Johannisburger Heimatbrief 2009 - Familienforschung Sczuka
Johannisburger Heimatbrief 2009 - Familienforschung Sczuka
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Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V.<br />
re über das Ableben hinaus aufbewahrt.<br />
Was vielen Heimatvertriebenen im<br />
Osten der Bundesrepublik Deutschland<br />
Sorge bereitet, ist der Ort der<br />
Geburt, denn hier wird bei ihnen<br />
nicht Deutschland genannt.<br />
„Von dem Bundeszentralamt für<br />
Steuern bekamen meine Frau und ich<br />
die angekündigte Identifikationsnummer<br />
zugeschickt … Unser Geburtsland<br />
ist weder Polen noch die<br />
Sowjetunion, wie unter Ziffer 9 ausgewiesen,<br />
sondern Deutschland, genau<br />
das Deutsche Reich“, echauffiert<br />
sich Heinz Dobschinski aus Pirna.<br />
„Ich hatte mich in der DDR erfolgreich<br />
geweigert, den Personalausweis<br />
mit dem Geburtsland Polen entgegenzunehmen,<br />
soll ich jetzt akzeptieren,<br />
als Sowjetbürger abgestempelt<br />
zu werden beziehungsweise meine<br />
Frau als Polin“, fragt der Ostpreuße.<br />
Und auch aus dem ebenfalls sächsischen<br />
Hoyerswerda kommen Unmutsäußerungen<br />
von Vertriebenen,<br />
die selbstverständlich sehr sensibel<br />
auf derartige Zuordnungen reagieren.<br />
Doch Vertriebene auf dem Boden der<br />
ehemaligen DDR können sich beruhigen.<br />
Die Behörden versuchen den<br />
Fehler zu beheben. Es handelt sich<br />
also nicht um eine zweite Vertreibung,<br />
sondern nur um unbedachte<br />
Datenübermittlung. „Üblicherweise<br />
gilt bei Personen, die während der<br />
Zeit der Zugehörigkeit Ostpreußens<br />
zum Deutschen Reich (1871–1945)<br />
dort geboren wurden, Deutschland<br />
als Geburtsland“, erklärt Bernd Wiemer,<br />
Pressesprecher aus Hoyerswerda.<br />
Doch was in der Bundesrepublik<br />
Deutschland eben „üblich“ ist, das<br />
war zu DDR-Zeiten keineswegs „üblich“.<br />
„Aus ideologischen Gründen<br />
wurden damals Geburtsorte östlich<br />
der Oder-Neiße-Grenze mit den aktuellen<br />
Staaten identifiziert“, so Klaus-<br />
<strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>2009</strong><br />
www.Kreis-Johannisburg.de<br />
Michael Glaser vom Städte- und Gemeindetag.<br />
Da die Bundesrepublik<br />
allerdings die Meldedaten aus den<br />
Einwohnerregistern der DDR übernommen<br />
hat, wurden diese Informationen<br />
bei allen, die seit 1990 nicht<br />
umgezogen sind, nicht hinterfragt.<br />
Die bis zum Ende des Jahres laufende<br />
Versendung der Steuer-ID gilt als<br />
größte Briefversandaktion in der Geschichte<br />
der Bundesrepublik Deutschland:<br />
Alle 82 Millionen Bundesbürger<br />
erhalten ihre dauerhafte, persönliche<br />
Steuernummer, die als „entscheidender<br />
Schritt in Richtung des elektronischen<br />
Zeitalters“ gerühmt wird, da<br />
sie die Voraussetzung für die Einführung<br />
der „elektronischen Lohnsteuerkarte“<br />
darstellt.<br />
Im Vorfeld dieser großen Aktion mussten<br />
alle 5.300 kommunalen Meldebehörden<br />
die benötigten Daten abliefern.<br />
Bei der Masse an Informationen<br />
machte sich natürlich keiner die Mühe,<br />
im Detail bestimmte Daten zu<br />
hinterfragen. Schon die Erfassung<br />
und Übermittlung stellte für das Behörden-Personal<br />
samt Computerspezialisten<br />
eine Herausforderung sondergleichen<br />
dar. Man denke da nur<br />
an die 45.000 Einwohner zählende<br />
Kleinstadt Stade in Niedersachen, bei<br />
der die verschiedenen Systeme des<br />
Bundeszentralamtes für Steuern und<br />
der Stadt Stade offenbar „Kommunikationsprobleme“<br />
hatten. Fast jeder<br />
Bürger durfte sich hier über eine zumindest<br />
teilweise neue Identität<br />
freuen. Deutsche Einwohner stammten<br />
plötzlich nicht nur aus Polen,<br />
sondern auch aus Großbritannien,<br />
Spanien oder dem Libanon. So mancher<br />
konnte sich auch über einen<br />
neuen Namen „freuen“. Doch auch<br />
diese Fehldaten werden schnellstmöglich<br />
korrigiert, genau wie bei den<br />
Heimatvertriebenen auf dem Boden<br />
der ehemaligen DDR. Sollten einige<br />
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