UNDERDOG #68
Schwerpunkt: Punk at the Movies
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Betrachtest du Film als subversive
Kunst? Wie „subversiv“ kann Kino
heute noch sein?
Für mich bedeutet subversive
Kunst eine Form der Zerstörung von
Sehgewohnheiten, um neue Sichtweisen
zu erschaffen. Film als Teil der Künste
kann ebenso wie Literatur oder Malerei
dazu beitragen, Ungewöhnliches zu
vermitteln oder Wissen völlig neu zu
präsentieren. Das umfasst auch politisch
heikle Fragen und das vorurteilsfreies
Betrachten sozialer, politischer und
ökonomischer Realitäten. Gerade habe
ich z.B. eine neue Doku auf ARTE
gesehen: „Unterm Radar“ zum Thema
„Wege aus der digitalen Überwachung“,
auf die ich aufmerksam geworden bin,
weil mein Sohn Rubin den Filmton dafür
gemacht hat. Diese Themen finde ich
momentan sehr interessant, weil sie sich
mit der Unterwanderung eines alles
beherrschenden Systems befassen.
Subversion 2.0.
»Alles roch nach Untergang,
Rebellion und Aufbruch.«
In Düsseldorf war es die Nähe
zwischen Kunsthochschule und dem
Ratinger Hof, in Berlin der Einfluss
von Punk auf die JUNGEN WILDEN.
Unter dem Begriff der „Neuen
Wilden“ oder auch „Jungen Wilden“
wird im Allgemeinen die deutsche
neoexpressive Kunst der 1980er
Jahre zusammengefasst, die sich in
Berlin, Hamburg und Köln zentrierte.
Findest du dich da wieder?
Anfang der 1980er Jahre habe ich
mich selbst unter dem Label der „Jungen
Wilden“ verortet, da ich bei Helmut
Middendorf einen Super 8-Kurs belegte
und bei Karl-Horst Hödicke studierte, der
als „Vater der Jungen Wilden“ galt. Dies
und viele Kontakte zu dieser Szene z. B.
im „Exil“ haben mich damals sehr
beeinflusst. Ebenso meine Besuche im
„Ratinger Hof“ und bei Düsseldorfer
Künstler*innen und Musiker*innen. Die
Kölner*innen habe ich erst nach meinem
Umzug 1989 nach Köln kennengelernt,
da waren sie schon Legende.
Meine ersten Filme wurden dann auch
durch Teilnahme an einigen
Ausstellungen Anfang der 1980er Jahre
(„Im Westen nichts Neues“, „Volkskunst“
und „Berlin Notes“) in diesen „Jungen
Wilden“-Kontext gebracht.
Für meine Soloausstellung in Hannover
1983 in der Galerie Odem wurde ich in
der Zeitung ebenso als „Junge Wilde“
angekündigt. Dennoch gehörte ich
eigentlich zur darauf folgenden
Generation, die nicht mehr in dem Maße
vom Hype berührt war wie die
sogenannten „Moritzboys“ 2 , die
„Mühlheimer Freiheit“ 3 und die
Düsseldorfer*innen und
Hamburger*innen. Der Zug war schon
abgefahren, bevor ich mit dem Studium
1984 fertig war.
Was war denn für dich Anfang der
80er Jahre in West-Berlin in dieser
Hinsicht besonders reizvoll?
Diese „Alles ist erlaubt“-
Atmosphäre kam mir damals wie ein
Versprechen der Freiheit vor. Ich war
Anfang 20, studierte nach einer
Buchhändlerlehre in der Provinz endlich
Kunst und durfte in der großen Stadt
machen, was ich wollte. Alles roch nach
Untergang, Rebellion und Aufbruch und
brach mit meinen bisherigen Seh- und
Hörgewohnheiten. Mein Leben war so
2 Rainer Fetting, 1949 in Wilhelmshaven geboren,
studierte wie Yana Yo an der Hochschule der Künste
in Berlin und war Ende der 1970er Jahre
Mitbegründer und Protagonist der Galerie am
Berliner Moritzplatz. Diese wurde von einer Gruppe
junger Künstler*innen gegründet, die unter dem
Begriff „Neue Wilde" oder auch „Moritzboys“
bekannt wurden. Ihre Malerei war emotional und
direkt, heftig und sehr farbig und vor allem:
gegenständlich.
3 1979-84 bestehende Gruppe neoexpressionistischer
Maler, die international erfolgreich war. Der Name
geht auf den Gründungsort, ein Hinterhofatelier im
Kölner Stadtteil Mülheim mit der Adresse Mülheimer
Freiheit zurück.
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