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Berufswunsch oder Wunschberuf. Ausbildungsweg und Berufswahl ...

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<strong>Berufswunsch</strong> <strong>oder</strong> <strong>Wunschberuf</strong><br />

5 Formale Theorie der <strong>Berufswahl</strong>entscheidung<br />

einem Prozess der Reflexion neu interpretiert <strong>und</strong> zusammengefügt. Dies führt zu einer Neubewertung<br />

der relevanten Interessenbündel. Verinnerlicht als Bestandteile des individuellen Habitus<br />

sind in Wissensbeständen auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen sedimentiert, normative<br />

Erwartungen <strong>und</strong> sozio-kulturelle Vorgaben, die gemäss Burkart (1995) als ‚soziale Logik‘ den<br />

Entscheidungsprozess beeinflussen.<br />

Im weiteren Verlauf des Entscheidungsprozesses kommt es schliesslich zu einer Phase des Abwägens<br />

zwischen den Wahlalternativen. Den Prozess des Abwägens zwischen Wahlalternativen beschreibt<br />

Schütz (1972, S. 38): „Das Bewußtsein des Handelnden durchläuft eine Alternative <strong>und</strong><br />

dann eine andere, bis die Entscheidung gleichsam herausfällt (...) Aber es ist eine Voraussetzung<br />

für jede Wahl, daß der Handelnde sich bewußt ist, daß überhaupt alternative Anwendungsmöglichkeiten<br />

verschiedener Mittel <strong>und</strong> sogar alternative Zwecke wirklich vorliegen.“ Der Reflexionsprozess<br />

des Abwägens führt im Idealfall zu einer Entscheidung, die möglichst grosse Teile der<br />

vorliegenden Interessen umfasst <strong>und</strong> somit ein bestmögliches Matching zwischen Beruf <strong>und</strong> individuellen<br />

Interessen repräsentiert. Ramona spricht davon, dass sie den Lehrberuf schliesslich<br />

wählte, weil sie das Gefühl hatte, dass dieser möglichst viele ihrer Interessen „abdecke“. Der Verlauf<br />

des Entscheidungsprozesses wird durch zwei Faktoren mitbestimmt: Ein unterschiedlich<br />

ausgeprägter Konflikt zwischen zwei <strong>oder</strong> mehreren Wahlalternativen führt zu einer Situation des<br />

Zweifels, deren Konfliktivität variiert. Wird der im Verlauf der Statuspassage empf<strong>und</strong>ene Zeitdruck<br />

heftig erlebt, intensiviert dieser Umstand deren Problematik. Je ausgeprägter das Handlungsproblem<br />

ist, desto engagierter werden die beschriebenen Strategien zu dessen Bewältigung<br />

verfolgt. Ramona beschreibt den empf<strong>und</strong>enen Zeitdruck als gering. Die vorliegenden Wahlalternativen<br />

werden von ihr erkannt, doch keine der Alternativen wird besonders intensiv angestrebt.<br />

Sie erklärt, dass der Lehrberuf kein lange anhaltender Wunsch gewesen sei, <strong>und</strong> die universitäre<br />

Welt empfindet sie als ihr „fern“ stehend. In der Folge verläuft die Statuspassage wenig<br />

konfliktbehaftet, sie betreibt den Reflexionsprozess des Abwägens ohne grosse Begeisterung <strong>und</strong><br />

empfindet die eigentliche <strong>Berufswahl</strong>entscheidung als ein hinein „schlittern“ in den Lehrberuf.<br />

Ausschlaggebend für die Wahl sind biographische Ressourcen, die im Lebenslauf gemachten Erfahrungen<br />

im Umfeld der Jugendarbeit. Burkart (1995) bezeichnet diesen Faktorenkomplex als<br />

die ‚biographische Logik‘ einer Entscheidung, es sind die ‚Weil‘-Motive, die für eine Kontinuität<br />

der Biographie relevant sind.<br />

Ramonas Entscheidung kann kaum als rationale Entscheidung verstanden werden. Um sich die<br />

nötigen Informationen für eine rationale Entscheidung zu verschaffen, hätte sie sich stärker engagieren<br />

müssen, dazu war jedoch das Handlungsproblem zu wenig ausgeprägt. Ramona weist auf<br />

das Fehlen der für eine rationale Entscheidung vorausgesetzten vollständigen Informiertheit mit<br />

der Aussage hin, dass sie damals gar nicht gewusst habe, was auf sie zukomme. Glaser <strong>und</strong> Strauss<br />

(1971, S. 74) heben den Zusammenhang zwischen der Intensität der Teilhabe an einer Statuspas-<br />

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