Kicker 070-2015
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10 BUNDESLIGA kicker, 24. August <strong>2015</strong><br />
Draxler ist der jüngste Schalker Bundesligadebütant<br />
Fortsetzung von Seite 8<br />
Spieler Geburt Debüt Jahre Tage<br />
Julian Draxler 20.09.1993 15.01.2011 17 117<br />
Max Meyer 18.09.1995 16.02.2013 17 151<br />
Rüdiger Abramczik 18.02.1956 11.08.1973 17 174<br />
Bernd Thiele 24.01.1956 11.08.1973 17 199<br />
Uwe Höfer 21.07.1959 26.02.1977 17 220<br />
Michael Opitz 16.07.1962 26.04.1980 17 285<br />
Mesut Özil 15.10.1988 12.08.2006 17 301<br />
Wolfram Wuttke 17.11.1961 06.10.1979 17 323<br />
Manfred Dubski 19.09.1954 14.10.1972 18 25<br />
Carsten Marquardt 02.06.1967 09.08.1985 18 68<br />
Aufgeführt sind die zehn jüngsten Erstligadebütanten des FC Schalke 04. Olaf Thon<br />
debütierte „erst“ mit 18 Jahren und 115 Tagen in der Bundesliga, dafür ist er aber der<br />
jüngste Schalker Debütant überhaupt: in der 2. Liga – mit 17 Jahren und 96 Tagen.<br />
Bei einem Test im Trainingslager<br />
in Belek (0:3 gegen Trabzonspor)<br />
debütierte Draxler unter Coach Felix<br />
Magath bei den Profis auf dem<br />
Großfeld, nachdem er für Schalke<br />
am Frankfurter Hallenturnier<br />
teilgenommen hatte. „Das erste<br />
Profispiel war aufregend“, gab der<br />
damals 17-Jährige zu, „schon im<br />
Trainingslager dabei zu sein, ist etwas<br />
ganz Besonderes.“ Diese Phase<br />
wurde zu jener Zeit auf Schalke im<br />
Übrigen beherrscht von Wechselspekulationen<br />
um ein anderes Eigengewächs<br />
namens Manuel Neuer,<br />
das sich wenige Monate später dem<br />
FC Bayern anschließen sollte.<br />
Talente aus den eigenen Reihen<br />
hat Schalke noch immer einige,<br />
Draxler ist das prominenteste.<br />
Lange Zeit mochte er sein Talent<br />
am liebsten auf der Zehnerposition<br />
entfalten, unter Roberto di Matteo<br />
entdeckte er aber auch seine Fähigkeiten<br />
für die Außenbahn – vor allem<br />
seine Stärke im Eins-gegen-eins<br />
kommt hier optimal zur Geltung.<br />
Sein neuer Trainer André Breitenreiter<br />
ließ ihn bisher zumeist auf<br />
der linken Seite zum Zuge kommen,<br />
von Erfolg gekrönt war das gleich im<br />
ersten Pflichtspiel der Saison beim<br />
5:0-Sieg im Pokal gegen Duisburg.<br />
Draxlers genialer Pass in den Lauf<br />
von Eric Maxim Choupo-Moting<br />
brachte die frühen 1:0-Führung.<br />
Ohnehin ist Draxler ein immens<br />
wichtiger Bestandteil der neuen<br />
Schalker Superoffensive. Er und<br />
Choupo-Moting sollen auf den<br />
Flügeln wirbeln, in der Spitze plant<br />
der Coach in der Regel mit Franco<br />
di Santo und Klaas Jan Huntelaar.<br />
Vor allem der Niederländer ist froh<br />
über die adäquat besetzten Flügel:<br />
„Die meisten Tore fallen durch Aktionen<br />
innerhalb des Strafraums,<br />
deshalb ist es wichtig, dass wir auch<br />
mithilfe von Flanken und schlauen<br />
Pässen unserer Außenbahnspieler<br />
oft in die gefährlichen Zonen<br />
gelangen.“ Ein Zugang wie der Ex-<br />
Mainzer Johannes Geis, der aus der<br />
Mitte Angriffe initiieren soll, lässt<br />
Schalkes neue Gefährlichkeit nun<br />
vollkommen erscheinen.<br />
Vollkommen ist Draxler noch<br />
nicht – weshalb sich die Geister<br />
scheiden, ob er aktuell die<br />
45,5 Millionen Euro wert ist, die<br />
der FC Schalke 04 nach dem Ende<br />
der Saison erneut verlangen könnte.<br />
Dann nämlich tritt die Ausstiegsklausel<br />
wieder in Kraft – in unveränderter<br />
Höhe, was eher ungewöhnlich<br />
ist, da sie sich eher reduziert, je<br />
näher das Vertragsende rückt. Das<br />
Ringen um Draxler dürfte also im<br />
neuen Jahr abermals zum Zeitspiel<br />
werden.<br />
TONI LIETO<br />
INTERVIEW: Klub-Idol Thon glaubt nicht an einen Transfer Draxlers, erwartet aber mehr von ihm<br />
„Für mich ist klar: Julian bleibt auf Schalke“<br />
Seit dem Frühjahr ist Klub-<br />
Idol Olaf Thon (49) Leiter<br />
der Schalker Traditionself.<br />
Der Weltmeister von 1990<br />
schwärmt von Julian Draxler,<br />
dem Weltmeister von 2014, und<br />
offenbart seine Träume.<br />
Julian Draxler hat sich seit Wochen einen Maulkorb<br />
auferlegt. Ist das nachvollziehbar, Herr Thon?<br />
Das tut einem selbst manchmal sehr gut – und<br />
auch allen anderen. Ich glaube zudem, dass die<br />
Fans das eher positiv als negativ aufnehmen.<br />
Aber, die Erfahrung habe ich selbst bei Bayern<br />
und Schalke gemacht: Man muss dann irgendwann<br />
auch wieder Flagge zeigen. Er wird den<br />
Zeitpunkt bestimmen, nach meinem Gefühl wird<br />
das ab dem 1. September, also nach dem Ablauf<br />
der Transferperiode, der Fall sein.<br />
Sollte Schalke alles dafür tun, um ihn zu halten?<br />
Horst Heldt hat es ja gesagt, dass man unabhängig<br />
von der Transferfrist als Team versuchen<br />
wird, eine Lösung zu finden. Ich finde<br />
diesen Austausch gut und erhoffe mir, dass Julian<br />
Draxler mindestens noch zwei Jahre auf Schalke<br />
bleibt, am liebsten sogar für immer. Die Seele<br />
abzugeben, wie es etwa bei Manuel Neuer der<br />
Fall war, wirft einen Verein immer zurück.<br />
Sie haben es in der kicker-Rangliste des deutschen<br />
Fußballs zweimal in die Kategorie Weltklasse geschafft.<br />
Was fehlt dem Spieler Julian Draxler Ihrer Meinung nach<br />
noch für diese Auszeichnung?<br />
Ich erwarte von ihm, dass er noch mehr Verantwortung<br />
übernimmt, noch besser spielt, den<br />
Turbo häufiger zündet und die Konter erfolgreich<br />
abschließt sowie mehr Tore macht. Er muss noch<br />
mehr Einfluss auf das Spiel ausüben. In ihm<br />
schlummern so viele Möglichkeiten … Die Schalker<br />
sind ganz ordentlich gestartet, bei ihm sehe<br />
ich das Leistungsvermögen trotz guter Auftritte<br />
aber noch lange nicht ausgereizt.<br />
Wie würden Sie handeln, wenn Sie Manager wären und für<br />
ihn ein Angebot jenseits der 30 Millionen Euro bekämen?<br />
Diese Suggestivfrage kann ich so nicht beantworten.<br />
Ich meine aber, dass sich der Preis aus der<br />
Situation heraus ergibt.<br />
Das bedeutet?<br />
Es gibt die Vereinbarung in Höhe von 45 Millionen<br />
Euro, demnach müsste sich der Preis jetzt<br />
zwischen 30 Millionen Euro und ebendieser<br />
Summe bewegen, sonst würde es überhaupt<br />
keinen Sinn ergeben. Für mich persönlich ist<br />
die Sache jedoch erledigt. Julian Draxler wird bei<br />
Schalke bleiben, wir müssen jetzt nur noch die<br />
paar Tage Geduld haben.<br />
Sie sind damals zwischenzeitlich zu Bayern München<br />
gewechselt. War der Tapetenwechsel richtig und wichtig?<br />
Bei mir waren es andere Voraussetzungen,<br />
Schalke konnte mich nicht länger behalten.<br />
Wir sind in der Saison 1987/88 abgestiegen,<br />
zudem stand die EM im eigenen Land vor der<br />
Tür. Ich würde sagen, dass es grundsätzlich bei<br />
der Entwicklung junger Spieler nicht schaden<br />
kann, neue Mannschaften oder auch neue<br />
Sprachen kennenzulernen. Aber ich habe einen<br />
Traum: Ich wünsche mir einen Spieler, der in<br />
der Jugend bei Schalke 04 angefangen hat und<br />
irgendwann einmal mit diesem Klub Titel gewinnt.<br />
Das fände ich sehr schön.<br />
Kann es denn immer nur gut sein, so früh große Erfolge<br />
wie den Weltmeister-Titel zu feiern, oder stecken darin<br />
auch Gefahren?<br />
Schaden kann es nicht. Julian Draxler und ich<br />
waren zum Zeitpunkt unserer WM-Titel fast<br />
im gleichen Alter, und ich denke, je früher die<br />
ersten Einsätze oder Titelgewinne erfolgen,<br />
desto besser. Ich weiß aus eigener Erfahrung,<br />
dass diese ersten Titel die schönsten sind. Der<br />
Nachteil ist, dass man dann noch nicht die Zeit<br />
hat, sie zu genießen. Das folgt später, wenn man<br />
in der Traditionself Fußball spielt. Im Übrigen<br />
habe ich noch einen weiteren Traum.<br />
Wie lautet er?<br />
Dass ein Olaf Thon zusammen mit Julian Draxler<br />
irgendwann einmal in Schalkes Traditionself<br />
Fußball spielt. INTERVIEW: TONI LIETO<br />
Nach oben: Olaf Thon stieg 1984 mit Schalke in<br />
die Bundesliga auf, wurde 1990 Weltmeister.<br />
Fotos: imago