Erzähl mal! Der stille Zeuge - Literaturmachen
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18 <strong>Der</strong> <strong>stille</strong> <strong>Zeuge</strong><br />
Jasmina Jooß<br />
Kapitel 4<br />
Aus dem Buch von Jack:<br />
Es gab sozusagen eine Clique im Waisenhaus: Tommy, Jason, Zac und Cindy.<br />
Tommy war der Schlimmste von ihnen. Er war der Anführer der Bande. Er<br />
war der, der mich am meisten ärgerte.<br />
Ich wollte zum Beispiel mit den anderen Jungs mit den kleinen Autos spielen,<br />
die es für uns im Waisenhaus gab, aber immer wenn ich fragte, ob ich mitspielen<br />
dürfte, beleidigten sie mich und sagten, dass Dunkelhäutige bei ihnen<br />
nicht mitspielen dürften. Immer wenn sie das zu mir sagten, war ich immer<br />
total traurig!<br />
Wenn ich nicht gehen wollte, dann schmissen sie auch öfters <strong>mal</strong> mit den Autos<br />
nach mir. Aber dass sie nach mir warfen, war noch das Harmloseste! Auch<br />
wenn ich dann irgendwo saß und für mich allein spielte, kamen sie auf mich<br />
zu, und bevor ich weglaufen konnte, fingen sie an mich zu schlagen. Als ich<br />
dann versuchte mich loszureißen, weil sie mich festhielten, zerrissen sie meine<br />
Klamotten.<br />
Und auch die Betreuer wurden immer ungerechter und gemeiner. Ich erinnere<br />
mich, wie ich dann ein<strong>mal</strong> zu einem von ihnen ging und sagte, dass meine<br />
Klamotten von den anderen Kindern zerrissen worden waren, aber dieser Betreuer<br />
sagte nur, dass ich besser aufpassen sollte. Er behauptete auch noch,<br />
dass ich immer die anderen Kinder ärgerte – doch dabei ärgerten sie ja immer<br />
mich!<br />
Auch die anderen Betreuer waren nicht netter zu mir. Sie beleidigten mich<br />
ständig wegen meiner Hautfarbe und schrien mich immer an, auch wenn ich<br />
gar nichts gemacht hatte oder nichts dafür konnte. Die anderen Kinder bekamen<br />
nie Ärger, und wenn sie doch Schuld hatten, dann schoben sie immer<br />
alles auf mich. Die Betreuer glaubten das auch. Wenn ich was sagen wollte,<br />
wurde mir immer der Mund verboten.<br />
Jasmina Jooß: Kapitel 4 19<br />
Wenn ich mich dann <strong>mal</strong> durchsetzte, wurde ich immer bestraft und aufs Zimmer<br />
geschickt. Immer wenn ich dann auf mein Zimmer ging, kamen Tommy<br />
und seine Bande und ärgerten mich wieder. Wenn dann die Betreuer kamen,<br />
um mir zu sagen, was ich für eine Strafe bekam, rannten sie schnell weg.<br />
Und so wurde ich immer von allen geärgert, egal ob es die Betreuer oder die<br />
Kinder waren. Sie waren alle immer gemein zu mir.<br />
Ich hab immer gehofft, dass irgendwann eine nette Pflegefamilie kommen und<br />
mich adoptieren würde, aber immer haben alle gesagt, dass mich doch sowieso<br />
keiner will und dass sie schon gar keinen Dunkelhäutigen wollen.<br />
Irgendwann hatte ich aufgegeben daran zu glauben, weil niemand in den<br />
ganzen Jahren kam, um mich abzuholen. Und wenn eine Familie kam, um<br />
jemanden zu holen, war ich es nie!<br />
Ich war ein unglücklicher Junge, wurde geschlagen und beleidigt, hatte keine<br />
Freunde, weil ich dunkelhäutig war und keiner mit mir spielen wollte. Und<br />
viel Spaß im Waisenhaus hatte ich auch nie!