re-<br />

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