Erzähl mal! Der stille Zeuge - Literaturmachen
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46 <strong>Der</strong> <strong>stille</strong> <strong>Zeuge</strong><br />
Schränke mit Ordnern und Akten, vermutlich von den Kindern. Gegenüber<br />
der Tür war ein Fenster mit blutroten Vorhängen.<br />
Die Chefin sah ihn an, als würde sie ihn gleich anfallen wie ein Hund einen<br />
Hasen, weil er nicht antwortete.<br />
Als er diesen Blick spürte, sprach er erschrocken: „Herr Friedrich ist von der<br />
Bank und möchte mit Ihnen sprechen!“<br />
Sie wirkte leicht irritiert und bat den Mann von der Bank herein. Jack lief<br />
instinktiv hinterher, doch die Chefin knallte ihm die braune Holztür direkt<br />
vor der Nase zu.<br />
Jack wurde leicht wütend und wollte die Tür am liebsten auftreten oder dagegen<br />
klopfen. Doch er konnte sich beherrschen. Er legte sein Ohr an die<br />
braune Tür.<br />
Er hörte die Chefin mit ihrer Raben-ähnlichen Stimme wütend fragen: „Was<br />
wollen Sie von uns?“<br />
Die Stimme von Herrn Friedrich hörte sich leicht verängstigt an: „Ich<br />
komme wegen der Schulden, die Sie und das Waisenhaus haben, wissen Sie<br />
nicht mehr? Vor zwei Jahren haben Sie einen Kredit für den Ausbau des Waisenhauses<br />
bekommen. Doch ich sehe keine Veränderung. Die Rückzahlung<br />
ist übrigens auch schon zeit drei Monaten fällig. Wenn Sie der Rückzahlung<br />
nicht nachkommen, werden Sie eine Anzeige erhalten und das Waisenhaus<br />
muss eventuell geschlossen werden.“<br />
Die Chefin stand von ihrem roten Sessel auf und schrie Herrn Friedrich an:<br />
„Was soll aus den ganzen Kindern werden?“<br />
Sie versuchte Herrn Friedrich zu beeinflussen, obwohl ihr die Kinder egal<br />
waren. Doch dieser kuckte nur verdutzt und hob die Stimme an: „Die Kinder<br />
würden auf Familien verteilt werden, und außerdem denken wir, dass<br />
Sie die anderen Zuschüsse von unserer Bank nicht für das Wohl der Kinder<br />
ausgegeben haben!“<br />
Jetzt sah man der Chefin richtig an, dass sie stinksauer war: „Das muss ich<br />
mir doch nicht bieten lassen. Sie können nichts beweisen!“<br />
Herr Friedrich stand auf und ging in Richtung Tür. Er blieb an der Tür<br />
stehen und sagte: „Wir behalten Sie im Auge. Passen Sie auf, was Sie machen…“<br />
Die Chefin stand ebenfalls auf und zeigte mit ihrer alten Hand auf die Tür:<br />
„Ja, ja, gehen Sie jetzt bitte. Lassen Sie mich und das Waisenhaus in Frieden!“<br />
Jakob Seitz: Kapitel 11 47<br />
Als Herr Friedrich die Türklinke runterdrückte, rannte Jack schnell weg.<br />
Herr Friedrich ging schnellen Schrittes den Flur hinunter, vorbei an den<br />
Zimmern, raus auf den Hof zu seinem Auto. Er stieg ein. Währenddessen<br />
hörte man ihn sagen: „Haha, du wirst bald nicht mehr stehen!“<br />
Er meinte vermutlich das Waisenhaus. Wenn man durch die Fensterscheibe<br />
der Chefin kucken konnte, sah man, dass sie regelrecht ausrastete und Zeug<br />
durch die Gegend warf.<br />
Jack musste ein bisschen schmunzeln.