Erzähl mal! Der stille Zeuge - Literaturmachen
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88 <strong>Der</strong> <strong>stille</strong> <strong>Zeuge</strong><br />
hauen war, in den Wald, dort übernachtet hatte – und alles nur, weil ich es in<br />
diesem Waisenhaus nicht mehr ertragen hatte.<br />
Denn ich wurde dort immer von mehreren auf ein<strong>mal</strong> geschlagen. Ich erzählte<br />
ihm, wie ich geschlagen worden war, dass bei mir eine blutige Nase Alltag war<br />
und die Erzieher es gesehen, aber nichts dagegen unternommen hatten. Denn<br />
den Erziehern war es egal, ob wir Schmerzen hatten.<br />
<strong>Der</strong> Pfarrer war außer sich über dieses Waisenhaus. Er konnte gar nicht glauben,<br />
dass Kinder im Waisenhaus so schlecht behandelt werden können. Er<br />
versteckte mich in einem Hinterraum der Kirche. <strong>Der</strong> Pfarrer brachte mir jeden<br />
Tag Essen und Trinken, es ging mir hier in der Kirche sehr gut.<br />
Ich bin dort geblieben, bis er eine Pflegefamilie für mich gefunden hatte. <strong>Der</strong><br />
Pfarrer kannte ein Ehepaar, das Kinder haben wollte, aber die Frau konnte<br />
keine bekommen. <strong>Der</strong> Pfarrer sprach mit ihnen und sie wollten mich sehen.<br />
Sie hatten mich sofort mit zu sich nach Hause genommen.<br />
Ich wurde im Waisenhaus nicht vermisst. Glaubte ich. Ich hatte auf jeden Fall<br />
davon nichts gemerkt. Deshalb konnte ich ohne Probleme bei meinen neuen<br />
Eltern bleiben. Mir ging es dort sehr gut, denn ich hatte eine Familie, die mich<br />
sehr liebte. Ich liebte meine neuen Eltern auch sehr, den sie nahmen mir das<br />
Gefühl, nutzlos und allein auf dieser Welt zu sein. Sie schenkten mir Geborgenheit<br />
und ich fühlte mich bei meinen Eltern sehr wohl.<br />
Als ich fertig mit der Schule war, wurde ich Hausmeister in dem Waisenhaus,<br />
in dem ich früher gewesen war. Ich wollte dafür sorgen, dass es den Kindern<br />
im Waisenhaus nicht so schlecht ergehen musste wie es mir früher ergangen<br />
ist. In der Nähe des Waisenhauses war ein kleines Haus, schon fast eine Hütte,<br />
aber das war mir egal. Für mich hat der Platz gereicht, und bis zum Waisenhaus<br />
hatte ich es nicht sehr weit, es war gleich um die Ecke. Ich hatte diese<br />
schlimme Zeit hinter mir gelassen. Diese schlimme Zeit, in der ich immer geschlagen<br />
und schlecht behandelt worden war. Denn bei meiner neuen Familie<br />
ging es mir so gut, dass ich diese schlimmen Erinnerungen hinter mir gelassen<br />
und beschlossen hatte, neu anzufangen.<br />
Nur deshalb konnte ich dieses Waisenhaus wieder betreten. Ich hatte beschlossen,<br />
den Kindern im Waisenhaus ein besseres Leben zu schenken, damit<br />
es ihnen besser ging, als es mir ergangen war. Deshalb, und nur deshalb, habe<br />
ich diesen Job als Hausmeister im Waisenhaus angenommen.<br />
Kevin Akbulut: Kapitel 27 89<br />
Kevin Akbulut<br />
Kapitel 27<br />
Als die Polizei Dave fand, nahmen sie ihn mit aufs Revier. Es war ziemlich<br />
weit weg von dem Waisenhaus. Auf dem Weg hatte ihn einer der Polizisten<br />
nach seinem Namen gefragt, also sagte er ihm, dass er Dave heiße. Daraufhin<br />
fragte Dave ihn nach seinem Namen, obwohl er sehr nervös war, was<br />
jetzt passieren würde. Er antwortete und sagte, dass er Ernst heißt, aber<br />
Dave dürfte ihn auch mit seinem Vornamen ansprechen, den er daraufhin<br />
auch nannte, und zwar hieß er Christoph. <strong>Der</strong> zweite Polizist schien nicht so<br />
nett wie Christoph zu sein, er sagte während der ganzen Fahrt kein einziges<br />
Wort.<br />
Endlich kamen sie bei dem Revier an, Christoph hatte Dave die Tür aufgemacht,<br />
damit er raus konnte. <strong>Der</strong> andere Polizist stand neben der Tür und<br />
wollte wahrscheinlich aufpassen, dass Dave nicht wegrannte, aber Dave war<br />
viel zu nervös, als dass er hätte weglaufen können. Und er wusste auch gar<br />
nicht wohin.<br />
Also gingen sie rein, in einen kleinen Raum, wo ein Tisch und drei Stühle<br />
waren. Dave setzte sich auf einen von den Stühlen, auf den anderen setzte<br />
sich Christoph und der zweite Polizist holte ihnen erst<strong>mal</strong> was zu trinken.<br />
Dann stellte er sich auch endlich vor, er hieß Strong, Michael Strong.<br />
Dave wusste gar nicht, was jetzt auf ihn zukommen würde, also saß er ruhig<br />
da und trank etwas. Dann fing Michael an, ihn über das Waisenhaus etwas<br />
zu fragen.<br />
Michael: „Wurdest du oft von den anderen Kindern gehänselt oder waren sie<br />
alle deine Freunde?“<br />
Dave zog sich auf dem Stuhl zusammen und antwortete mit eingeschüchterter<br />
Stimme: „Die meisten von den Kindern haben mich immer gehänselt.“<br />
Christoph stand auf und lief rum, er kam auf Dave zu und fragte: „Was geschah<br />
vor den ganzen Morden? Hast du irgendwas gehört, oder wie bist du<br />
drauf aufmerksam geworden?“