Blickpunkt Musical 02-23 - Ausgabe 122
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<strong>Musical</strong>s in Österreich<br />
wurden aber beim Ensemble mitunter sehr freigeistig in<br />
dieser Stilistik umgesetzt, während bei den Hauptfiguren<br />
eine klarere Linie verfolgt wurde. Insbesondere Venus<br />
verkörpert in ihren unterschiedlichen Outfits genau das,<br />
was damals eine Diva ausgemacht hat.<br />
Für Dionne Wudu – optisch eine wunderschöne<br />
Venus – scheinen die Lieder ein Leichtes zu sein. Ihr<br />
›Ich fühle mich fremd in dieser Welt‹ ist nur eins der<br />
musikalischen Highlights des Abends. Für die Interpretation<br />
der Göttin der Liebe würde man sich allerdings<br />
noch etwas mehr Erotik und weniger Hang zur Ironie<br />
wünschen. An ihrer Seite hat es Christof Messner es als<br />
Rodney schwer, zumal seine Rolle des völlig harmlosen,<br />
einfach gestrickten Friseurs blass bleiben musste. Mit dem<br />
Klassiker ›Sprich leise‹ können er und Dionne Wudu das<br />
Publikum dennoch begeistern. Nach kleinen Anfangsschwierigkeiten<br />
hat es Ivan Oreščanin (Whitelaw Savory)<br />
deutlich leichter, das Publikum von seinem Können zu<br />
überzeugen. Ihm gehören mehrere große Nummern, die<br />
er sowohl gesanglich als auch schauspielerisch mit Leichtigkeit<br />
ausfüllt, insbesondere bei ›Doktor Crippen‹ zeigt<br />
er sein Können.<br />
Gespickt ist die Geschichte mit vielen kleinen Sidekicks,<br />
wie Taxi Black (Ricardo Frenzel Baudisch) und<br />
Stanley (Benjamin Rufin), die optisch stark an Dick<br />
und Doof erinnern und immer wieder die Lacher auf<br />
ihrer Seite haben. Durch das Lied ›Mit den Frau’n ist<br />
es wirklich ein Elend‹ gehören ihnen, gemeinsam mit<br />
Messner und Oreščanin, sicherlich viele Männerherzen.<br />
Als Mutter-Tochter-Duo haben auch Regina Schörg und<br />
Corina Koller immer wieder herausstechende Momente,<br />
die sie mit viel Komik erfüllen. Ihre große Nummer ›New<br />
Jersey liegt im Westen‹ funktioniert, gehört leider zu<br />
den bloßen Unterhaltungssongs. Schauspielerisch sowie<br />
gesanglich sticht vor allem Monika Staszak als Molly<br />
Grant, die gutmütige rechte Hand von Savory, heraus. Ihr<br />
gebühren viele Momente, in denen das hoch inszenierte<br />
Komödiantische des Stücks wieder geerdet wird und man<br />
sich emotional näher mit der Geschichte verbunden fühlt.<br />
Weills Musik ist ein wirkliches Broadway-Meisterwerk<br />
der damaligen Zeit und auch heute noch ein echtes<br />
Melodien-Erlebnis, vor allem, wenn es so schön dargeboten<br />
wird wie von dem Orchester der Oper Graz, unter der<br />
Leitung von Marcus Merkel. Darunter sind Klassiker der<br />
<strong>Musical</strong>geschichte. Dass dieser Theaterbesuch so positiv<br />
wahrgenommen wird, ist ganz klar dem musikalischen<br />
Erlebnis zu verdanken, an dem man für diese Stunden<br />
teilhaben darf. Dass sich die Oper Graz an die österreichische<br />
Erstaufführung gewagt hat, bleibt eine gute<br />
Entscheidung, denn das Stück hat durchaus Beachtung<br />
verdient. Es wäre schön gewesen, manche Überlegungen<br />
doch noch mal auf Schlüssigkeit zu überdenken. Für den<br />
ganz großen Wurf, für das einmalige Erlebnis, das man<br />
sich wünscht und das der Titel verspricht, hat es vor allem<br />
durch die Inszenierung selbst leider nicht gereicht.<br />
Sabine Haydn<br />
Abb. oben:<br />
Rodney Hatch (Christof Messner, r.)<br />
verfällt langsam immer mehr dem<br />
Charme von Venus (Dionne Wudu, l.)<br />
Abb. unten von oben links:<br />
1. Whitelaw Savory (Ivan Oreščanin)<br />
erzählt von Dr. Crippen<br />
2. Das Tanzensemble zeigt sein<br />
Können<br />
3. Rodney Hatch (Christof Messner)<br />
versucht telefonisch seiner Verlobten<br />
zu vermitteln, dass alles ok ist,<br />
während Venus (Dionne Wudu) sich<br />
auf ihre gemeinsame Zukunft freut<br />
4. Mrs Kramer (Regina Schörg,<br />
vorne Mitte mit Ensemble) erliegt<br />
einer Ohnmacht, nachdem sie<br />
erfährt, dass ihre Tochter spurlos<br />
verschwunden ist<br />
Fotos (5): Werner Kmetitsch<br />
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