MMM_Dokumentation_02_017
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55. <strong>MMM</strong>-KONGRESS<br />
dm ist bei <strong>MMM</strong>-<br />
Kongressen traditionell<br />
gut vertreten: hier<br />
Martin Engelmann, Vorsitzender<br />
der Geschäftsführung<br />
dm Österreich<br />
(l.), und Markus Trojansky,<br />
Geschäftsführer Expansion<br />
bei dm Deutschland.<br />
„Niccolò Machiavelli, dessen Meisterwerk ‚Der Fürst’<br />
im Jahre 1513 erschien, zögerte nicht, seine Argumente<br />
zur gegenwärtigen Politik im anbrechenden<br />
16. Jahrhundert mit Anekdoten und Beispielen aus<br />
der griechischen und römischen Antike zu illustrieren“,<br />
führte Clark aus.<br />
Einfache Parallelen gibt es nicht<br />
Heute betrachteten wir das anders: „Die Vergangenheit<br />
erscheint uns nicht mehr als eine Kontinuität,<br />
sondern als gebrochen, aufgeteilt in Epochen. Wir<br />
sprechen über das Mittelalter, die Renaissance, frühe<br />
Neuzeit. Es ist ja sogar ein Wesensmerkmal der Moderne,<br />
dass wir Geschichte als einen Prozess eines<br />
alles umfassenden Wandels betrachten“, erklärte<br />
Clark. Indem wir in diesem Sinne modern geworden<br />
seien, hätten wir uns der Vergangenheit entfremdet<br />
und die Fähigkeit der Geschichte, Lehrmeisterin zu<br />
sein, grundsätzlich infrage gestellt. Ein Kollege in<br />
Cambridge habe gesagt, wäre die Geschichte wirklich<br />
so lehrreich, dann würden die Historiker wegen ihrer<br />
prophetischen Weisheit in jeder Gesellschaft gefeierte<br />
Menschen sein. „Was natürlich nicht unbedingt der<br />
Fall ist. Leider“, so Clark mit einem Augenzwinkern.<br />
Die begründete Skepsis der Historiker schrecke Politiker<br />
allerdings nicht davon ab, ihre eigenen historischen<br />
Analogien zu ziehen. In der englischen Brexit-Kampagne<br />
des Jahres 2016 hätten historische Vergleiche eine<br />
zentrale Rolle gespielt. Manchmal habe man mit „halbversunkenen<br />
Erinnerungen“ aus dem Zweiten Weltkrieg<br />
gearbeitet, wie z. B. „The German iron fist“: Die eiserne<br />
Faust Deutschlands zerschmettert Europa.<br />
Es habe auch explizite Analogien gegeben. So hätten<br />
Brexit-Befürworter Großbritanniens Sieg über<br />
Napoleon 1815 zum Beweis genommen, dass das Land<br />
auch heute allein und ohne EU erfolgreich sein könne.<br />
Tatsächlich habe Großbritannien Napoleon aber nicht<br />
alleine bekämpft. In der Schlacht bei Waterloo zum<br />
Beispiel seien neben den britischen Truppen Zehntausende<br />
Männer aus der deutschen Legion des britischen<br />
Königs aufmarschiert.<br />
„Der vergleichende<br />
Blick in die<br />
Vergangenheit scheint<br />
für Politiker unwiderstehlich<br />
zu sein.“<br />
Besonders „perfide“ sei die von Boris Johnson wiederholt<br />
gemachte Gleichsetzung der EU mit dem Großraum<br />
Europa Adolf Hitlers gewesen. Hier sei es allerdings<br />
nicht um einen authentischen historischen Vergleich<br />
gegangen, „sondern um die mutwillige Aktualisierung<br />
emotionsgeladener Bilder aus der Vergangenheit für<br />
die Zwecke einer verantwortungslosen Verleumdungspropaganda“.<br />
Johnson wisse dies auch. Er habe vor<br />
Kurzem die Abgeordneten des britischen Unterhauses<br />
sogar davor gewarnt, den amerikanischen Präsidenten<br />
Donald Trump mit Hitler gleichzusetzen. Wer diesen<br />
Vergleich ziehe, würde die ungeheuren Schrecken jener<br />
Jahre trivialisieren.<br />
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