MMM_Dokumentation_02_017
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55. <strong>MMM</strong>-KONGRESS<br />
JUM-Mitglieder aus<br />
Handel und Industrie<br />
(v. l.): Kai Kleist (Storck),<br />
Daniel Meyer (Icewind)<br />
und Friedrich Flach<br />
(Geschäftsführer Flach<br />
Rhein-Main).<br />
„Mit jedem<br />
Gebrauchsding um uns<br />
herum, das wir mit<br />
einem Computer<br />
ausstatten, knüpfen<br />
wir das Netz der<br />
Kontrolle enger.“<br />
Ein zweites Thema im Zusammenhang mit der Wahrung<br />
von Freiheit bringe der technische Fortschritt<br />
mit sich: Ursprünglich habe sich das digitale Zeitalter<br />
angekündigt mit einem Versprechen auf mehr Demokratie<br />
und mehr Freiheit. Man glaubte, die politische<br />
Machtsphäre würde dadurch transparent gemacht<br />
werden können, also eine verstärkte Kontrolle von<br />
unten nach oben. Wie sich aber inzwischen herausgestellt<br />
habe, funktioniere die Kontrolle noch besser von<br />
oben nach unten. Nicht der gläserne Politiker, sondern<br />
der gläserne Bürger sei im Zeitalter von Big Data das<br />
Thema. Und das alles geschehe zumeist freiwillig, der<br />
Bürger als Konsument gebe von sich aus seine Daten<br />
ab. Mit jedem Gebrauchsding um uns herum, das wir mit<br />
einem Computer ausstatten, knüpften wir das Netz der<br />
Kontrolle enger. So eng, dass mithilfe von Algorithmen<br />
die betreffende Person in ihrem künftigen Verhalten<br />
ausgerechnet und auf dieser Basis potenziell auch<br />
gesteuert werden könne. „Die globale Konsumentensteuerung,<br />
von der manche träumen, gefährdet unsere<br />
Freiheit“, mahnte Safranski eindringlich.<br />
Die Geister beherrschen, die wir rufen<br />
Safranski schloss seine Überlegungen mit der Rückkehr<br />
zur Gewaltenteilung. Es sei nicht auszudenken, wenn<br />
die Kontrolle über persönliche Daten in die falschen<br />
politischen Hände käme. Deshalb brauche es die Gewaltenteilung,<br />
auch mit Blick auf die digitale Welt. „Wir<br />
dürfen nicht alle Transaktionen und Kommunikationen<br />
dem digitalen Monopol überlassen. Dadurch würden wir<br />
auf ungeheure Weise angreifbar. Stellen Sie sich nur<br />
ein Atomkraftwerk, ein Krankenhaus, ein Bankensystem<br />
vor, das ausschließlich digital gesteuert ist, ohne<br />
Ausstiegsmöglichkeiten, ohne analoges Auffangsystem<br />
– wir wären im Krisenfall verloren. Auch hier steht<br />
die Freiheit auf dem Spiel. Wir sollten nach Kräften<br />
das Schicksal des Zauberlehrlings vermeiden, dieses<br />
goetheschen Zauberlehrlings, der die Geister, die er<br />
rief, nicht mehr beherrschen konnte.“<br />
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