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UNDERDOG #68

Schwerpunkt: Punk at the Movies

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unzählige weitere Einflüsse, von der

Punk-Musik über Avantgardefilme und

Punk-Design bis zur Performance-Kunst.

Helmut Middendorf zeigte uns, einer

kleinen Gruppe von Hödicke-

Student*innen an der Hochschule

unzählige Klassiker des Avantgardefilms,

von den 1920er -1960er Jahre. Diese

Filme haben mich sehr inspiriert, vor

allem Vertov, Richter, Eggeling, Man Ray

und später Kenneth Anger, Warhol und

Yoko Ono und auch neue

Experimentalfilme wie Christoph Drehers

„Okay, okay, Der moderne Tanz“. 5

Punk-beeinflusste Kunst und Kunstbeeinflusster

Punk bündelten eine

Reihe von Aspekten innerhalb des

Arbeitsprozesses in der Punk- und

Kunstgeschichte. Welche Aspekte

waren das bei dir?

Gesellschaftskritik war ein

wichtiger Aspekt, Offenheit in der Kunst

und Unabhängigkeit ebenfalls. Auch

dieser Spruch von Herbert Achternbusch

„Du hast keine Chance, aber nutzte sie“

hat mich geprägt. Aus heutiger Sicht

habe ich einfach den Freiraum genutzt,

den die damalige Melange aus Artschool,

Street fighting, Mauerstadt und DIY bot.

Es war nicht schwierig, Orte für die

Aufführungen von Super-8-Filmen zu

finden. Sie wurden von keiner Instanz

oder Zensur kontrolliert. Padeluun hat

für die Tour„Alle Macht der Super 8“

damals keinen einzigen Film abgelehnt,

der eingereicht wurde.

Er hatte viele Original-Filmspulen im

Gepäck, die sich während der Tour

allmählich auf maroden Projektoren

5 Noch zu seiner Zeit als Filmstudent realisierte

Christoph Dreher seit 1979 einige audiovisuelle

Musikvideos für seine Postpunk-/Postrock-Band Die

Haut (Der Karibische Western) und Nick Cave

(Tupelo, The Singer und Mercy Seat), der Film OK

OK – Der Moderne Tanz (zusammen mit Heiner

Mühlenbrock), die Found-Footage-Studie

Commercial – 40 One-Minute-Adventures in the

World of TV (mit Gusztav Hamos) sowie das

Spielfilm-Treatment Die Legionäre (mit Ellen El

Malki).

verschlissen haben. Ebenso haben wir

selbst bei den vielen Aufführungen in

Berlin unsere Filme auf alten Projektoren

geschreddert. Es ging aber auch genau

um diese Dekadenz. Nichts war für die

Ewigkeit gedacht. Unabhängigkeit und

das Leben im Jetzt waren wichtige

Aspekte.

Du wolltest mit POMMES FRITES

STATT KÖRNER in 5 Minuten 15

Minuten Länge Aspekte von

Konsumkritik bis Kriegsangst

aufgreifen. Wie ist dir das gelungen?

Es war mein erster Film, und

Gesellschaftskritik fand noch eher auf

abstrakter und persönlicher Ebene statt.

Es war meine eigene Sicht auf die

Mauerstadt, Brandmauern und

Abrissgebäude inbegriffen. Pommes aß

ich vorzugsweise nachts um vier Uhr in

der „Futterkrippe“ nach Besuch des

„Risiko“.

„Pommes Frites statt Körner“ stand

ursprünglich auf dem Badge, den ich

selbst gebastelt und auf meiner Jacke

installiert hatte, zusammen mit einem

Wurst-Badge. Das war eine dünne

Scheibe Salami, die schon nach ein paar

Tagen in allen Regenbogenfarben

schillerte und viele Menschen auf

Distanz hielt. Es war zugleich auch eine

Rebellion gegen meine Alternativen-ÖKO-

Vergangenheit.

Der Lauf an der Mauer entlang war

Ausdruck von ungezähmter Energie, aber

auch von einem Rennen im Kreis in

dieser Inselstadt, wo jede

Himmelsrichtung Osten war.

Etliche Jahre später gab es übrigens eine

sehr ähnliche Szene in „Lola rennt“, die

dann einer spiralförmigen Struktur folgt.

Manches wurde auch Zwängen

unterworfen und musste dadurch

verändert werden. Nach dem Erscheinen

der DVD „Alle Macht der Super 8“

schickte mir ein Musikwissenschaftler

vom anderen Ende der Welt eine Mail, in

der er mich fragte, ob die Musik zum

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