Pieks_2021_02_26
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WISSEN ∙ MEDIKAMENTE<br />
viele, und sie sind überall: Mikroben bevölkern<br />
die Erde, die Luft, das Wasser, Pflanzen und<br />
uns Menschen. 100 Billionen der Mini lebewesen<br />
besiedeln allein unseren Körper. Manche<br />
Mikroorganismen stärken unsere Gesundheit,<br />
andere machen krank. Robert Koch entdeckte<br />
im 19. Jahrhundert, dass Mikroben die Ursache<br />
für Infektionskrankheiten sind.<br />
Häufige Vertreter der Mikroben sind<br />
Bak te rien oder Viren. Bakterien sind uralt, viele<br />
leisten gute Dienste: im Darm, im Mund, auf<br />
der Haut. Nur etwa ein Prozent aller Bakterien<br />
verursachen, wenn sie in den Körper eindringen,<br />
Krankheiten wie Durchfall, Abszesse,<br />
Lungenentzündung, Scharlach, Tuberkulose<br />
oder Harnwegsinfekte. Bakterielle Infektionskrankheiten<br />
lassen sich wirksam mit Antibiotika<br />
behandeln. Sie zerstören die Zellwand der<br />
Bakterien oder deren Zellstoffwechsel. Die Keime<br />
sterben ab, das Problem ist gelöst. Aber eben<br />
nur bei Bakterien. Und nur, solange die nicht<br />
resistent gegen die Antibiotika geworden sind.<br />
VIREN – KLEIN UND ÜBERALL<br />
Viel komplizierter ist das bei Viren. Sie sind<br />
noch viel kleiner als Bakterien. Auch sie sind<br />
viele und nahezu überall. Bisher galten die<br />
meisten Viren vor allem als Auslöser von Erkältungen.<br />
Einige Viren verursachen aber auch<br />
schwere, teilweise lebensbedrohliche Krankheiten<br />
wie Hepatitis, Masern, Aids oder Gebärmutterhalskrebs.<br />
Hinzu kamen in den jüngsten<br />
100 Jahren einige Krankheiten, die durch Viren<br />
verursacht werden, welche eigentlich aus der<br />
Tierwelt stammen.<br />
Dass diese Erreger nun auch unser Leben<br />
empfindlich stören, haben wir mitverschuldet.<br />
Mit der Globalisierung, dem Klimawandel<br />
und der intensiven Bewirtschaftung dringt der<br />
Mensch in fremde Lebensräume ein – Viren<br />
können so vermehrt von einem tierischen Wirt<br />
auf den Menschen übertreten. Das war bei Aids,<br />
Ebola, SARS, MERS und Zika so. Und nun bei<br />
SARS-CoV-2. Das Virus stammt vermutlich<br />
aus asiatischen Fledermäusen und wurde auf<br />
einem chine sischen Markt auf den Menschen<br />
übertragen. Die genaue Ursache des Ausbruchs<br />
und die Abläufe danach versuchen Experten der<br />
WHO zu ermitteln.<br />
Unsere Waffen gegen Viren, also antivirale<br />
Arzneien, sind Mangelware. Denn Viren sind<br />
schwer zu fassen. Sie haben keine eigene Zellwand,<br />
keinen eigenen Stoffwechsel. Sie haben<br />
nur ihr Erbmaterial. Um sich zu vermehren,<br />
dringen sie in Wirtszellen ein, platzieren dort<br />
ihren genetischen Bauplan und sorgen so dafür,<br />
dass die Wirtszelle haufenweise neue Viren<br />
erzeugt – was die Wirtszelle letztlich tötet.<br />
Viren ändern ihr Erbgut oft, sie mutieren.<br />
Antivirale Präparate bekämpfen dann vielleicht<br />
eine Virusvariante effektiv, die nächste aber<br />
schon nicht mehr. „Das ist der Grund, warum es<br />
jedes Jahr einen neuen Impfstoff gegen die echte<br />
Grippe gibt“, erklärt Dr. Martin Bachmann,<br />
Chefarzt der lungenfachärztlichen Intensivmedizin<br />
des Asklepios-Klinikums Hamburg-<br />
Harburg. „Influenzaviren verändern ihr<br />
Äußeres saisonal, der Impfstoff aus dem letzten<br />
Winter taugt im nächsten nichts mehr.“<br />
Impfungen sind eine Möglichkeit, Viren<br />
schon vor einer Erkrankung zu bekämpfen:<br />
Sie trainieren das körpereigene Immunsystem<br />
vor einer Infektion, sodass es bereits weiß, wie<br />
es die Antikörper bildet, mit denen sich ein<br />
Virus bekämpfen lässt (siehe Seite 38). Doch<br />
wenn ein Mensch erst an einem Virus erkrankt<br />
ist, wird die Behandlung schwieriger. „Gegen<br />
die meisten Viruserkrankungen existiert<br />
kein Medikament, das die Erreger direkt<br />
zerstört“, sagt der Experte aus Hamburg. „Hat<br />
SARS-CoV-2 einmal im Körper eine Infektion<br />
ausgelöst, kann es nur durch die körpereigene<br />
Abwehr erfolgreich bekämpft werden.“<br />
Covid-19 lässt sich daher derzeit lediglich<br />
symptomatisch behandeln.<br />
Die meisten Viren wehrt der gesunde Körper<br />
selbst ab: Das Immunsystem erkennt die Erreger<br />
als bedrohlich und produziert Antikörper,<br />
um die Eindringlinge unschädlich zu machen.<br />
Manchmal reicht das aber nicht – die Viren<br />
vermehren sich im Körper und richten spezifische<br />
Schäden an. Prinzipiell gibt es nur einige<br />
wenige sogenannte Virostatika, die diese Pro-<br />
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