Kicker 070-2015
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kicker, 24. August <strong>2015</strong> 107<br />
Unterbau. Ein Sanitär-Großhändler,<br />
der Nürnberger Hans Maringer, ist<br />
der Haupt-Geldgeber. „Im Endeffekt<br />
war nicht viel mehr drin“, stellt<br />
Riedle fest, „wir waren quasi blutige<br />
Anfänger. Aber wir hatten eine lustige<br />
Truppe.“<br />
Für Riedle selbst ist sein erstes<br />
Profijahr sehr lohnend. Nicht<br />
nur, weil er – aus Weiler im Allgäu<br />
stammend – das damals noch geteilte<br />
Berlin „als ein echtes Erlebnis“<br />
empfindet. Obwohl das Talent<br />
mit Trainer Hoss gelegentlich über<br />
Kreuz liegt, weil der Riedle langsam<br />
aufbauen will, bestreitet er alle<br />
34 Begegnungen, erzielt zehn Tore<br />
und gerät in den Fokus von Werder<br />
Bremen. „Blau-Weiß war ein Super-<br />
Sprungbrett für mich“, sagt Riedle.<br />
Allerdings rechnet er nicht ansatzweise<br />
damit, eine große Karriere<br />
zu machen. „Ich hatte keine Erwartungen“,<br />
betont Riedle, „für mich<br />
war es ein Riesenereignis, dass<br />
ich Bundesliga spielen durfte. Ein<br />
Kindheits-Traum.“ Nach dem Abstieg<br />
von Blau-Weiß 90 geht Riedle<br />
nach Bremen, erzielt in seiner ersten<br />
Saison 18 Tore und reift zum<br />
Klassemann. „Bei Werder habe ich<br />
die meisten Schritte gemacht“, bekennt<br />
er, „Otto Rehhagel hat mit mir<br />
ständig an meiner Kopfballstärke,<br />
meiner Technik und meiner Ausdauer<br />
gefeilt.“ So wurde Riedle ein<br />
internationaler Topstürmer.<br />
Drei deutsche Meisterschaften<br />
(1988 mit Bremen und 1995 sowie<br />
1996 mit Borussia Dortmund), der<br />
Vor 29 Jahren<br />
Die Hand am großen Henkelpott:<br />
Riedle und die anderen<br />
BVB-Helden im Mai 1997<br />
WM-Titel 1990 und der Gewinn der<br />
Champions League 1997 mit dem<br />
BVB werden mit seinem Namen<br />
verbunden. Vor allem das Champions-League-Finale<br />
1997, als Riedle<br />
maßgeblich daran beteiligt ist, dass<br />
Dortmund den haushohen Favoriten<br />
Juventus Turin 3:1 bezwingt:<br />
mit zwei Toren, eins mit dem Fuß<br />
und eins mit dem Kopf. Wie am<br />
23. August 1986 im Trikot von Blau-<br />
Weiß 90 Berlin gegen Gladbach.<br />
ANDREAS HUNZINGER<br />
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WERNER SCHNEYDER erhielt 2010<br />
in Salzburg den „Ehrenstier“ für sein<br />
Lebenswerk. Der Schriftsteller und Kabarettist<br />
aus Österreich moderierte<br />
viele Jahre lang im ZDF das Aktuelle<br />
Sportstudio und lebt mittlerweile in<br />
Wien und Kärnten.<br />
Wenn der FC Bayern seine<br />
„starting eleven“ gegen<br />
eine zweite „Elf“ stellte (im<br />
historischen Fußball nannte man<br />
das „die Reserve“), ist keineswegs<br />
sicher, welches der Teams<br />
gewinnt. Und jede dieser beiden<br />
Mannschaften hätte auf der Bank<br />
noch sehr gute Austauschspieler<br />
sitzen. Diese zweite Garnitur, die<br />
eben keine zweite ist, genießt aber<br />
ein schönes Leben. Sie muss nur<br />
während der Woche mittrainieren<br />
und hat zum Wochenende frei<br />
beziehungsweise exklusive Gratissitzplätze<br />
in den Stadien. Und<br />
das bei vollen und, wie man weiß,<br />
opulenten Bezügen. Dennoch gilt<br />
die Situation als unbefriedigend,<br />
sowohl für die Spieler als auch für<br />
das Publikum. Denn die Spieler,<br />
die nicht drankommen, wollen ja<br />
gesehen werden – „rampengeil“<br />
nennen Bühnenleute diese Charaktereigenschaft.<br />
Das Publikum wiederum<br />
bedauert,<br />
um den Anblick der<br />
Nichtauserwählten<br />
betrogen zu werden.<br />
Wie wäre da<br />
denn Abhilfe zu<br />
schaffen?<br />
Es lohnt sich,<br />
über den Rasenrand<br />
zu blicken und<br />
andere Sportarten zu betrachten,<br />
etwa den Autorennsport und dessen<br />
Formel 1. Da fahren die finanziell<br />
bestgestellten Teams jeweils<br />
mit zwei Wagen und zeigen mit<br />
beiden den armseligen Hinterherfahrenden<br />
das nackte Heck.<br />
Die Rennen erhalten eine zusätzliche<br />
Spannung durch die Fragen:<br />
Gibt es eine Stallorder? Sichert<br />
der zweite Pilot dem ersten den<br />
Titel? Oder triumphiert dessen<br />
Ehrgeiz über das Markeninteresse?<br />
So also, meine ich, wäre auch<br />
für „die beste Liga der Welt“ zu<br />
erwägen, den FC Bayern mit zwei<br />
Mannschaften teilnehmen zu<br />
lassen. Die hätten einen gemeinsamen<br />
berühmten Cheftrainer,<br />
der die jeweils besser platzierte<br />
Mannschaft an der Linie betreut<br />
und die andere seinem Assistenten<br />
überlässt. Würden weitere Finanzgiganten<br />
so eine Verdoppelung ebenfalls<br />
andenken, könnten die Bayern<br />
ja auch ihre Dritte …<br />
Genug des Unernstes, der aber,<br />
wie Sie hoffentlich bemerkt haben,<br />
einen ersten Kern hat. Es tut keinem<br />
Die Formel 1 als Vorbild<br />
Bayern spielt<br />
mit zwei Teams<br />
Sport gut, wenn Könner zusehen<br />
müssen, die bei der nicht so kaufkräftigen<br />
Konkurrenz unangefochtene<br />
Stars wären.<br />
Wie wäre das zu lösen? Ganz einfach.<br />
Durch ein Limit. Der Verband<br />
verpflichtet die Klubs vor Beginn<br />
der Saison – sagen wir – achtzehn<br />
Feldspieler und drei Torleute anzumelden.<br />
Die sind spielberechtigt.<br />
Im Falle einer Dauerverletzung<br />
kann ein Spieler abgemeldet und<br />
durch eine Neuverpflichtung ersetzt<br />
werden. So würde die Fußballmarktwirtschaft<br />
sozialer. So müsste<br />
zum Beispiel nicht der Mann, der<br />
Deutschland durch einen kleinen<br />
Geniestreich zum Weltmeister<br />
schoss, hoffen, dass er sich bei seinem<br />
Klub „durchsetzt“. Das ist nämlich<br />
irgendwie blödsinnig.