MMM_Dokumentation_02_017
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55. <strong>MMM</strong>-KONGRESS<br />
Marktwirtschaft in Kombination mit dem sozialen<br />
Sicherungssystem für eine soziale Gesellschaft sorge.<br />
„Das ist eine Illusion“, führte Fratzscher aus, denn<br />
auch in Deutschland sinke die Chancengleichheit<br />
nachweislich.<br />
Chancengleichheit für alle, am Wettbewerb<br />
des Marktes teilzunehmen<br />
Das Kernproblem liege im Zerfall der sozialen Marktwirtschaft.<br />
Immer weniger Menschen in Deutschland<br />
könnten mit der eigenen Hände Arbeit für sich sorgen.<br />
Es gehe nicht um Umverteilung, sondern um Freiheit<br />
und Eigenverantwortung. Jeder Mensch müsse eine<br />
faire Chance haben, am Wettbewerb des Marktes<br />
teilzunehmen. „In Deutschland sehen wir, dass diese<br />
Chancengleichheit – und das ist für mich der Kern –<br />
in den letzten Jahrzehnten abgenommen hat“, führte<br />
Fratzscher aus.<br />
Einer der Gründe dafür, dass die soziale Marktwirtschaft<br />
nicht mehr greife, sei der Rückgang der sozialen<br />
Mobilität. Eine Person mit hohem Einkommen habe<br />
gute Chancen, in der Gruppe der Gutverdiener zu verbleiben.<br />
Und Menschen, die arm sind, würden mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit arm bleiben. Diese Entwicklung sei<br />
über Generationen hinweg sichtbar.<br />
Ein weitere Schlüsselrolle habe Bildung; die Aufwärtsmobilität<br />
in der Bildung sei frappierend gering. Heißt:<br />
Zu wenige junge Menschen hätten einen höheren Bildungsabschluss<br />
als ihre Eltern. Zudem studierten in<br />
Deutschland im internationalen Vergleich immer noch<br />
relativ betrachtet wenige. Vor diesem Hintergrund sei<br />
es schwierig, unabhängig von der sozialen Herkunft<br />
Chancen zu erarbeiten und aufzusteigen.<br />
Technologischer Wandel und gebrochener<br />
Gesellschaftsvertrag<br />
Die Ungleichverteilung von Chancen und Einkommen in<br />
der Wirtschaft seien ein weiteres, drittes Schlüsselthema<br />
im Problemfeld Chancengleichheit. Der Unterschied<br />
in Stundenlöhnen zwischen Männern und Frauen liege<br />
in Deutschland bei knapp 22 Prozent. Dies sei vor allem<br />
auch deshalb bemerkenswert, weil die Frauen insgesamt<br />
bessere Bildungsabschlüsse hätten. Hier entstehe<br />
auf dem Arbeitsmarkt eine riesige Lücke.<br />
„Der technologische<br />
Wandel wird viele<br />
Jobs einfach<br />
überflüssig machen,<br />
ersetzen.“<br />
Und die ganze Thematik mangelnder Chancengerechtigkeit<br />
werde sich durch die Digitalisierung noch verschärfen.<br />
80 Prozent der Arbeitnehmer ohne Abitur<br />
in Deutschland müssten über die nächsten zwanzig<br />
bis dreißig Jahre um ihren Job fürchten. „Der technologische<br />
Wandel wird viele Jobs einfach überflüssig<br />
machen, ersetzen. Dieser Wandel wird sich nicht nur<br />
fortsetzen, sondern er wird sich auch beschleunigen“,<br />
so die Prognose Fratzschers.<br />
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