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Kicker 070-2015

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50 BUNDESLIGA kicker, 24. August <strong>2015</strong><br />

Das Bremer Innenministerium<br />

hat der DFL 425 718,11 Euro<br />

für den Polizeieinsatz beim<br />

Nordderby zwischen Werder<br />

und dem Hamburger SV (19.4.)<br />

in Rechnung gestellt. Für Peter<br />

Beuth, den hessischen Minister<br />

des Inneren und für Sport, ist<br />

dies nicht nachvollziehbar. Über<br />

die Rechnung, Fan-Dialoge und<br />

Zahlen der Zentralen Informationsstelle<br />

Sport (ZIS) sprach der<br />

CDU-Politiker mit dem kicker.<br />

Herr Beuth, Ihr Kollege aus Nordrhein-<br />

Westfalen, Ralf Jäger, sagte angesichts<br />

von fast zwei Millionen Einsatzstunden<br />

von Polizisten im Profifußball<br />

2013/14: „Das kann man dem Bürger<br />

nicht mehr erklären.“ Haben Sie<br />

insofern Verständnis für die Rechnung<br />

des Kollegen aus Bremen an die DFL?<br />

Die Aussage des Kollegen möchte<br />

ich nicht kommentieren. Es<br />

gehört schon immer zur polizeilichen<br />

Einsatzplanung, den Kräfteeinsatz<br />

so gering wie möglich<br />

zu halten und dennoch die Sicherheit<br />

zu gewährleisten. Wenn<br />

ein Verein oder die DFL dafür<br />

eine Rechnung bekommt, dann<br />

würden viele andere Veranstaltungen<br />

unter dem Gesichtspunkt<br />

der Gleichbehandlung nicht<br />

„Ja, ich schließe solch eine<br />

Rechnung für Hessen aus.“<br />

mehr stattfinden in Deutschland.<br />

Beim Eröffnungsspiel der<br />

Regionalliga Südwest zwischen<br />

Hessen Kassel und den Offenbacher<br />

<strong>Kicker</strong>s mussten 363 Beamte<br />

vor Ort sein.<br />

Wenn die Klubs das …?<br />

… hätten bezahlen müssen,<br />

hätte dieses Spiel nicht stattgefunden.<br />

Dies gilt übrigens nicht<br />

nur für den Fußball. Es würde<br />

in Deutschland kein Marathon,<br />

Triathlon oder Stadtlauf, kein<br />

Nachwuchs-Radrennen und<br />

auch kein größeres Volksfest<br />

mehr stattfinden, wenn die Veranstalter<br />

die Polizeieinsätze bezahlen<br />

müssten.<br />

Schließen Sie eine solche Rechnung<br />

für Hessen kategorisch aus?<br />

Ja. Und ich bin damit in einer<br />

guten Umgebung von mindestens<br />

14 anderen Sport- bzw.<br />

Innenministern. Wir werden sehen,<br />

wie die juristischen Wege in Bremen<br />

nun weitergehen werden.<br />

Haben Sie der Bereitschaftspolizei in<br />

Hessen schon eine Urlaubssperre erteilt<br />

für das erste Dezember-Wochenende,<br />

wenn die Eintracht Darmstadt empfängt?<br />

Nein. Wir werden vorbereitet sein,<br />

für alles andere wäre es zu früh. Wir<br />

„ Dann gibt es keine<br />

Volksfeste mehr“<br />

stehen dafür ein, dass die Sicherheit<br />

gewährleistet ist, und die Fans ein<br />

freudiges Fußballerlebnis haben<br />

werden.<br />

Die Lilien und die Eintracht spielen nicht<br />

parallel zu Hause. Warum?<br />

Wir dürfen uns bei mehreren Veranstaltungen<br />

nicht überfordern,<br />

deshalb müssen wir auf so etwas bei<br />

Peter Beuth<br />

Die DFL soll für einen<br />

Polizeieinsatz 425 718,11 Euro<br />

an das Land Bremen zahlen.<br />

Hessens Sportminister<br />

PETER BEUTH (47) kann seinen<br />

Kollegen nicht verstehen.<br />

Klare Worte: Peter Beuth (rechts), der hessische Minister des Inneren und für<br />

Sport, im Interview mit kicker-Redakteur Benni Hofmann (Zweiter von links).<br />

der Ansetzung von Spielen achten.<br />

Ich finde, dass DFL und Klubs die<br />

Sicherheitsinteressen auch voll im<br />

Fokus haben müssen.<br />

Was können die Vereine tun, um die Polizeipräsenz<br />

herunterzuschrauben?<br />

Sie haben baulich – in Sachen Fantrennung<br />

– schon viel getan. Die<br />

Klubs haben das Hausrecht. Wenn<br />

Fotos: Huebner/Ulrich<br />

„Die ZIS-Zahlen müssen<br />

klug interpretiert werden.“<br />

alles stimmt, kann die Polizeipräsenz<br />

zurückgefahren werden.<br />

Auch die Fans können ihren Beitrag<br />

leisten. Für Gewalt in Stadien<br />

darf es keinen Raum geben.<br />

Ihr Haus lud jüngst zum Fan-Dialog.<br />

Wie fällt Ihr Fazit aus?<br />

Wir haben den Dialog auch mit<br />

Absicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit<br />

veranstaltet, weil wir<br />

ein freies und offenes Gespräch<br />

wollten unter Fans, Behördenvertretern<br />

und Vereinen. Natürlich<br />

gibt es unterschiedliche<br />

Standpunkte durch Sicherheitsinteressen,<br />

wirtschaftliche Interessen<br />

und die Interessen der<br />

Fans, die ihre Fußball-Fankultur<br />

ausleben wollen. Das kann sich<br />

an der einen oder anderen Stelle<br />

beißen. Ich ziehe nach dem sehr<br />

konstruktiven Dialog dennoch<br />

ein positives Fazit.<br />

Baut man nicht gerade bei sogenannten<br />

Risikospielen mit enorm viel Polizeipräsenz<br />

eher Mauern auf? Wäre<br />

weniger nicht deeskalierend?<br />

Die hessische Polizei sucht wie<br />

auch die der anderen Länder<br />

keine Auseinandersetzung,<br />

aber sie muss die Sicherheit gewährleisten,<br />

wenn 50 000 Menschen<br />

in ein Stadion gehen. Die<br />

hessische Polizei verfolgt eine<br />

hochkommunikative Strategie,<br />

sei es über szenekundige Beamte<br />

oder durch den Dialog direkt am<br />

Spieltag. Dennoch ist es auch<br />

wichtig zu demonstrieren, dass<br />

man in der Lage ist, die Situation<br />

im Griff zu behalten.<br />

Die ZIS-Zahlen aus der Saison<br />

2013/14 belegen einen angeblichen<br />

Gewaltanstieg in und um Stadien,<br />

doch sowohl Fans als auch Polizeiwissenschaftler<br />

wie Thomas Feltes sagen,<br />

dass Zahlen falsch interpretiert oder<br />

durch Einkesselung und Generalverdacht<br />

hochgepusht würden.<br />

Welches Interesse sollte die Polizei<br />

daran haben? Zahlen zu erheben<br />

ist richtig, denn wir müssen<br />

auch bei Fußballeinsätzen<br />

am Ende Bilanz ziehen können.<br />

Wir sind allerdings immer gut<br />

beraten, diese Zahlen auch klug<br />

zu interpretieren.<br />

Angesichts einer Verletztenquote von 0,07<br />

Prozent der Stadionbesucher aus dem<br />

ZIS-Bericht 2013/14, lässt sich sagen:<br />

Die deutschen Stadien sind sicher, oder?<br />

Das würde ich auch so einschätzen.<br />

Diese Quote weiter zu senken ist<br />

Aufgabe der Fans, der Vereine und<br />

der Behörden. INTERVIEW:<br />

BENNI HOFMANN

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