Johannisburger Heimatbrief 2009 - Familienforschung Sczuka
Johannisburger Heimatbrief 2009 - Familienforschung Sczuka
Johannisburger Heimatbrief 2009 - Familienforschung Sczuka
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Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V.<br />
Turnhalle nebenan ist beschlossene<br />
Sache. Die frühere Pestalozzi-Schule<br />
hat ebenfalls neue Fenster und Türen<br />
bekommen. Die Isolierung scheint<br />
abgeschlossen. Ein farbenfroher Putz<br />
vermittelt den Eindruck eines Neubaus.<br />
Eine Schule am Ende der Lindenstraße<br />
fällt auf wegen eines farbenprächtigen<br />
Anstrichs und des<br />
sauberen Schulgeländes drum herum.<br />
Vom Bürgermeister erfahre ich,<br />
dass er und sein Stellvertreter zuvor<br />
Lehrer in dieser Stadt gewesen seien<br />
und, weil sie ja nicht wüssten, ob<br />
man sie wieder wählen würde, sie der<br />
Renovierung der Schulen Vorrang<br />
einräumten. Es gehe schließlich darum,<br />
dem Wunsch der Eltern zu entsprechen<br />
und für ihre Kinder optimale<br />
Lernbedingungen zu schaffen.<br />
Ein Blick zur Kirchturmuhr:<br />
Es ist gleich zehn<br />
Auf gut Glück laufe ich einer jungen<br />
Frau hinterher; ich glaube, sie zu<br />
kennen. Sie schiebt einen Kinderwa-<br />
<strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>2009</strong><br />
www.Kreis-Johannisburg.de<br />
gen, neben sich hat sie ein zweites<br />
Kind. Die hellblonde Frisur, ihr Gang,<br />
die Körperbewegungen ... Der Blick<br />
zur Kirchturmuhr beschleunigt ihren<br />
Schritt. Ganz unverhofft bin ich für<br />
einen Augenblick nicht ganz allein.<br />
Wir nutzen den Moment des Wiedersehens,<br />
Artigkeiten auszutauschen.<br />
Mir drängt sich schließlich diese Frage<br />
auf, die Frage an eine Frau, die mich<br />
seit Jahren kennt, die meine Sprache<br />
gut versteht: „Woran mag es liegen,<br />
dass unsere Heimatstadt einen so<br />
bedauernswerten Eindruck auf mich<br />
macht. Liegt es an meiner Brille, die<br />
mir den Blick verzerrt?” „Nein”, sagt<br />
sie mir, „die Brille ist es nicht, die Jugend<br />
wendet sich ab, sucht ihr Glück<br />
in der Fremde wie so viele Millionen<br />
Polen zuvor. Wir fühlen uns alleingelassen.”<br />
- So wie ich, der gedankenverloren<br />
zurückbleibt, derweil die<br />
Deutschlehrerin zur sonntäglichen<br />
Messe eilt.<br />
Am liebsten bestiege ich jetzt einen<br />
Turm nach dem anderen – es sind ja<br />
nicht viele, sie stehen noch alle – und<br />
ließe meinen Blick über die Stadt<br />
meiner Väter schweifen, über eine<br />
Stadt hinweg, deren Wunden der<br />
Vergangenheit einfach nicht heilen<br />
wollen.<br />
Der Stadt fehlt es immer noch an<br />
Wirtschaftskraft. Es ist die Arbeitslosigkeit,<br />
die das Erscheinungsbild<br />
meiner Heimat prägt, einer Heimat,<br />
die außer Sand, Wald und Wasser<br />
kaum sonst etwas zu bieten hätte,<br />
wären da nicht so viele liebenswerte<br />
Menschen, denen ich mich stets aufs<br />
Neue verbunden fühle.<br />
„Lass dir Zeit”, hatte Mira mir mit auf<br />
den Weg gegeben. Sie wartete bereits<br />
auf mich und mit ihr nicht enden<br />
wollende Gespräche, von gegenseitigem<br />
Respekt bestimmt.