iso-NEWS - Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft eV
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Hans Günter Grewer: Vom Nutzen der ‚old economy’ <strong>für</strong> die Regional- <strong>und</strong> Strukturpolitik<br />
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36<br />
schiebungen in den industriellen Bereichen<br />
wesentlich größer als bei den<br />
Dienstleistungen. Nicht so im Saarland<br />
(!), in dem die deutliche Zunahme der<br />
Hochqualifizierten sich auf den Dienstleistungssektor<br />
beschränkte, während<br />
sie im Industriebereich stagnierte (Blien<br />
u.a. 2001: 63ff). Dieses Ergebnis lässt sich<br />
auf zweierlei Weise interpretieren: Zum<br />
einen ist es Ausdruck der am Standort<br />
nur Teilfunktionen vorhaltenden <strong>und</strong> auf<br />
die Fertigung konzentrierten ‚verlängerten<br />
Werkbänke’, die in der saarländischen<br />
Industriestruktur eine große Bedeutung<br />
haben. Zum anderen ist es das<br />
Ergebnis einer wirtschaftspolitischen<br />
Vernachlässigung der Industrie gegenüber<br />
Spitzentechnologien <strong>und</strong> dem<br />
Dienstleistungssektor. Vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
des heftigen Rationalisierungsgeschehens<br />
<strong>und</strong> der technologischen Dynamik<br />
scheint hier auf jeden Fall eine<br />
Änderung geboten, wenn man eine<br />
wichtige Säule der regionalen Wirtschaft<br />
<strong>und</strong> ein gewichtiges Pfand in<br />
Fragen der Beschäftigung nicht gefährden<br />
will. Industrieunternehmen mit eingeschränkten<br />
FuE-, Vertriebs-, Service<strong>und</strong><br />
Steuerungsfunktionen sind stärker<br />
von Outsourcing <strong>und</strong> Offshoring (in billigere<br />
oder qualifiziertere Regionen) bedroht<br />
als andere <strong>und</strong> haben zudem<br />
schlechtere Karten im Wettbewerb.<br />
Weil außerdem die unternehmensinternen<br />
Umstrukturierungen der letzten Jahre<br />
zu einer teilweisen Umkehrung in der<br />
Personalzusammensetzung geführt haben,<br />
ist ein niedriger Anteil an höheren<br />
Qualifikationen fast gleichbedeutend<br />
mit Beschäftigungsabbau.<br />
<strong>iso</strong>-Mitteilungen Nr. 3/August 2004<br />
Wie wir gezeigt haben, schneiden im interregionalen<br />
Vergleich die B<strong>und</strong>esländer<br />
mit hohem Industriebesatz wirtschaftlich<br />
wie beschäftigungspolitisch deutlich besser<br />
ab als diejenigen mit einem niedrigen Industriebesatz.<br />
Die Förderung der industriellen<br />
Struktur bietet daher immer noch<br />
Chancen <strong>für</strong> den interregionalen Wettbewerb.<br />
Wenn es gelingt, die exportorientierten,<br />
dynamischen <strong>und</strong> besonders entwicklungsfähigen<br />
industriellen Kerne unter Mobilisierung<br />
ihrer endogenen Ressourcen<br />
weiterzuentwickeln, kann ein Land seine<br />
wirtschaftliche <strong>und</strong> beschäftigungspolitische<br />
Situation wie seine Wettbewerbsposition<br />
deutlich stärken. Das Saarland hat hier<br />
nicht nur mit dem Automotive-Cluster einiges<br />
zu bieten. Doch müsste es seine Anstrengungen<br />
<strong>und</strong> Unterstützungsleistungen<br />
mehr auf diese wertschöpfungsintensiven<br />
Industrien fokussieren. Attraktive strukturverbessernde<br />
Angebote - zur Ansiedlung<br />
hochwertiger Funktionen (FuE, Service,<br />
Logistik) - <strong>und</strong> ebenso breite wie spezialisierende<br />
Qualifizierungspolitiken sind dazu<br />
unerlässlich. Die Förderung von dynamischen<br />
Industrien behindert auch keineswegs<br />
den Ausbau von Dienstleistungen.<br />
Wie die Entwicklung der letzten Jahre zeigt,<br />
ist das Gegenteil der Fall. Von den Wachstumsimpulsen<br />
moderner Industrien profitieren<br />
Dienstleistungen. Durch sie wird die<br />
Dienstleistungsstruktur diversifiziert <strong>und</strong> der<br />
Anteil höherwertiger Dienstleistungen<br />
merklich angehoben.<br />
▪<br />
Hans Günter Grewer<br />
e-mail: grewer@<strong>iso</strong>-institut.de