Viertes Bayerisches Forum Suchtprävention - Landeszentrale für ...
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Projektvorstellungen zur Prävention bei Kindern<br />
suchtkranker Eltern<br />
I. Die Blauvögel<br />
Arbeit mit Kindern aus suchtbelasteten Familien<br />
Angelika Kern, Peter Zarling<br />
Es reicht nicht mehr aus, den Suchtkranken einer therapeutischen/medizinischen<br />
Versorgung zuzuführen, sondern es muss in vermehrtem Maße das gesamte soziale<br />
Umfeld, in dem der Kranke lebt, mit einbezogen werden. In erster und dringlicher<br />
Linie betrifft dies die Familie des Suchtkranken.<br />
Im Idealfall ist es zwar möglich, Partner, Angehörige oder auch Arbeitgeber in die<br />
Behandlung mit einzubeziehen, die Kinder jedoch werden dabei häufig „übersehen“.<br />
Dies liegt mitunter daran, dass Eltern selbst nach einer Behandlung glauben<br />
wollen, ihre Kinder – unabhängig von deren Alter – hätten in all den Jahren des<br />
Suchtmittelmissbrauchs nichts davon bemerkt. Nun, der Arbeitgeber wusste Bescheid,<br />
die Nachbarn hatten gemunkelt, nur die Kinder sollten von all dem nichts<br />
bemerkt haben?<br />
Allgemeine Situation dieser Kinder<br />
Kinder sind im System Familie immer der schwächste und schutzbedürftigste Teil.<br />
Sucht ist nicht nur eine Krankheit, sondern zugleich immer auch ein Symptom <strong>für</strong><br />
eine Persönlichkeitsstörung und <strong>für</strong> psychische und soziale Probleme. Ihre Auffälligkeit<br />
besteht gerade darin, dass sie über Jahre hinweg vertuscht und verheimlicht<br />
werden kann, bevor Außenstehende die Sucht erkennen. Wenn wir weiter<br />
davon ausgehen, dass Kinder sich immer am Modell der Eltern orientieren, dann<br />
bedeutet dies, dass Kinder aus suchtbelasteten Familien erfahren und lernen,<br />
dass man zur Bewältigung problematischer Situationen „etwas nimmt“, also eine<br />
Droge konsumiert, um eine angenehme Wirkung zu erzielen. Statt Problembearbeitung<br />
findet so eine Bewusstseins- und Wahrnehmungsveränderung statt.<br />
Wenn ein Kind dies frühzeitig erlebt, dann gilt dieses Verhalten so lange als normal,<br />
bis andere Erfahrungen in anderen Familien im Austausch mit anderen Kindern<br />
gemacht werden können, z.B. im Kindergarten und in der Schule. Das Kind<br />
lernt aber – wie der Betroffene vor der Umwelt, der Partner vor Nachbarn und Angehörigen<br />
– Missstände zu verheimlichen, zu verbergen und zu verschweigen. Da<br />
auch in der Familie über dieses Problem nicht offen und nüchtern gesprochen<br />
wird, kann ein Kind auch nicht offen sprechen. Dazu bedarf es großen Vertrauens<br />
– gerade in einem Gespräch mit Vertretern offizieller Stellen. Es hat Angst vor einer<br />
Bestrafung der Eltern, wie auch Angst, von diesen bestraft zu werden. Oft genug<br />
fiel in Gesprächen das Wort „Verrat“.<br />
Suchtkranke Eltern versuchen häufig alles, um ihren Kindern gute Eltern zu sein.<br />
Schuldgefühle und Schuldvorwürfe, Phasen der Abstinenz und des Konsums konfrontieren<br />
die Kinder. Die Folgen <strong>für</strong> sie sind: sie werden vernachlässigt, dann über<br />
die Maßen verwöhnt und zur Kontrolle eines Elternteils missbraucht. Ihre<br />
kindgemäßen Bedürfnisse bleiben zweitrangig und können oft von den Eltern<br />
nicht befriedigt werden.<br />
Ein zentrales Problem <strong>für</strong> diese Kinder ist die permanente Überforderung. Sie sollen<br />
sich altersgemäß und kindgemäß verhalten, denn sonst fallen sie auf. Zugleich<br />
müssen sie öfter als dies ihre Altersgenossen tun – mitunter <strong>für</strong> Monate<br />
und Jahre – Aufgaben der Eltern übernehmen. So müssen sie Geschwister versorgen,<br />
die Mutter beruhigen, den Notarzt holen etc.. Sie werden von Vater und<br />
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