Berufswunsch oder Wunschberuf. Ausbildungsweg und Berufswahl ...

Berufswunsch oder Wunschberuf
4 Berufswunsch als Begleiter durch den Lebenslauf
4 Berufswunsch als Begleiter durch den Lebenslauf
In einem Kontext, in dem „an den Weggabelungen im Lebenslauf die Optionen für Entscheidungen
in dem Maße zugenommen haben, wie Biographien von den traditionellen Lebensverhältnissen
freigesetzt worden sind“ (Heinz 2000, S. 165), erscheint es für das Verständnis der
Entwicklung des Berufswunsches von Lehrpersonen förderlich, sich dem interessierenden Gegenstandsbereich
möglichst offen und unbelastet durch theoretische Vorannahmen zu nähern.
Dies wird durch die Techniken der Grounded Theory ermöglicht: in einem ersten Schritt des
Analyseprozesses wurde eine gegenstandsbezogene Theorie entwickelt, die in den lebensgeschichtlichen
Erzählungen der interviewten Lehrpersonen gründet. Den Empfehlungen von Strauss und
Glaser (1994) folgend wurden dabei in der Analyse allgemeine soziologische Theorien und Konzepte
nur verwendet, wenn sie dem Vorwissen der Forschenden entsprangen und sich nicht ohne
weiteres beiseite schieben liessen. Mit diesem Vorgehen wurde eine weitestgehende Offenheit für
die Entdeckung neuer Konzepte und Beziehungen bezüglich des Lebenslaufs von Lehrpersonen
erreicht. Dabei folgt die Entwicklung der Theorie Phasen des Lebenslaufs, wie sie in der Biographie
der interviewten Lehrpersonen häufig anzutreffen sind. Der Berufswunsch kann in unterschiedlichen
Abschnitten des Lebenslaufs entstehen, von unterschiedlicher Dauer sein, er kann in
seiner Intensität variieren, die Entstehungsgründe können verschieden sein.
Meist vollzieht sich die Ausbildungsgeschichte und die Verwirklichung des Berufswunsches nicht
so geradlinig, wie dies Angelinas Erzählung auf den ersten Blick vermuten lässt:
So echli den beruflichen Weg habe ich relativ strikt, also, ich habe wirklich sechs Jahre Primar und nachher gerade
Gymi sechseinhalb Jahre und nachher bin ich wirklich gerade ans Semi gegangen, also, es ist irgendwie einfach
in einem Schnurz durch trotz allem, also, es ist irgendwie wie unbewusst so ein roter Faden gewesen, der mich
geleitet hat.
Ein zweites, vertieftes Hinschauen ist an dieser Stelle empfehlenswert. Angelina weist selbst darauf
hin, dass ihr Lebenslauf nicht immer unproblematisch war: Geradlinig mag die Ausbildungsgeschichte
nur „trotz allem“ erscheinen. Es sind auch all die Phänomene, die den individuellen
Lebenslauf manchmal holperig und schwierig erscheinen lassen, die im Rahmen der Analyse erkannt
und in die Theorie eingebunden werden sollen. Und doch beschreibt Angelina trefflich
den Zugang, der für die Darstellung der gegenstandsbezogenen Theorie zum Berufswunsch von
Lehrpersonen geeignet erscheint: Der „rote Faden“ der Theorie wird durch den Berufswunsch
geknüpft. Die Analyse beinhaltet die Diskussion der Phänomene, die zu Entstehung und Festigung
des Berufswunsches während dem Lebenslauf führen. Es interessiert der Kontext der Umsetzung
des Wunsches in der problematischen Übergangsphase der Berufswahl und die Konsequenzen,
die sich aus dem Entscheid für den Lehrberuf während den ersten Jahren der Berufstätigkeit
ergeben.
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