Kicker 070-2015

kicker, 24. August 2015 RALLYE 85
Der ersehnte Heimsieg
MOTORSPORT
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WM-Spitzenreiter
SÉBASTIEN OGIER (31)
beschert VW den
ersten Triumph bei
der prestigeträchtigen
Deutschland-Rallye.
Zweimal ging das Unternehmen
„Heimsieg“ gründlich in
die Hose. Im dritten Anlauf
konnte Volkswagen bei der Rallye
Deutschland endlich die Champagnerkorken
knallen lassen.
Und zwar gleich aus dreifachem
Grund. Weltmeister Sébastien
Ogier (Frankreich) gewann vor
den Teamkollegen Jari-Matti
Latvala (Finnland) und Andreas
Mikkelsen (Norwegen) – der dritte
Dreifachsieg für Volkswagen in
der laufenden Saison.
„Damit haben wir das Versprechen
eingelöst, das wir bei der
Jahresfeier im letzten Dezember
dem gesamten Unternehmen gemacht
haben“, sagte Ogier nach
21 Wertungsprüfungen über
zusammen 374 Kilometer. Von
den 35 Rallyes, die der deutsche
Hersteller seit dem WM-Einstieg
Anfang 2013 bestritten hat, ging
30-mal der Siegerpokal nach
Wolfsburg – eine beeindruckende
Sammlung. In der bisher einzig
die Trophäe von der Rallye
Deutschland fehlte. Diese Lücke
ist nun gefüllt.
Bereits 2013 und 2014 dominierten
Ogier und Latvala
die Rallye Deutschland, waren
nach teilweise heftigen Unfällen
in Führung liegend aber jeweils
ausgeschieden. Dieses Mal verkniffen
sie sich jegliche Patzer.
Trotzdem fuhren sie wiederum
in einer eigenen Liga. Zusammen
gewannen sie 20 der insgesamt
21 Wertungsprüfungen. Schnell
hatte sogar Mikkelsen im dritten
Polo R WRC einen Respektabstand
zu den zeitweise nur durch
0,1 Sekunden getrennten Teamkollegen.
„Asphalt ist immer noch nicht
mein bevorzugter Untergrund“,
sagte Latvala, der die zurückliegende
Schotter-Rallye Finnland
gewonnen hatte. „Mit der Niederlage
gegen Sébastien kann ich
deswegen gut leben.“ Tatsächlich
spielte Ogier eiskalt sein Gespür
für Asphalt aus. Zum gro-
Foto: Volkswagen
Dreifacherfolg: Die VW-Piloten Andreas Mikkelsen (Dritter), Sieger Sébastien Ogier und Jari-Matti Latvala.
ßen Schlag holte er auf der mit
45 Kilometer längsten Wertungsprüfung
aus, der wegen ihrer
harten Betonpisten gefürchteten
WP „Panzerplatte“ auf dem
Truppenübungsplatz Baumholder.
Volle 22,1 Sekunden nahm
er Latvala, immerhin beide Male
Zweitschnellster, auf den beiden
Durchgängen ab.
Ogier kam besser als jeder
Gegner mit der neuen Generation
der Michelin-Asphaltreifen
zurecht, die von allen Werksteams
bei der Rallye Deutschland
zum ersten Mal eingesetzt
wurden. „Dieser Slick verlangt
Die Deutschland-Rallye in Zahlen
nach einem sehr präzisen Fahrstil,
fast wie auf der Rennstrecke“,
beschrieb der Weltmeister, der
als „Reifen-Flüsterer“ bekannt ist.
Latvalas gelegentlich ungestümer,
von Schotter-Rallyes
geprägter Fahrstil passt offensichtlich
nicht so gut zu diesen
Eigenschaften. Nach der Doppel-
Ohrfeige von Baumholder warf er
das Handtuch und beschränkte
sich darauf, den lang ersehnten
Sieg beim VW-Heimspiel nicht
zu gefährden.
Die markenfremde Konkurrenz
lag da schon über zwei Minuten
zurück. Am Ende belegten
9. von 13 WM-Läufen, Endstand (21 Wertungsprüfungen/374,43 km/1397 Gesamtkilometer)
1. Sébastien Ogier/Julien Ingrassia (FRA) Polo R 3:35:49,5 Std.
2. Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila (FIN) Polo R + 23,0 Sek.
3. Andreas Mikkelsen/Ola Flöne (NOR) Polo R + 1:56,6 Min.
4. Dani Sordo/Marc Marti (ESP) Hyundai i20 + 2:09,3 Min.
5. Thierry Neuville/Nicolas Gilsoul (BEL) Hyundai i20 + 2:33,8 Min.
WM-Stand: 1. Ogier 207 Pkt., 2. Latvala 114, 3. Mikkelsen 98, 4. Mads Östberg (NOR) Citroën 90
Marken-Wertung: 1. VW 300 Punkte, 2. Hyundai 161, 3. Citroën 148
Nächstes Rennen: Australien-Rallye vom 10. bis 13. September
die beiden Hyundai-Werkspiloten
Dani Sordo (Spanien) und
Thierry Neuville (Belgien) die
Ränge vier und fünf. Der koreanische
Hersteller verdrängte damit
Citroën vom zweiten Tabellenrang
in der Markenwertung.
Für Ex-Formel-1-Fahrer Robert
Kubica platzte der Traum
von einem Spitzenergebnis
schon vor dem Start. Weil der
Motor seines Ford nach dem
freien Training (Shakedown)
gewechselt wurde, erhielt der
Pole vorab eine Fünf-Minuten-
Zeitstrafe. Während der Rallye
landete er zweimal neben der
Strecke. Am Freitag kostete der
Ausrutscher nur die Windschutzscheibe.
Am Samstag waren
nach einem Kontakt mit einem
Stein größere Reparaturarbeiten
nötig.
Durch seinen sechsten Saisonsieg
ist Ogier der dritte Titel in Folge
kaum noch zu nehmen. Bereits
93 Punkte beträgt sein Vorsprung
vor Latvala. Auch Volkswagen
steht als Weltmeister in der Herstellerwertung
bereits so gut wie
fest. CHRISTIAN SCHÖN