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UNDERDOG #68

Schwerpunkt: Punk at the Movies

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verneinen. Angesteckt durch die Do-ityourself-Haltung

des Punkrock

experimentierten junge Künstler*innen

mit Film-, Musik- und Performance-

Elementen und formierten so den

deutschen Underground. Vor allem in

Westberlin, aber auch in Bonn oder

Düsseldorf traf Punk auf Kunst, Dada auf

B-Horror und Protest auf Unsinn.

Die teilweise sehr seltenen Beiträge von

»Normalzustand« beweisen zwei Dinge

zweifellos: Erstens waren die Achtziger

eine großartige Zeit für Kunst- und

Filmexperimente. Und zweitens braucht

man nichts weiter als ein paar

Freund*innen, eine Super 8-Kamera und

eine Idee, um diese in die Tat

umzusetzen.

Die Punkbewegung in Deutschland war

auch eine Filmbewegung. Ab den späten

70er Jahren formierten sich von

Bielefeld, Bonn und Düsseldorf bis Westund

Ostberlin lokale Filmszenen. Super-

8, ein Schmalfilmformat für den

Hausgebrauch, spielte in dieser

Entwicklung eine entscheidende Rolle.

Es war ebenso günstig in der

Anschaffung wie einfach in der

Bedienung und fand dementsprechenden

Anklang. In Westberlin entstanden bald

alternative Kinos, die sich auf Super-8

und andere experimentelle Formate

spezialisierten. Der eigentliche Ort der

alternativen Filmformen blieb jedoch der

zwanglosere Kontext der Bars und

Musikclubs. Im SO36, dem damals

polemisch diskutierten und umkämpften

Ort der Westberliner Punk- und

Anarchoszene, organisierte Martin

Kippenberger 1979 das N.Y. Narrativ

Film Festival, über das Kontakte mit der

New Yorker Underground Filmszene

geknüpft wurden. Die Ausstellung vereint

eine Auswahl von Underground-Filmen

aus Deutschland und den Vereinigten

Staaten aus den späten 70er bis 90er

Jahren und somit aus zwei Szenen, die

sich trotz gemeinsamer Feindbilder

(allen voran die Mainstream

Filmproduktion) stark voneinander

unterscheiden. Auf beiden Seiten des

Atlantiks bediente man sich bei den

unterschiedlichsten Genres wie dem

Amateurfilm, dem HomeMovie und dem

Horror- und Experimentalfilmgenre. US-

Produzent*innen wie Nick Zedd konnten

zudem auf eine mehrere jahrzehntealten

amerikanischen Underground-

Filmtraditionen zurückgreifen, deren

Hang zum Camp sie zu neuen absurden

Höhen trieben.

Yana Yo drehte 1981 ihren ersten Super-

8-Film „Pommes Frites statt Körner“. In

diesem experimentellen Kurzfilm (7

Minuten) skizziert Yana die

klaustrophobische „Inselstadt“ West-

Berlin. In ihrem Film jagt eine in Leder

gekleidete junge Frau die Berliner Mauer

entlang. Ihre Schritte haben weder

Zweck noch Ziel. Das Rennen durch eine

Stadt, die von der Berliner Mauer

umgeben ist, wird zu einem absurden

Akt, weil die Endstation immer ein mit

Graffiti besprühter Betonstreifen sein

wird.

Darauf folgte 1981 der Kurzfilm

„Normalzustand“. Zum Rhythmus der

Musik von Fehlfarben und deren Song

„Apokalypse“ schneidet Yana Yos Super-

8-Film Normalzustand fahrende Panzer,

Nahkampfszenen, Supermarktregale,

einen brennenden Dummy aus Plastik,

dazwischen verrissene Bilder nächtlicher

Straßen. Der Film funktioniert wie ein

Videoclip zum Katastrophensong von

Fehlfarben, in dem es im Refrain heißt:

„Ernstfall – es ist schon längst so weit.

Ernstfall – Normalzustand seit langer

Zeit“. Auffällig ist die Überlichtung. „Die

Konturen der vom Fernseher abgefilmten

Szenen verlieren sich immer wieder in

hohem Kontrast in zu hellen Flächen,

entwerfen eine Ästhetik, die typisch für

die frühen 1980er Jahre erscheint und

deren technische Grundlage oft im

mehrfachen Kopieren analogen

Videomaterials lag, oder eben in der

falschen Belichtung des Super-8-

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