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Blickpunkt Musical 02-23 - Ausgabe 122

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<strong>Musical</strong>s in Deutschland<br />

Abb. unten von oben links:<br />

1. Pippin (Gero Wendorff) und die<br />

Prinzipalin (Kerry Jean) bereiten sich<br />

auf ›Ruhm und Ehre‹ vor<br />

2. Karl (Marcus Günzel) und<br />

Fastrada (Silke Richter) – er will<br />

seine Ruhe und sie die Macht für<br />

ihren Sohn Ludwig<br />

3. Pippin (Gero Wendorff, Mitte<br />

und Ensemble) – die Versuchung ist<br />

überall – aber erfüllt sie ihn auch?<br />

4. Nachdem Pippin (Gero Wendorff,<br />

Mitte) seinen Vater erdolcht hat,<br />

übernimmt er die Herrschaft, links<br />

Fastrada (Silke Richter), rechts die<br />

Prinzipalin (Kerry Jean)<br />

(Fotos (4): Pawel Sosnowski<br />

Nur eine weitere Figur macht eine ähnliche Wandlung<br />

durch: die junge Witwe Katharina. Von der<br />

Darstellerin, die widerwillig von der Prinzipalin in die<br />

Szene mit Pippin geschickt wird und lustlos »abliefert«,<br />

zur liebenden Gefährtin Pippins ‒ Sybille Lambrich<br />

verkörpert die alleinerziehende Mutter mit viel Wärme<br />

und schöner Stimme und harmoniert hervorragend mit<br />

Gero Wendorff.<br />

Ihr Sohn Theo wird an der Premiere von Mathilda<br />

Steinacker burschikos und mit viel Talent gespielt. Ein<br />

Extra-Bravo für die Schlussszene, in der sie allein im<br />

Vordergrund steht und singt (›Theos Platz‹).<br />

Pippins Vater (Marcus Günzel) beeindrucken dessen<br />

Bemühungen nicht groß. Überhaupt fragt man sich, ob<br />

dieser König Karl von irgendwas wirklich beeindruckt<br />

ist. Eigentlich will er irgendwie nur seine Ruhe vor<br />

seiner Frau Fastrada haben. Diese wird wunderbar verkörpert<br />

von Silke Richter. Ihr Lebensziel besteht einzig<br />

darin, ihren brutalen und stumpfsinnigen Sohn Ludwig<br />

(Sascha Luder) zum König zu machen – und ihr Konto<br />

zu überziehen. Mit ihrer Präsenz, Stimmgewalt und<br />

schauspielerischen Pointiertheit hat Silke Richter den<br />

Hof und die Bühne in ihrer Hand und lässt sich von<br />

niemandem ihren Platz streitig machen.<br />

Überhaupt gehört der Abend den Mutter- bzw. Großmutterfiguren.<br />

Wenn Bettina Weichert als Pippins Großmutter<br />

Bertha ihre Hymne an das Leben (›Zeit zu Leben‹)<br />

schmettert und schließlich sogar als Rollkunstläuferin<br />

über die Bühne fegt, dann bleibt kein Zuschauender<br />

ruhig. Ihren Stoßseufzer über ihre zwar noch immer<br />

vorhandene Libido, aber die damit verbundenen altersbedingten<br />

Einschränkungen und Enttäuschungen (»Doch<br />

es kommt beim Verkehr zu einem Zwischenfall, nennt er<br />

mich dann zärtlich Oma«), kann man einfach nicht ohne<br />

lautes Lachen erklingen lassen. Beim Schlussapplaus wird<br />

sie zu Recht gefeiert und mit Bravorufen bedacht.<br />

Sicher ist nicht alles neu, was das Publikum zu sehen<br />

bekommt. Doch es ist frisch und mit viel Handwerk<br />

und Freude auf die Bühne gebracht. Und vielleicht ist es<br />

gerade das, was man gern wieder häufiger sehen möchte.<br />

Auch wenn Dresden sicher für die meisten nicht<br />

der nächste Weg ist, wird unbedingt empfohlen, diesen<br />

auf sich zu nehmen und sich »Pippin« anzusehen. Man<br />

würde sonst etwas verpassen.<br />

Bianca Berndt-Patschank<br />

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blickpunkt musical <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>3

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