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Johannisburger Heimatbrief 2009 - Familienforschung Sczuka

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80<br />

Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V.<br />

Einsender: Otto Cramer, Sevetal<br />

ERINNERUNGEN AN MASUREN<br />

(Fortsetzung aus JHB 2008)<br />

Annemarie Jerosch<br />

Vor 64 Jahren:<br />

Von Groß Rogallen über Lauenburg<br />

nach Arfrade - Die Flucht<br />

Weihnachten 1944 herrschte in Rogallen<br />

eine trübe Stimmung. Die<br />

Front rückte näher. Auf die ernste<br />

Mahnung von Hansgeorg Cramer aus<br />

Lauenburg/Pommern, Bruder Otto<br />

aus Brandenburg und Feldpostkarten<br />

von Fritz packten Elfriede und Hedwig<br />

die nötigsten Sachen ein. Der Franzose<br />

Edgar brachte sie und die Kinder<br />

(Otto, Ulrike, Brigitte und Gisela,<br />

Hedwig war mit Jürgen schwanger)<br />

im Pferdewagen zum Bahnhof Prostken,<br />

von wo aus sie in Richtung Danzig<br />

und von da nach Lauenburg fuhren.<br />

Man hörte schon Kanonendonner.<br />

Die Stimmung war schrecklich.<br />

Ich war nach Weihnachten noch bei<br />

unserer Mutter. Im Haus war eine<br />

russlanddeutsche Familie untergebracht<br />

mit zwei Söhnen etwa 16-18<br />

Jahre alt. Mit ungutem Gefühl fuhr<br />

auch ich nach Danzig. Ich war dort in<br />

Ausbildung. Mutter blieb mit unserer<br />

Polin Rosalia und dem Franzosen Edgar<br />

auf dem Hof.<br />

Im Januar 1945 teilte uns der Direktor<br />

der Hochschule in Danzig die<br />

traurige Nachricht mit, dass die Front<br />

näherrückte und die Schule geschlossen<br />

werden müsste. Die Mädchen aus<br />

Nordostpreußen aus Gumbinnen und<br />

dem Insterburger Raum erzählten<br />

Furchtbares über den Einfall der Sowjets.<br />

Auch ich packte meine Sachen<br />

und fuhr nach Lauenburg zu den<br />

<strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>2009</strong><br />

Groß Rogallen<br />

www.Kreis-Johannisburg.de<br />

Schwestern. Hansgeorg hatte für sie<br />

und die Kinder eine Bleibe vermittelt.<br />

Mit der Verpflegung wurde es schwierig,<br />

weil die Hausfrau ihnen keine<br />

Kochgelegenheit zur Verfügung stellte.<br />

Ab und zu gingen sie ins Restaurant<br />

zum Essen. Ich schlief mit Elfriede<br />

im Zimmer und half im Flüchtlingslager<br />

beim DRK. Da habe ich<br />

viel, sehr viel Elend gesehen. Alte,<br />

kranke Menschen lagen auf Strohlagern.<br />

Sie hatten nicht die Kraft, weiter<br />

zu flüchten und warteten auf ihr<br />

Ende.<br />

Unerbittlich rückte die Front näher.<br />

Es hieß, bald könnte man nur noch<br />

per Schiff übers Meer flüchten, wir<br />

seien eingekesselt.<br />

Charlotte Cramer, Elfriedes Schwägerin,<br />

war Mitarbeiterin beim DRK. Sie<br />

war der rettende Engel. Das sagt<br />

Hedwig heute noch. Sie hat für uns in<br />

einem Flüchtlingswaggon, der gen<br />

Westen fahren sollte, einige Plätze<br />

freigehalten. Begründung: Zwei Mütter<br />

mit Kleinkindern, eine davon<br />

schwanger. Ich als Einzelgängerin<br />

quetschte mich dazu.<br />

Cramers Lauenburger Gästebuch:<br />

20.2.1945 In dieser schweren Zeit<br />

kam ich wieder zu Euch, um bei Euch<br />

ein Unterkommen zu finden. Ihr habt<br />

viel Mühe mit uns gehabt. Herzlichen<br />

Dank besonders Lotte, die wie immer<br />

rührend half. Hoffentlich können wir<br />

noch mal zurück in Euer schönes<br />

Heim.<br />

Eure Elfriede mit Otto und Ulrike<br />

Der Zug zockelte langsam los. Die<br />

Sowjetfront war schon vor uns. Stundenlang<br />

blieb der Zug irgendwo stehen.<br />

Ich lief los, um für die Kinder<br />

vom Feld Rüben zu holen. Plötzlich<br />

fuhr der Zug wieder an. In letzter<br />

Sekunde gelang es mir, auf das Tritt

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