S p i e l z e i t 2 0 - Spielzeit 2008/2009 - APOLLO-Theater Siegen
S p i e l z e i t 2 0 - Spielzeit 2008/2009 - APOLLO-Theater Siegen
S p i e l z e i t 2 0 - Spielzeit 2008/2009 - APOLLO-Theater Siegen
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Nach dem unerwartet großen Erfolg der Eröffnungsspielzeit wurde verschiedentlich gefragt, wie<br />
denn dieses Niveau zu halten sei. Die Antwort: Nicht um Verteidigung des Erreichten geht es, auch<br />
nicht nur um die Bewahrung des Bewährten. Wiederum will Neues gewagt sein, erneut stellt sich die<br />
Frage des <strong>Theater</strong>direktors in Goethes „Faust“ (den das Apollo-Ensemble in dieser <strong>Spielzeit</strong> produzieren<br />
wird): „Wie machen wir’s, dass alles frisch und neu / und mit Bedeutung auch gefällig sei?“<br />
In der zweiten Apollo-<strong>Spielzeit</strong>, zu der wir Sie herzlich begrüßen, wird eine neue Tradition begründet:<br />
die „<strong>Siegen</strong>er Biennale“, ein <strong>Theater</strong>fest jenseits bedeutungsarmer, lediglich „gefälliger“ Eventisierungskultur.<br />
Im Zentrum stehen ausgezeichnete Aufführungen wichtiger Bühnen, die sich eines<br />
drängenden, verdrängten gesellschaftlichen Themas künstlerisch annehmen. „Vom Verlieren“ handelt<br />
die erste Biennale, von den großen und kleinen Untergehern, den grandios Scheiternden, die<br />
womöglich die wahren Gewinner sind. Die Eröffnung fällt nicht zufällig mit einer „Hiob“-Inszenierung<br />
auf den Karfreitag, den Tag, an dem des Mannes aus Nazareth gedacht wird, der am Kreuz exekutiert<br />
wurde, um mit und nach seinem Tod die Geschichte und Geschicke der Welt neu zu prägen.<br />
Das junge <strong>Siegen</strong>er Apollo reiht sich mit diesem substanziell angelegten und inhaltlich definierten<br />
„<strong>Theater</strong>fest“ selbstbewusst – man könnte auch sagen: frech – in die <strong>Theater</strong>treffen der großen<br />
Metropolen ein (Ruhrfestspiele, Berliner <strong>Theater</strong>treffen, RuhrTriennale etc.). Dass wir dies wagen<br />
können, ist – neben den Sponsoren – dem Erfolg der Eröffnungsspielzeit und damit auch Ihnen, verehrtes<br />
Publikum, zu verdanken: Statt der kalkulierten 45.000 Besucher haben 68.700 unsere Vorstellungen<br />
gesehen (die Gesamtzahl der Besucher inklusive der Kooperationsveranstaltungen mit den<br />
heimischen Chören und der freien Szene betrug 78.500). Wesentlicher noch als alle Zahlen: Gerade<br />
die anspruchsvollsten Inszenierungen waren als erste ausverkauft, gerade die „Zumutungen“<br />
stießen auf enthusiastischen Widerhall.<br />
Als vor nunmehr neun Jahren um die inhaltliche Konzeption des noch in den Sternen stehenden<br />
Hauses gerungen wurde, postulierten wir: „Das Ordentliche soll hier ebenso zu Hause sein wie das<br />
Außerordentliche, auftreten sollen darin die Spaßmacher und die Ernstmacher, die Spieler und die<br />
Aufklärer – letztere allerdings ohne erigierten Zeigefinger. Denn das <strong>Theater</strong> gehört, wie Brecht<br />
meinte, zu den Genussmitteln. Es kann im Idealfall zum wichtigen geistigen und ästhetischen Ort<br />
einer Polis werden, zum Hort der Phantasie, der niveauvollen Unterhaltung und der spielerischen<br />
Selbstreflexion eines Gemeinwesens.“<br />
Dieser Kampf um ein ernst zu nehmendes <strong>Theater</strong> in <strong>Siegen</strong> scheint nun (abgesehen von der noch<br />
ausstehenden Fertigstellung der Baumaßnahme in Bezug auf Sprechtheaterakustik und Züge)<br />
„gewonnen“. Erfolge aber bergen Gefahren. „Der Sieger geht leer aus“, heißt es bei Hemingway.<br />
Dass der Sieg(en)er – und selbstverständlich auch die Sieg(en)erinnen sowie die gesamte Region –<br />
nicht leer ausgehen, sondern viel inneren Gewinn im Apollo erfahren und nach Hause sowie ins<br />
sonstige Leben mitnehmen<br />
wünschen Ihnen<br />
Magnus Reitschuster<br />
Intendant<br />
Walter Schwerdfeger<br />
Vorstandsvorsitzender<br />
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