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Johannisburger Heimatbrief 2009 - Familienforschung Sczuka

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kam. In den chaotischen Tagen nach<br />

der deutschen Kapitulation hatte es<br />

Übergriffe von dänischen „Freiheitskämpfern“<br />

gegeben, die den Flüchtlingen<br />

Pässe und andere Sachen abnahmen.<br />

Leben im Lager Oxböl<br />

Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V.<br />

In jedem Raum waren 12–20 Menschen<br />

untergebracht, Frauen, Kinder,<br />

Männer, alles durcheinander. Es<br />

gab Doppelstockbetten. Jeder versuchte<br />

seinen Bereich mit Decken<br />

abzutrennen, dennoch war ein Privatleben<br />

kaum möglich. Im Raum<br />

stand ein Kanonenofen. Im Winter<br />

konnten wir ihn mit Torf heizen, der<br />

in großen Haufen angeliefert wurde.<br />

Wenn wir an kühlen Sommertagen<br />

heizen wollten, gingen wir in den<br />

Wald und sammelten Tannennadeln<br />

und Zweige. Nach einem Sturm kam<br />

meine kleine Schwester Annemarie<br />

mit einem riesigen Ast angeschleppt.<br />

Das Leben im Lager war eintönig. Ab<br />

und zu wurden im Lagertheater Filme<br />

vorgeführt. Ich war froh, wenn<br />

ich in der Strohflechterei arbeiten<br />

konnte, wo wir Strohteppiche und<br />

Einkaufstaschen herstellten. Geweichtes<br />

Stroh wurde zu Zöpfen gefochten,<br />

diese zu Quadraten genäht,<br />

die zu Teppichen zusammengesetzt<br />

wurden. Dazu hatten wir eine große<br />

Nadel, Bindfaden und einen speziellen<br />

Fingerhut. Alles Handarbeit.<br />

Meine Mutter arbeitete in einer<br />

Spinnstube. Es wurde Angorawolle<br />

gesponnen auf Spinnrädern wie zu<br />

Großmutters Zeiten. Es waren alles<br />

ostpreußische Landfrauen, die das<br />

aus dem FF konnten.<br />

Die Verpflegung war nicht sehr abwechslungsreich,<br />

aber ausreichend.<br />

Gehungert haben wir nicht. Meine<br />

Mutter, die Probleme mit dem Magen<br />

hatte, bekam sogar Schonkost.<br />

Für die Kinder gab es Lebertran. Oft<br />

<strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>2009</strong><br />

www.Kreis-Johannisburg.de<br />

wurde frischer Fisch angeliefert. Da<br />

kamen mein Bruder Kurt, er war<br />

damals 14, und sein Freund auf eine<br />

Idee: Sie gründeten die „Fischräucherei<br />

Hans und Kurt“.<br />

Frisches Obst und Gemüse mussten<br />

wir allerdings entbehren.<br />

Auf der Krankenstation wurden wir<br />

von deutschen Ärzten medizinisch<br />

versorgt. Auf der Zahnstation arbeitete<br />

Eva Mühlheim.<br />

Die Kinder wurden in der Lagerschule<br />

unterrichtet, so gut es ging, oft<br />

von Studentinnen oder Abiturientinnen.<br />

Als mein Bruder Fritz konfirmiert<br />

worden war, bekam er die Erlaubnis,<br />

bei einem dänischen Ingenieur<br />

eine Mechanikerlehre anzufangen.<br />

Dort freundete er sich mit ein<br />

paar dänischen Jungen an. Als er<br />

nach Deutschland entlassen wurde,<br />

begleiteten sie ihn zum Bahnhof und<br />

verabschiedeten ihn mit viel Winken<br />

und Mützenschwenken. In Deutschland<br />

wurde Fritz seine dänische<br />

Lehrzeit anerkannt und er konnte<br />

seine Automechanikerlehre um ein<br />

Jahr verkürzen.<br />

Eine verbotene Liebe<br />

Hilde mit Sohn André und ihrem<br />

dänischen Ehemann Waldemar<br />

Der Maschendraht trennte uns von<br />

der dänischen Bevölkerung. Nur ab<br />

und zu kamen Handwerker ins Lager.<br />

Meine Kusine Hilde war damals<br />

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