28.09.2016 Aufrufe

antriebstechnik 10/2016

antriebstechnik 10/2016

antriebstechnik 10/2016

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Darstellung der Resultate besser. Es ist erstaunlich, wie gross der<br />

Einfluss der Korrekturen auf einige Versagensarten wie Micropitting<br />

(die Sicherheit reicht von 3,1 bis 1,2), auf PPTE oder auf den<br />

Wirkungsgrad (die Verluste reichen von 0,62 % bis 1,12 %) ausfallen<br />

kann.<br />

Berücksichtigung der Trägersteifigkeit<br />

Die geschickte Kombination einer FEM-Anwendung (Getriebegehäuse)<br />

mit einer Software für die Zahnradauslegung ist heute der<br />

effizienteste Ansatz. In Kisssys ist es möglich, eine Steifigkeitsmatrix<br />

aus einer handelsüblichen FEM-Anwendung zu importieren. Die<br />

Auswirkung der Gehäuseverformung durch die Lagerkräfte wird<br />

damit auf Lager- und Wellenverformung übertragen und beeinflusst<br />

dadurch die Lastverteilung im Zahnradeingriff.<br />

Die beschriebene Mikrogeometrie-Optimierung kann für Stirnoder<br />

Kegelradpaare angewendet werden – bei Bedarf in Kombination<br />

mit der Gehäuseverformung. Bei Planetenstufen erfolgt die Optimierung<br />

für sämtliche Eingriffe im System inklusive der Verformungen<br />

des Planetenträgers aus einer integrierten FEM-Berechnung.<br />

Anwendung auf ein 2-stufiges Industriegetriebe<br />

Bei einem typischen 2-stufigen Industriegetriebe mit parallelen<br />

Wellen werden die Korrekturen mit dem 3-Schritt-Verfahren<br />

bestimmt. Das Verfahren wird zweimal wiederholt, und zwar mit<br />

und ohne Berücksichtigung der Gehäusesteifigkeit, um zu sehen,<br />

wie gross der Gehäuseeinfluss ist. Um den Effekt der Gehäuseverformung<br />

zu verstärken, wird ein Gehäuse aus Aluminium mit relativ<br />

dünnen Wänden verwendet und die Antriebswelle einer hohen<br />

Radialkraft ausgesetzt.<br />

Zunächst werden die Lastverteilungen auf die beiden Zahnradpaare<br />

ohne Korrekturen berechnet. Die Breitenlastfaktoren werden<br />

nach Anhang E in ISO 6336-1 unter Verwendung der Wellenverformungen<br />

aus der Wellenberechnung (Tabelle) bestimmt.<br />

Das Gehäuse ist 1 400 mm lang, 400 mm breit und 750 mm hoch.<br />

Die Wandstärke beträgt moderate 20 mm. Die elastische Verschiebung<br />

in den Lagerstellen beträgt etwa 0,2 mm; da die Verschiebungen<br />

in den Lagern derselben Seite bei jeder Welle jedoch ähnlich sind,<br />

ändert sich das Klaffen im Zahneingriff nur minimal. Wie in der<br />

Tabelle ersichtlich ist, ändert sich der unter Berücksichtigung der<br />

Wellenverformung und Gehäuseverformung berechnete Breitenlastfaktor<br />

K Hβ<br />

nur leicht im Vergleich zum selben Faktor ohne<br />

Berücksichtigung der Gehäuseverformung. Dies weist darauf hin,<br />

dass die Gehäusesteifigkeit einen geringen Einfluss hat.<br />

Im Kisssys-Modell wird die Gehäusesteifigkeit mithilfe einer aus<br />

FEM-Software importierten Steifigkeitsmatrix berücksichtigt. Die<br />

resultierenden Gehäuseverformungen an den Lagerpositionen<br />

sind in einer Resultate-Tabelle dargestellt. Die Verformungen sind<br />

den Lagern (typischerweise dem Wälzlager-Aussenring) in der<br />

Wellenberechnung zugeordnet und in der Zahnrad-Kontaktanalyse<br />

berücksichtigt.<br />

Eine Dokumentation und Erörterung aller Schritte dieses Beispiels<br />

wäre an dieser Stelle zu umfangreich. Sämtliche Details zu diesem<br />

Beispiel stehen auf Anfrage zur Verfügung. Die wichtigsten gewonnenen<br />

Resultate in diesem Kontext sind zusammengefasst:<br />

n Die vom Designingenieur für die Berechnung der optimalen<br />

Korrekturen für beide Stufen benötigte Zeit betrug 15 Minuten.<br />

n Die optimalen Flankenlinienkorrekturen gemäss Definition in<br />

Schritt 1 verändern sich bei Berücksichtigung der Gehäusesteifigkeit<br />

nur geringfügig (der Wert der Schrägungswinkelkorrektur<br />

ändert nur um <strong>10</strong> %).<br />

n Die zusätzlichen Korrekturen in Schritt 2 und die Profilkorrekturen<br />

in Schritt 3 sind sowohl mit als auch ohne Berücksichtigung der<br />

Gehäusesteifigkeit identisch.<br />

n Die in Schritt 2 hinzugefügte Breitenballigkeit zum Ausgleich von<br />

Fertigungstoleranzen ist wesentlich (fünfmal) größer als die Differenz<br />

zwischen den Korrekturen von Schritt 1 zum Ausgleich der<br />

Verformungen im Zahneingriff mit und ohne Berücksichtigung<br />

der Gehäusesteifigkeit. Aus diesem Grund ist der Einfluss der<br />

Gehäusesteifigkeit für praxisorientierte Lösungen häufig so klein,<br />

dass er vernachlässigt werden kann.<br />

Die Schlussfolgerung, dass die Gehäusesteifigkeit in den meisten<br />

Getriebeanwendungen einen vernachlässigbaren Einfluss auf die<br />

Lastverteilung beim Zahneingriff hat, mag überraschen, wenn wir<br />

bedenken, dass die Verschiebung des Gehäuses in den Lagerstellen<br />

recht gross ist (etwa 0,2 mm im beschriebenen Beispiel – bei hoher<br />

äusserer Belastung von Antriebswelle und Aluminiumgehäuse). Bei<br />

einem vernünftig konstruierten Gehäuse sind die Durchbiegungen<br />

in den Lagerstellen jedoch in der Regel symmetrisch, ausserdem<br />

ändert sich die Neigung aller Wellen ähnlich, sodass das Klaffen<br />

beim Zahneingriff und die Lastverteilung praktisch unverändert<br />

bleiben. Um zu prüfen, inwieweit diese Feststellung auch bei Kegelstirnrad-,<br />

Fahrzeug- oder Planetengetrieben zutrifft, wird zurzeit<br />

eine Studie mit mehreren realen Getrieben durchgeführt.<br />

Fazit<br />

Die Optimierung von Flankenlinien- und Profilkorrekturen in einer<br />

Getriebestufe ist keine leichte Aufgabe. Das 3-Schritt-Verfahren hat<br />

sich dabei seit seiner Einführung vor zwei Jahren als äusserst erfolgreich<br />

erwiesen. Die Auslegung der Korrekturen für ein industrielles<br />

Getriebe zeigt, dass die Gehäuseverformungen bei einem Getriebe<br />

mit parallel zueinander angeordneten Wellen auch unter Berücksichtigung<br />

von aussen einwirkenden, grossen Kräften einen vernachlässigbaren<br />

Einfluss auf die resultierende Lastverteilung im<br />

Zahneingriff haben.<br />

Dieses Verfahren kann auch in Anwendungsbereichen wie Windrädern,<br />

Schiffsantrieben oder Helikoptern genutzt werden, bei<br />

welchen die Definition der Korrekturen aufgrund des extremen<br />

Lastkollektivs und wegen starken Gehäuseverformungen eine<br />

Herausforderung darstellt.<br />

Literaturverzeichnis:<br />

08 2-stufiges Industriegetriebe;<br />

die Gehäusesteifigkeit ist<br />

in der Auslegung der<br />

Korrekturen enthalten<br />

09 Eine mit FEM erstellte Steifigkeitsmatrix ist in einem<br />

Kisssys-Modell enthalten<br />

[1] Niemann, „Maschinenelemente“, Band II, Springer Verlag, 1985.<br />

[2] Kissling, U.; Application and Improvement of Face Load Factor Determination<br />

based on AGMA 927, AGMA Fall Technical Meeting 2013.<br />

[3] ISO 6336, Teil 1, „Calculation of load capacity of spur and helical gears“, ISO<br />

Genf, 2006.<br />

[4] Bae, I; Kissling, U.; An Advanced Design Concept of Incorporating Transmission<br />

Error Calculation into a Gear Pair Optimization Procedure; Internationale<br />

VDI-Konferenz, München, 20<strong>10</strong>.<br />

[5] Mahr, B.; Kontaktanalyse; Antriebstechnik 12/2011, 2011.<br />

[6] KISSsoft/KISSsys; Calculation software for machine design, http://www.<br />

KISSsoft.AG.<br />

[7] ISO 1328-1, Cylindrical gears – ISO system of flank tolerance classification,<br />

Genf, 2013.<br />

<strong>antriebstechnik</strong> <strong>10</strong>/<strong>2016</strong> 73

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!