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Johannisburger Heimatbrief 2009 - Familienforschung Sczuka

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Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V.<br />

<strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>2009</strong><br />

müssen und in die Ungewissheit hinaus zu fahren. Kaum auf der Straße angekommen,<br />

bot sich uns ein entsetzliches Bild. Ein Bild des Krieges, lange Trecks<br />

aus den benachbarten Gemeinden verstopften die Straßen. Alles zog in dieselbe<br />

Richtung. Das Wetter war mild, aber es schneite ununterbrochen. Schon in<br />

Dornberg fehlten einige Wagen aus Kl. Rogallen. In Großrosen waren wir Kl.<br />

Rogaller wieder beisammen. Am Abend des ersten Tages erreichten wir Drigelsdorf,<br />

die Pferde wurden gefüttert und wir beschlossen aber, leider nur mit<br />

Sommers und Brauchs aus Bergfelde um 22.00 weiter zu fahren. In Drigelsdorf<br />

erfuhren wir, dass sämtliche Leerzüge vom Reichsverteidigungsminister beschlagnahmt<br />

wurden, so dass die Zivilbevölkerung, die keine Fahrgelegenheit<br />

hatte, entsetzlichen Strapazen ausgesetzt wurde.<br />

Wir erreichten in der Frühe Arys, eine kurze Pause wurde eingelegt und weiter<br />

ging es in Richtung Nikolaiken. Hier bot sich uns auf den Straßen ein Bild des<br />

Grauens. Vereiste Straßen, überladene Leiterwagen, die Straßen hügelig, die<br />

Stollen knapp, so war für viele die Flucht hier schon zu Ende, es sei denn sie<br />

versuchten es zu Fuß weiter zu kommen. Hilflos standen die Frauen an der<br />

Straße, das Nötigste an Sachen in der Tasche, flehend mitgenommen zu werden.<br />

Die Straßen waren vollkommen zu, so dass wir nur unter schwierigsten<br />

Bedingungen Eichendorf erreicht haben. Die ersten Gepäckstücke wurden von<br />

den Wagen geworfen, die ersten Toten lagen in den Gräben und das Chaos war<br />

vollendet.<br />

Nur mit größter Mühe erreichten wir Eichendorf. Hier trafen wir Kl. Rogaller<br />

(die wir längst verloren hatten) Jornberger, Lindenseeer und Frau Brauch mit<br />

ihren kleinen Kindern, darunter ein Säugling, welch ein Leid. - Auf dem Wege<br />

nach Rhein wurde der Treck ganz plötzlich zum Stehen gebracht - eine Panik<br />

brach aus, denn wir waren, so hieß es, eingeschlossen. Man riet uns umzukehren<br />

bzw. nahe gelegene Gehöfte aufzusuchen. Die Menschen waren verzweifelt,<br />

sie weinten, beteten, fluchten oder aber sie ergaben sich still ihrem<br />

Schicksal. Hier hatten wir uns Kl. Rogaller zum großen Teil verloren.<br />

Wir, das waren meine Mutter und ich, trennten uns von unseren Fahrzeugen<br />

und versuchten zu Fuß weiterzukommen. Ganz zufällig trafen wir Frau Radek,<br />

die letzte Lehrerin in Seeland, die sich uns anschloss. Wir erreichten unter großen<br />

Mühen und Strapazen über das Haff Danzig und dann z. T. mit dem Zug<br />

Stolp und Pasewalk bei Berlin.<br />

In Stolp trafen wir Herrn Olschewski und Herrn Stodollik aus Kl. Rogallen, die<br />

wie wir bereits 3 Wochen unterwegs waren und ihre Fahrzeuge verloren hatten.<br />

Von Pasewalk fuhren wir nach Dresden und erlebten die vollkommen zerstörte<br />

Stadt 3 Tage nach dem Angriff. Ein Bild des Grauens, das unsere Erlebnisse<br />

der Flucht doch noch weit übertraf.<br />

Unsere 3 Wagen, geführt von meinem Onkel Wilhelm Falenski und 2 kriegsgefangenen<br />

Italienern, erreichten trotz großer Mühen und Nöte Schleswig-<br />

Holstein. Die anderen Kl. Rogaller schafften es z. T. bis Pommern, wo sie denn<br />

letztlich doch noch von der Front überrollt wurden.<br />

Diesen Bericht habe ich in gekürzter Form meinem Tagebuch entnommen.<br />

www.Kreis-Johannisburg.de<br />

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