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Erzähl mal! Der stille Zeuge - Literaturmachen

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24 <strong>Der</strong> <strong>stille</strong> <strong>Zeuge</strong><br />

sich in die Küche. Als er in der Küche ankam, schnappte er sich ein Messer.<br />

Er hob das Messer vor seine Brust, mit der Klinge an seinem Herzen. Er<br />

drückte langsam gegen seine Brust und er fing ein bisschen an zu weinen.<br />

Er hörte auf zu drücken und legte das Messer wieder weg.<br />

Er dachte noch <strong>mal</strong> darüber nach, was der beste Weg für ihn sei und nahm<br />

das Messer wieder in die Hand. Jetzt war die scharfe Klinge an seiner Pulsschlagader.<br />

Er spürte die eiserne Kälte der scharfen Klinge. Am Anfang ritzte<br />

er sich leicht. Er dachte an seine schlimme Zeit, ganz allein, und fing an,<br />

etwas stärker zu ritzen. Es waren keine kleinen Kratzer mehr. Blut tropfte in<br />

zirka einem Fünfsekundentakt auf den Boden. Er konnte nicht fassen, was<br />

er gerade tat.<br />

Plötzlich kam die Küchenfrau und sah Jack erschrocken an. Zuerst schaute<br />

sie ihn an, dann das Blut auf dem Boden, und dann wieder zu ihm.<br />

Sie sagte ihm, dass er langsam das Messer hinlegen und keinen Blödsinn<br />

machen sollte. Er ging zwei Schritte zurück und hörte nicht auf sie. Als Jack<br />

sich grade erstechen wollte und Schwung holte, kam Mr. Johnson gerade<br />

noch rechtzeitig. Schnell kam die Küchenfrau und nahm Jack das Messer<br />

aus der Hand. Seit diesem Tag schlossen sie immer die Küchentür zu, damit<br />

so etwas nie wieder passierte.<br />

Nach dieser Aktion von Jack erklärte Mr. Johnson ihm, dass er so was nicht<br />

machen sollte. Zwei Wochen lang dachte Jack viel darüber nach, was er machen<br />

sollte. Er entschied sich wieder dafür, Freunde zu suchen. Eines Tages<br />

lohnte es sich. Zwei Kinder mochten ihn jetzt und spielten manch<strong>mal</strong> mit<br />

ihm ein Spiel. Ein paar andere Kinder bemerkten, dass Jack sich verändert<br />

hatte und gingen zu ihm, um auch mit ihm zu spielen. Mit der Zeit mochten<br />

ihn immer mehr Kinder und Betreuer und er schaffte es, dass ihn jetzt jeder<br />

leiden konnte.<br />

Jack wurde unter den Kindern sehr beliebt. Mr. Johnson war sehr stolz auf<br />

Jack. Und auch Jack war stolz auf sich, dass er es geschafft hatte. Mr. Johnson<br />

war so stolz auf ihn, dass er ihm einen Teddybär schenkte. Er liebte den<br />

Teddybär sehr, denn immer wenn er den Teddybären ansah, fühlte er sich<br />

stolz und froh.<br />

Er vergaß nie die Zeit im Waisenhaus. <strong>Der</strong> Teddybär hatte ihn immer daran<br />

erinnert. Ebenso hatte er den Teddybären geliebt, weil er ihn von einer Person<br />

geschenkt bekommen hatte, die er sehr mochte. <strong>Der</strong> Teddy war auch wie<br />

ein Video für Jack. Immer wenn er den Teddy anschaute, erinnert er sich an<br />

die guten und schlechten Zeiten im Waisenhaus.<br />

Carolyn Gläßer: Kapitel 7 25<br />

Carolyn Gläßer<br />

Kapitel 7<br />

Aus dem Buch von Jack:<br />

Ich weiß noch ganz genau, dass es ein Freitag war. Es hatte schon die ganze<br />

Woche geregnet, und wir konnten uns draußen nicht austoben. Also verging<br />

ein weiterer Tag in diesem farblosen, ungemütlichen Zimmer. Es war kalt –<br />

keine Heizung funktionierte.<br />

Dick in meine Decke eingemurmelt, beobachtete ich, wie der Regen leise an<br />

mein Fenster klopfte. Die Stimmung war angespannt! Kein Wunder, die ganze<br />

Woche konnte man nichts anderes tun als in die Schule zu gehen, zu essen,<br />

Hausaufgaben zu machen oder ein Buch zu lesen. Bei den Brettspielen wollen<br />

wir gar nicht erst anfangen! Mit diesen alten, vielleicht schon steinalten<br />

Brettspielen, mit denen wahrscheinlich schon Prinz Charles in seiner Kindheit<br />

gespielt hatte, wollte kein Kind spielen. Aus Angst ein Wort zu sagen, blieb<br />

uns nichts anderes übrig als zu schweigen. Uns allen fiel es schwer, denn wir<br />

wollten uns doch bewegen!<br />

Natürlich hatten wir auch einige Unruhestifter, wie den frechen Tommy und<br />

natürlich Jason, die sich an keine einzige Regel im Waisenhaus hielten.<br />

Die Betreuer interessierte das nicht sonderlich. Hinter ihrem Rücken konnte<br />

man alles anrichten. Und genau das wussten die beiden. Ich war ein Außenseiter<br />

mit nicht viel Selbstbewusstsein, muss ich zugeben. Unter meinem mangelnden<br />

Selbstbewusstsein litt ich sehr.<br />

Dauerhaftes Auslachen und Fertigmachen machten mich jeden Tag trauriger.<br />

Und jeden Tag verlor ich mehr und mehr von meinem Selbstbewusstsein. Ich<br />

verkroch mich schon in der kleinsten Ecke des Hauses, doch immer wieder lief<br />

es auf das Gleiche hinaus.<br />

Sie fanden mich überall. Sie konnten mich einfach nie in Ruhe lassen, genau<br />

wie heute. Ich versuchte, ihre ständigen Kommentare und Beleidigungen zu<br />

ignorieren, indem ich mich von den Unruhestiftern fern hielt und so tat, als<br />

wäre ich gar nicht in diesem Raum. Doch als einziger Außenseiter kann man

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