Johannisburger Heimatbrief 2009 - Familienforschung Sczuka
Johannisburger Heimatbrief 2009 - Familienforschung Sczuka
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Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V.<br />
<strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>2009</strong><br />
Hirschwalde / Hinter Pogobien<br />
Erinnerungen mit 7 Jahren,<br />
aus dem Ort Hirschwalde<br />
von Kurt Bronsart, wohnhaft<br />
Dwarsweg 12, 27632 Midlum,<br />
Tel.: 04741-2526 - s. a:. Fluchtberichte-Sammlung<br />
der Kreisgemeinschaft<br />
Johannisburg, S. 127<br />
Mitten in den masurischen Wäldern<br />
stand unser Dorf Hirschwalde, etwa<br />
15 km von Johannisburg. Wir hatten<br />
vor 1945 noch 58 Häuser, heute stehen<br />
da nur noch 21 Bauten. Die<br />
Dorfbewohner ernährten sich damals<br />
von der Land- und Forstwirtschaft.<br />
Bei dem vielen Vieh hatten die<br />
Hirschwalder Bauern eine „Gemeinschaftsweide"<br />
von ca. 100 Morgen<br />
eingezäunt und zusammengelegt.<br />
Dort konnte jeder Viehbesitzer seine<br />
Rinder grasen lassen. Morgens nach<br />
dem Melken wurden die Kühe auf die<br />
Weide getrieben und am Abend wurden<br />
sie von uns Kindern wieder in<br />
den Stall getrieben.<br />
Unsere Milchkuh „Laura" setzte sich<br />
unbemerkt von der Herde ab, in den<br />
nahen Wald. Zu Hause gab es Ärger,<br />
weil ein Tier fehlte. Da es am späten<br />
Abend war, musste ich nochmals in<br />
den dichten Wald, um unsere "Laura"<br />
zu suchen. Es war schon dunkel, ich<br />
fand unsere Kuh nicht wieder. Als ich<br />
zurück ins Dorf kam, meinten die<br />
größeren Jungen: „Die Wölfe haben<br />
euer Tier geholt." Mit gesenktem<br />
Haupte, sehr verängstigt, kam ich auf<br />
unserer Hofstelle an. Großmutter<br />
Amalie und Mutter Ida sagten kein<br />
Wort. Nach dem Abendessen bin ich<br />
noch einmal in den Viehstall gegangen.<br />
Ich traute meinen Augen nicht:<br />
Die „Laura" stand im Stall und schaute<br />
mich mit großen Augen an. Sie<br />
www.Kreis-Johannisburg.de<br />
hatte den Weg allein zum Hof gefunden.<br />
Ich war froh, alle Anwesenden in<br />
der Stube lachten über mein Verhalten.<br />
Im Herbst war die Weide total abgefressen,<br />
die Milchmenge ging gewaltig<br />
zurück. Jeder Bauer musste jetzt<br />
seine Rinder auf den eigenen Weiden<br />
grasen lassen. Wir als Kinder mussten<br />
nach der Schule das Vieh hüten.<br />
In den Herbstferien waren wir mit<br />
den Rindern den ganzen Tag unterwegs,<br />
manche Weiden waren bis 3<br />
km um Hirschwalde in den Wäldern<br />
verborgen. Wir nahmen uns Kartoffeln,<br />
Salzheringe, Eier und Würzsalz<br />
mit zum Viehhüten.<br />
Zuerst wurde ein Lagerfeuer mit trockenem<br />
Holz angezündet, in der abgebrannten<br />
Glut wurden die Kartoffeln<br />
eine 3/4 Stunde gegart, der Hering<br />
in Zeitungspapier durfte nur 1/4<br />
Stunde mitbacken. Das war für uns<br />
Kinder ein Festschmaus, und stolz<br />
auf unsere Kochkunst waren wir<br />
auch.<br />
Zwischendurch machten wir Jungens<br />
Spiele, Räuber und Gendarm, auch<br />
Fallschirmspringen wurde geübt. Da<br />
musste man auf einen 7 cm dicken<br />
Birkenbaum klettern. An der Birkenkrone<br />
angefasst, danach runterfallen<br />
lassen. Die masurischen Birken waren<br />
sehr biegsam und brachen nicht<br />
so schnell ab. Wer den höchsten<br />
Baum bezwang, war der Sieger.<br />
Als wir am Spielen waren, flog vom<br />
Lagerfeuer Glut in den trockenen Nadelwald,<br />
der sofort brannte. Wir wollten<br />
das Feuer mit den Tannenzweigen<br />
ausschlagen und schafften es<br />
nicht. Zu unserem Glück waren von<br />
der Försterei Kulik drei Waldarbeiter<br />
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