Pieks_2021_02_26
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kann sie schneller und effektiver bekämpfen“,<br />
sagt Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender der<br />
Stiftung Gesundheitswissen.<br />
IMMUNANTWORT ALS VORBILD<br />
Bei der Entwicklung von Impfstoffen haben<br />
Forscher sich genau diese überaus raffinierte<br />
Abwehrstrategie des Körpers zunutze gemacht.<br />
Die Schutzimpfung stellt eine Art Trainingslager<br />
für die Abwehrzellen dar. Das Immunsystem<br />
muss erst lernen, den Erreger zu bekämpfen. Suhr<br />
erklärt weiter: „Ein Impfstoff enthält einige<br />
Krankheitserreger oder deren Bestandteile zum<br />
Üben, damit das Immunsystem die passenden<br />
Antikörper bilden kann. Dringen später echte<br />
Mit dem <strong>Pieks</strong> erhält das<br />
Immunsystem die Anregung,<br />
Antikörper zu bilden<br />
Die Schutzimpfung ist eine Art<br />
Trainingslager für Abwehrzellen.<br />
Das Immunsystem muss erst<br />
lernen, einen Erreger richtig zu<br />
bekämpfen. Impfstoffe enthalten<br />
dafür eine Vorlage zum Üben.<br />
WISSEN<br />
Der Unterschied zwischen Viren und Bakterien<br />
Sowohl Viren als auch Bakterien können uns krank machen – das ist eine der wenigen Gemeinsamkeiten<br />
dieser unterschiedlichen Krankheitserreger. Die wichtigsten Unterschiede auf einen Blick<br />
Typ und Stoffwechsel Bakterien bestehen<br />
aus einer Zelle mit eigenem Stoffwechsel.<br />
Viele Bakterien werden durch eine Zellwand<br />
stabilisiert. Es gibt stäbchenförmige, runde,<br />
spiral- oder fadenförmige Bakterienarten.<br />
Viren hingegen haben keinen Stoffwechsel<br />
und sind somit auch keine Lebewesen; sie bestehen<br />
aus chemischen Verbindungen, einer<br />
Erbinformation und einer Eiweißhülle.<br />
Vermehrung Bakterien benötigen Nahrung<br />
und vermehren sich durch Zellteilung; Viren<br />
müssen eine fremde Zelle (Wirtszelle) befallen,<br />
um dieser ihre Erbinformationen weiterzugeben.<br />
Dadurch wird die befallene Zelle zur<br />
Reproduktion der Viren gezwungen.<br />
Krankheiten Bakterien verursachen zum<br />
Beispiel Lungen- oder Blasenentzündungen<br />
oder Lebensmittelvergiftungen. Wenn<br />
Bakterien die Blutbahn, die Hirnhäute<br />
oder das Herz befallen, können sich lebensbedrohliche<br />
Erkrankungen entwickeln.<br />
Viren verursachen beispielsweise Erkrankungen<br />
der Atemwege (Covid-19, Erkältung,<br />
Grippe). Aber auch Masern, Röteln und Mumps<br />
zählen zu den Viruserkrankungen. Einige<br />
Durchfallerkrankungen werden ebenfalls<br />
durch Viren ausgelöst. Wichtig: Antibiotika<br />
helfen nur gegen bakterielle Infektionen,<br />
aber nicht gegen Viren!<br />
Winzige Helfer Viren und Bakterien sind<br />
nicht nur gefährlich – unsere Gesundheit<br />
haben wir auch den Milliarden von Mikroorganismen<br />
zu verdanken, die uns besiedeln. Sie<br />
leben, wie andere winzig kleine Organismen,<br />
auf unserer Haut, im Mund und vor allem<br />
im Darm. Dort unterstützen sie uns bei der<br />
Verdauung und schützen uns sogar vor<br />
Krankheitserregern. Diese Lebensgemeinschaft<br />
nennen Experten das Mikrobiom.<br />
Erreger in den Körper ein, ist das Immunsystem<br />
bereits gut auf diese vorbereitet.“<br />
Als Lebend-Impfstoffe bezeichnen Mediziner<br />
Vakzinen, die abgeschwächte, aber lebende<br />
Krankheitserreger enthalten, sodass man in der<br />
Regel nicht erkrankt. Beispiele sind Impfstoffe<br />
gegen Masern, Mumps oder Windpocken.<br />
Tot-Impfstoffe dagegen enthalten inaktive Erreger<br />
oder sogar nur bestimmte Teile davon.<br />
Sie werden etwa gegen Keuchhusten, Kinderlähmung<br />
oder Grippe verwendet.<br />
Impfungen sind nur dann wirksam, wenn<br />
man sie vor einer potenziellen Erkrankung<br />
injiziert bekommt – nicht während man die<br />
Krankheit bereits durchmacht. Das liegt daran,<br />
dass es zwei Arten der Immunantwort gibt:<br />
die schon erwähnte angeborene (auch „unspezifische“<br />
genannt) und die erworbene („spezifische“)<br />
Immunantwort, wenn der Körper bereits<br />
auf einen Erreger trainiert ist.<br />
„Die unspezifische wirkt zwar sofort, ist aber<br />
nicht so präzise. Sie kann in vielen Fällen den<br />
Erreger abwehren, aber wenn er die Schutzbarriere<br />
durchbrochen hat, muss eine spezifische<br />
Immunantwort dafür sorgen, dass der Erreger<br />
bekämpft wird“, sagt Professor Ulf Dittmer,<br />
Chefvirologe am Uni kli nikum Essen. Die erworbene<br />
Immun antwort brauche beim Erstkontakt<br />
mit einem Erreger ein bis zwei Wochen, bis sie<br />
überhaupt gebildet werde. „Das erklärt, warum<br />
Impfstoffe in der Regel nicht therapeutisch eingesetzt<br />
werden können, sondern vorbeugend“,<br />
sagt der Virologe. Kommt der Erreger dann ein<br />
zweites Mal, reagiert das Immunsystem dank<br />
der erworbenen Immunantwort schneller.<br />
Einmal in den Oberarm injiziert, können<br />
Impfstoffe zwei verschiedene Arten von<br />
Immunantworten auslösen: Antikörper sowie<br />
T-Zellen. Dittmer erklärt: „Antikörper können<br />
Viren neutralisieren, indem sie sich an die<br />
Virus oberfläche binden und sie so daran hindern,<br />
zu funktionieren und die nächste Zelle zu<br />
infizieren. T-Zellen, auch Killer-T-Zellen genannt,<br />
erkennen virusinfizierte Zellen und töten<br />
diese ab. Dadurch wird verhindert, dass sich<br />
das Virus weiter vermehrt.“<br />
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