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HfG Karlsruhe Jahresbericht Staatliche Hochschule für Gestaltung ...

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MK MA<br />

128 129<br />

Prof. Thomas Heise<br />

Schwerpunkt des Jahres waren Erkundungen im 20. Jahrhundert, Verstrickung, Personen<br />

und Geschichte. Dazu gehörten zum einen die Auseinandersetzung mit Heiner Müllers Text<br />

»Wolokolamsker Chaussee I–IV«, zum andern die Untersuchung von Thomas Harlans Biografie<br />

und Arbeit, seiner lebenslangen Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich und der Bundesrepublik,<br />

mit seinem Vater Veit Harlan, dem Regisseur von »Jud Süß«, und die Spiegelung<br />

der Verstrickungen in Thomas Harlans skandalös-spannendem Film »Wundkanal« von 1983<br />

wie auch in Robert Kramers »Unser Nazi«, der während der Dreharbeiten zu Thomas Harlans<br />

Film entstand. Drittens gehörte dazu die von Studierenden und mir gemeinsam in der <strong>HfG</strong> als<br />

Teil der Schwerpunktausstellung »Übergangsgesellschaft« der Akademie der Künste Berlin-<br />

Brandenburg entwickelte komplexe Rauminstallation, deren Mehrfachprojektion mit Filmund<br />

Tonsequenzen meines Archivs arbeitet. Die sehr erfolgreiche, international beachtete<br />

und im Jubiläumsjahr 1989 eigene Akzente setzende Ausstellung »Übergangsgesellschaft«<br />

war vom 9. Juli bis 11. Oktober in der Akademie der Künste am Pariser Platz in Berlin zu sehen.<br />

Die Verbindung meiner eigenen künstlerischen Arbeit mit studentischer Ausbildung<br />

werde ich in den kommenden Semestern fortsetzen.<br />

Unter der thematischen Vorgabe »Mensch in <strong>Karlsruhe</strong>« entstanden zehn dokumentarische,<br />

erstmals unter Umgehung des üblichen Kopierwerks aufwändig selbst von Hand entwickelte<br />

16mm-Miniaturen in Schwarz-Weiß. Einfühlsame, präzise, stumme Beobachtungsstudien<br />

von Menschen dieser Stadt, zu denen von Studierenden der Musikhochschule <strong>Karlsruhe</strong> unter<br />

Leitung von Damon Thomas Lee Kompositionen entwickelt wurden. Zu Beginn des Sommersemesters<br />

waren sie auf dem Festival Crossing Europe in Linz, in diesem Jahr Kulturhauptstadt<br />

Europas, als Stummfilme mit live gespielter musikalischer Begleitung in einem<br />

eigens dem Bereich MK-Film der <strong>HfG</strong> vorbehaltenen Festivalblock im überfüllten Kino zu sehen.<br />

Im Anschluss daran war dort Serpil Turhans Originaltonfeature <strong>für</strong> den Rundfunk »Herr<br />

Berner und die Wolokolamsker Chaussee« als Uraufführung zu hören, welches während des<br />

Seminars »Arbeit heißt etwas anderes tun, als man gedacht hat« in der Auseinandersetzung<br />

mit Heiner Müller entstanden war; dem schloss sich eine weitere Uraufführung an: Melanie<br />

Jilgs Dokumentarfilm »Von alltäglichen Dingen«, eine Arbeit, die Jilg als Porno <strong>für</strong> Frauen begonnen<br />

hatte, die im Ergebnis aber ein beobachtender, intimer Dokumentarfilm wurde.<br />

In Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Buenos-Aires konnte eine Kooperation mit der<br />

Facultad de Bellas Artes der Universidad National de La Plata verabredet werden und wurde<br />

mit der Dokumentation des Alltags der halbnomadisch in Tinkunaku (Nordargentinien) lebenden<br />

Gemeinschaft der Kollas begonnen. Hierzu trug ein Stipendium des Landes Baden-<br />

Württemberg <strong>für</strong> den Studenten René Frölke bei, der in diesem Film die Tonarbeit übernahm.<br />

Der Film wird globalisierungsbedingte Veränderungen in ihrer Bedeutung <strong>für</strong> das kleine indigene<br />

Gemeinwesen zeigen und entsteht gemeinsam mit den größtenteils als Hirten lebenden<br />

Bewohnern des Dorfes Rio Blanquito. Die Uraufführung ist <strong>für</strong> den Herbst nächsten Jahres<br />

auf dem internationalen Dokumentarfilmfestival in Leipzig vorgesehen, die DVD-Präsentation<br />

auf der Frankfurter Buchmesse 2010, die Argentinien zum Thema hat.<br />

Film / Film<br />

Mit dem Ziel, die studentische Arbeit zu professionalisieren, die Freiheit des Studiums nicht<br />

nur in der Stoffwahl und -entwicklung, sondern auch im konkreten Tun mit der Wirklichkeit<br />

zu verbinden, wurde mein Lehrangebot durch praktische Seminare mit Gästen ergänzt. So<br />

durch Kameraseminare, <strong>für</strong> die die mehrfach an international ausgezeichneten Filmen als erster<br />

Kameramann arbeitenden, im Spiel- und Dokumentarfilm tätigen Peter Badel, Johann<br />

Feindt und Thomas Plenert gewonnen werden konnten; außerdem durch ein Produktionsseminar<br />

zur Umsetzung eines Drehbuchs und der konkreten Arbeit am Spielfilmdrehort mit Petra<br />

Tschörtner, aber auch durch grundlegende Seminare zum Sehen und Hören, wie Bernhard<br />

Sallmanns Blockseminar »Gehen – Wahrnehmen – Filmen« und Gideon Bachmanns »Ton als<br />

Bild«.<br />

Erwähnt werden müssen: Serpil Turhans erfolgreiche Teilnahme am größten deutschen Hörspielwettbewerb,<br />

dem Leipziger Hörspielsommer mit »Jahrgang 76«, ihrem Vordiplom, einem<br />

Originaltonfeature, welches drei Immigranten der zweiten Generation, in Deutschland geborene<br />

türkische Jugendliche, in eindringlichen Selbstaussagen zu Gehör bringt. Und Jens Willms,<br />

der das Archiv der MK-Film von Grund auf erneuert hat und Leerstellen der Ausstellung »100<br />

Jahre Filmland Baden Württemberg« im Regierungspräsidium <strong>Karlsruhe</strong> klug mit Rechercheergebnissen<br />

zu Leni Riefenstahls Kameramann Sepp Allgeier ergänzte.<br />

This year, we concentrated on exploring the 20th century: its entanglement, people, and his-<br />

tory. As part of this, we analyzed Heiner Müller’s text, “Volokolomsk Highway I–IV,” in addi-<br />

tion to Thomas Harlan’s biography and work: his attempt to come to terms with the Third Reich<br />

and the Federal Republic of Germany, and with his father, Veit Harlan – director of “Jew<br />

Süss” – and the reflection of this entanglement in Thomas Harlan’s scandalous and thrilling<br />

MK MA<br />

█ Zweite Beobachtung:<br />

Mensch in <strong>Karlsruhe</strong> /<br />

Second observation:<br />

Human in <strong>Karlsruhe</strong><br />

Baustelle /<br />

Construction site<br />

Kamera / Camera<br />

Iuri Maia Jost

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