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Erzähl mal! Der stille Zeuge - Literaturmachen

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82 <strong>Der</strong> <strong>stille</strong> <strong>Zeuge</strong><br />

Er bemerkte, wie müde er wurde. Die Aufregung machte sich bemerkbar.<br />

Seine Augen brannten vom Weinen und ehe er einschlief, stand er lieber<br />

wieder auf. Er konnte nicht hier bleiben. Er blickte sich um, ehe er wieder<br />

aus dem Büro ging.<br />

Im Haus war es immer noch still, als er den Flur entlang schlich. Am Fuß<br />

der Treppe sah er eine Gestalt liegen. Arme und Beine waren unnatürlich<br />

verrenkt. Er schaute nach oben, das Geländer war zerbrochen. Er sah wieder<br />

auf die Gestalt herab. Unter dem Kopf von Anika hatte sich eine große<br />

Blutlache gebildet. War Anika gefallen oder hatte der Mörder sie gestoßen?<br />

Er wusste es nicht.<br />

Dave beugte sich hinab, als ihn etwas berührte.<br />

Er schrie laut.<br />

Anika hatte nach seiner Hand gegriffen. Ihre Lippen bewegten sich. Ganz<br />

dicht ging er mit seinem Ohr an ihren Mund.<br />

„Jack“, flüsterte sie. Sie spuckte Blut.<br />

Was hatte das zu bedeuten?<br />

„Ich hole Hilfe, beweg dich nicht“, sagte er zu ihr.<br />

Langsam rollte eine Träne an ihrer Wange hinab. Er musste schlucken. Vorsichtig<br />

strich er ihr die Haare aus der Stirn.<br />

Dann atmete er tief ein und stieg über Anika hinweg. Leise schlich er die<br />

Treppe hinauf. Oben angekommen, hörte er Polizeisirenen. Er rannte zum<br />

Fenster und sah hinunter.<br />

Unten im Hof lag noch eine tote Person. Sie sah klein aus. Er konnte nicht<br />

erkennen, wer es war, obwohl es draußen langsam hell wurde. Aber das Blut<br />

konnte er gut erkennen. Er schluckte.<br />

Ich muss hier weg, dachte er, ich muss mich verstecken, ehe sie kommen.<br />

Im oberen Flur tastete er an der Wand. Über dem elektrischen Kerzenleuchter<br />

gab es einen kleinen Hebel. Er musste sich strecken, um ihn zu erreichen.<br />

Plötzlich klickte es und eine kleine Klappe öffnete sich. Schnell kroch er<br />

hinein und kauerte sich zusammen. Er konnte nichts sehen und sich kaum<br />

bewegen.<br />

Das Versteck war ein langer, sch<strong>mal</strong>er Gang. Er hatte ihn schon ein<strong>mal</strong><br />

zusammen mit Jack angeschaut. Aber da<strong>mal</strong>s hatte er eine Taschenlampe<br />

dabei gehabt.<br />

Philipp-Sebastian Meyer: Kapitel 24 83<br />

Er beschloss, eine Weile zu warten. Wenn er sich bewegte, blieben ihm<br />

Spinnweben im Gesicht kleben. Er fand das ekelig. Schnell wischte er mit<br />

der Hand über das Gesicht.<br />

Hinter sich hörte er ein leises Rascheln. Er zuckte zusammen. Kam der Mörder?<br />

In der Ferne sah er zwei winzige Punkte leuchten. Erleichtert seufzte er auf.<br />

Es war nur eine kleine Maus. Die hatte genau so viel Angst wie er, sagte Jack<br />

immer zu ihm, wenn sie die Verstecke durchsuchten.<br />

Dann hörte er die Stimmen. Die Polizisten durchsuchten das Haus. Sie kamen<br />

näher und blieben fast vor seinem Versteck stehen. Sie waren aufgeregt<br />

und konnten nicht fassen, wie so etwas Schreckliches in einem Waisenhaus<br />

passieren konnte. Sie redeten davon, dass sich einige der Kinder und Betreuer<br />

retten konnten. Diese hatten die Polizei verständigt.<br />

Ein Mädchen hatte sich in einem Schrank unter der Wäsche versteckt. Sie<br />

lebte, aber er konnte den Namen nicht verstehen, den sie sagten.<br />

Er fühlte sich einsam und verlassen. Er musste an den Teddy denken und<br />

ihm kamen wieder die Tränen.<br />

War er schuld? Hätte er mehr auf den Teddy achten müssen? Wo war Jack?<br />

Er wusste es nicht. Er war noch ein Kind. Was sollte er tun? Es gab nur einen<br />

Weg für ihn:<br />

ER MUSSTE VOR DEM MÖRDER FLIEHEN.

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