Pieks_2021_02_26
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CORONA ∙ IMPFPFLICHT<br />
Zwang durch<br />
die Hintertür<br />
Eine staatliche Pflicht zum Impfen ist eher unwahrscheinlich.<br />
Aber ist es rechtlich und moralisch vertretbar und gesellschaftlich<br />
sinnvoll, Geimpften Vorteile gegenüber Nichtgeimpften einzuräumen?<br />
Welche Argumente in der Debatte eine Rolle spielen<br />
FOTO: ADOBE STOCK, GETTY IMAGES (2), REINER ZENSEN<br />
Text: Verena Fischer<br />
Derzeit ist der Impfstoff knapp und<br />
die Anzahl Geimpfter entsprechend<br />
gering. Und doch werden bereits hitzige<br />
Debatten darüber geführt, ob Geimpfte<br />
Vorteile gegenüber Nichtgeimpften erhalten<br />
sollen. Können wir in Zukunft einen Impfausweis<br />
als Eintrittskarte zurück in die Normalität<br />
verlangen? „Ich glaube, wir können nicht nur,<br />
wir müssen teilweise sogar“, argumentiert Steffen<br />
Augsberg, Professor für Öffentliches Recht und<br />
Mitglied des Deutschen Ethikrats. Der Experte<br />
weist auf die prekäre Lage vieler Unternehmer<br />
hin, die seit Monaten keine Einnahmen haben:<br />
„Nehmen Sie die Situation kleiner Theater oder<br />
Restaurants. Für die macht es einen ganz erheblichen<br />
Unterschied, wenn alle, die da sitzen,<br />
geimpft und damit mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
nicht infektiös sind. Dann müssen entsprechende<br />
Sicherheitsmaßnahmen auch nicht aufrechterhalten<br />
werden. Das kann für den Unternehmer<br />
ein großer Vorteil sein“, erklärt er.<br />
PROF. DR. STEFFEN AUGSBERG<br />
Professor für<br />
Öffentliches Recht<br />
Steffen Augsberg lehrt an der Justus<br />
LiebigUniversität Gießen und<br />
ist Mitglied des Deutschen Ethikrats.<br />
Im akademischen Jahr 2019/20 war<br />
er Fellow am AlfriedKruppWissenschaftskolleg<br />
in Greifswald.<br />
Für Augsberg stellt sich eher die Frage, in<br />
welchen Bereichen eine Differenzierung sinnvoll<br />
ist und in welchen nicht. „Im öffentlichen<br />
Nahverkehr ist es bestimmt besser, wenn alle<br />
eine Maske tragen“, sagt er. „Einfach weil es für<br />
Verunsicherung sorgt, wenn einige ungeschützt<br />
auftauchen.“ Aber die Möglichkeit, dass Geimpfte<br />
ansonsten gewisse Freiheiten genießen,<br />
also wieder bestimmte Freizeit- oder berufliche<br />
Aktivitäten aufnehmen können, ist für ihn<br />
kein No-Go: „Im Gegenteil, da müssen wir<br />
dann nach und nach Lockerungen vornehmen.“<br />
DROHT DIE IMPFKLASSENGESELLSCHAFT?<br />
Wenn Geimpfte Sonderrechte bekommen,<br />
gleiche das einer Impfpflicht durch die Hintertür,<br />
halten Kontrahenten dagegen. Sie befürchten,<br />
dass Ungleichbehandlungen aufgrund des<br />
Impfstatus Deutschland in eine Zweiklassengesellschaft<br />
verwandeln könnten. Ist eine solche<br />
Ungleichbehandlung fair? Und wie kann<br />
sie überwacht werden? Vor allem polizeiliche<br />
Kontrollen sind dabei sicher problematisch.<br />
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