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Pieks_2021_02_26

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60 bis 70 Prozent<br />

der Bevölkerung<br />

müssen geimpft<br />

sein, um eine<br />

Herdenimmunität<br />

zu erreichen<br />

Vermehrungsprogramm – genau das macht sie<br />

so gefährlich. Das mögen die Viren, denn dadurch<br />

können sie sich in dieser Umgebung auch<br />

schneller vermehren“, erklärt Dittmer weiter.<br />

GENTECHNIK BEI HARMLOSEN VIREN<br />

Einen ähnlichen Trick nutzt etwa der Corona-<br />

Impfstoff des Herstellers AstraZeneca. Er<br />

verwendet harmlose Adenoviren als Transportmittel.<br />

„Gentechnisch wird ein Stück des SARS-<br />

CoV-2- Virus in die Adenoviren eingebaut. Wir<br />

impfen also mit einem harmlosen Virus, das<br />

dann eine Immunantwort auslöst. Die richtet<br />

sich auch gegen das gefährliche Coronavirus,<br />

weil ja ein Stück davon im Virus eingebaut<br />

wurde“, erklärt der Virologe. Vektor-Impfstoff<br />

nennt sich diese Art Vakzine.<br />

Grundsätzlich wird Impfen vor allem gegen<br />

Viren eingesetzt. Das Prinzip wirkt aber auch<br />

gegen einige durch Bakterien verursachte<br />

Krankheiten, zum Beispiel Tetanus, Diphtherie<br />

oder Keuchhusten. Gegen die meisten Bakterien<br />

wird allerdings nicht präventiv, sondern<br />

WORT DES JAHRES?<br />

Herdenimmunität<br />

kann schützen<br />

Wir begegnen ständig Viren und Bakterien,<br />

die hoch ansteckende und teilweise<br />

lebensbedrohliche Krankheiten auslösen<br />

können. Gegen manche Erkrankungen<br />

kann man sich mittels einer Impfung<br />

schützen. Wenn nur wenige Menschen<br />

geschützt sind, haben hoch ansteckende<br />

Krankheiten (etwa Masern) leichtes<br />

Spiel. Sie können sich dann rasend schnell<br />

verbreiten. Je mehr Menschen geimpft<br />

oder durch eine überstandene Erkrankung<br />

immun sind, desto weniger können sich<br />

anstecken. Man spricht dann von Herdenimmunität.<br />

Dabei schützen Geimpfte<br />

nicht nur sich selbst, sondern auch andere<br />

Menschen, vor allem „schwächere“,<br />

etwa Babys oder Menschen, deren Immunsystem<br />

nicht gut funktioniert.<br />

Grippeschutzimpfungen<br />

sind jährlich<br />

notwendig, weil<br />

Influenza viren mutieren<br />

und der Impfstoff angepasst<br />

werden muss.<br />

bei einer akuten Erkrankung mithilfe von<br />

Antibiotika vorgegangen.<br />

Für den Aufbau eines langfristigen Impfschutzes,<br />

der Grundimmunisierung, sind<br />

in vielen Fällen mehrere Impfungen nötig. Bei<br />

einigen Impfungen hält der Schutz dann ein<br />

Leben lang (Beispiel: Humane Papillomviren,<br />

kurz HPV). Andere hingegen müssen in zeitlichen<br />

Abständen aufgefrischt werden. Dadurch<br />

wird sozusagen die Erinnerung an den Erreger<br />

im Immunsystem aufrechterhalten. Tetanus<br />

und Keuchhusten zum Beispiel müssen alle zehn<br />

Jahre aufgefrischt werden.<br />

Viel öfter ist dies bei der Grippeschutzimpfung<br />

notwendig. Sie muss jedes Jahr verabreicht<br />

werden. Der Grund: Die Influenzaviren<br />

mutieren ständig. Deswegen ist es nötig, den<br />

Impfstoff jedes Jahr neu an die Mutanten<br />

anzupassen – die körpereigene Abwehr muss<br />

eine neue Reaktion trainieren.<br />

Wie lange der Impfschutz gegen SARS-CoV-2<br />

anhalten wird, lässt sich derzeit noch nicht<br />

abschätzen. Mediziner vermuten aber, dass ein<br />

Covid-19-Impfstoff regelmäßig geimpft werden<br />

muss – ähnlich wie bei Grippe. Angesichts<br />

der bereits registrierten Coronavirus-Mutanten<br />

erscheint das durchaus plausibel.<br />

Neben den aktiven Impfungen gibt es die<br />

Möglichkeit einer passiven Immunisierung.<br />

Ziel ist dabei, einen sofortigen Schutz aufzubauen,<br />

und zwar dann, wenn der Patient<br />

akut erkrankt ist. Der Arzt spritzt Antikörper,<br />

sodass das Immunsystem nicht erst lernen<br />

muss, wie es diese selbst bildet. Die Antikörper<br />

stammen in der Regel von Menschen, die etwa<br />

durch eine Schutzimpfung gegen die Krankheit<br />

immun sind. „Eine passive Impfung wird<br />

verabreicht, wenn der Körper bereits durch<br />

einen gefährlichen Erreger infiziert ist, etwa bei<br />

Tollwut durch einen Hundebiss. Diese Impfung<br />

wirkt schnell, hält aber nicht lange an, da das<br />

Immunsystem kein Gedächtnis ausbildet und<br />

sich die gespritzten Antikörper im Blut wieder<br />

abbauen“, sagt Ralf Suhr.<br />

DIE NEUE METHODE MIT BOTEN-RNA<br />

Die seit Dezember (Biontech/Pfizer) beziehungsweise<br />

Anfang Januar (Moderna) in<br />

Deutschland zugelassenen Covid-19-Impfstoffe<br />

funktionieren nach einem anderen – und<br />

ganz neuen – Prinzip. Bei diesen mRNA-Impfstoffen<br />

werden keine abgeschwächten oder<br />

toten Krankheitserreger oder deren Bestandteile<br />

(Antigene) benötigt, um im Körper eine Immunreaktion<br />

hervorzurufen. Vielmehr werden<br />

den menschlichen Zellen Teile der Erbinformation<br />

des Virus geliefert, die als Boten-RNA<br />

gespeichert sind, auf Englisch Messenger-RNA,<br />

kurz mRNA. Solche mRNA-Baupläne werden<br />

in den körpereigenen Zellen benutzt, um Proteine<br />

zu bilden. Der Impfstoff bewirkt den Bau<br />

eines Coronavirus-Bestandteils, nämlich des<br />

stacheligen Spike-Proteins an dessen Oberfläche.<br />

Darauf reagiert das Immunsystem und<br />

erlernt eine Abwehrmethode: Kommt später das<br />

echte Virus in den Körper, blockieren Antikörper<br />

seine Oberfläche und damit seine Funktion.<br />

Ein großer Vorteil der mRNA-Impfstoffe: Sie<br />

lassen sich binnen weniger Wochen an Mutationen<br />

eines Virus anpassen; auch eine erneute<br />

Zulassung mit vollem Erprobungsprogramm<br />

ist dann nicht erforderlich. So hat sich das<br />

stachelförmige Spike-Protein an der Oberfläche<br />

des Coronavirus bereits bei Mutationen<br />

aus Großbritannien, Südafrika und Brasilien<br />

verändert und ist ansteckender geworden.<br />

Bislang funktionieren die Impfstoffe dennoch,<br />

aber wenn die Veränderung zu groß ist, könnte<br />

man das veränderte Virus-Erbgut relativ leicht<br />

in eine neue mRNA-Impfstoffvariante einbauen<br />

und so die Wirksamkeit sichern.<br />

Unter Medizinern ist die Hoffnung groß,<br />

dass die mRNA-Methode in naher Zukunft<br />

Basis für Impfstoffe sein kann, die weitere<br />

Krankheiten eindämmen. Ganz oben auf der<br />

Liste: Krebs.<br />

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