Blickpunkt Musical 02-23 - Ausgabe 122
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<strong>Musical</strong>s in Deutschland<br />
Wie man durch Mord zum Grafen wird<br />
»Liebe, Mord und Adelspflichten« im Theater Krefeld und Mönchengladbach<br />
Abb. oben:<br />
»Wohltäterin« Lady Hyacinth<br />
D’Ysquith (Markus Heinrich mit<br />
Ensemble) steht ebenfalls auf<br />
Montys Todesliste<br />
Foto: Matthias Stutte<br />
Liebe, Mord und<br />
Adelspflichten<br />
Steven Lutvak / Robert L. Freedman<br />
Deutsch von Daniel Große Boymann<br />
Theater Krefeld und Mönchengladbach<br />
Theater Krefeld – Große Bühne<br />
Premiere: 24. September 2<strong>02</strong>2<br />
Regie ......... Thomas Weber-Schallauer<br />
Musikalische Leitung ... Giovanni Conti<br />
Choreographie ... Bridget Quinn Petzold<br />
Ausstattung ............. Siegfried E. Mayer<br />
Animierte Illustration .... Peter Schmitz<br />
Video .... Conan Fildebrandt-Stracke &<br />
Simon Onckels<br />
Ton ..................... Hermanis Rigmants<br />
Montague »Monty« Navarro ...............<br />
Oliver Arno<br />
Miss Shingle .................... Debra Hays<br />
Sibella Hallward .................................<br />
Rahel Antonia Wissinger<br />
Phoebe D’Ysquith ....... Gabriela Kuhn<br />
Asquith D’Ysquith Jr. / Lord Adalbert<br />
D’Ysquith / Reverend Lord Ezekiel<br />
D’Ysquith / Lord Asquith D’Ysquith<br />
Sr. / Henry D’Ysquith / Lady Hyacinth<br />
D’Ysquith / Major Lord Bartholomew<br />
D’Ysquith / Lady Salome D’Ysquith<br />
Pumphrey / Chauncey D’Ysquith ........<br />
Markus Heinrich<br />
Frau #1 ................................. Kejti Karaj<br />
Frau #2 ...................... Susanne Seefing<br />
Frau #3 .................. Indre Pelakauskaite<br />
Mann #1 ............................ Sjoerd Knol<br />
Mann #2 ........................ Miha Brkinjač<br />
Mann #3 ................. Robin Grundwald<br />
Markus Heinrich, Tenor und langjähriges Ensemblemitglied<br />
des Theater Krefeld und Mönchengladbach,<br />
ist wirklich nicht zu beneiden, stirbt er bei<br />
der <strong>Musical</strong> Comedy »Liebe, Mord und Adelspfl ichten«<br />
Abend für Abend gleich achtmal in Folge einen<br />
tragischen Bühnentod, um kurz darauf in komplett<br />
neuer – zuweilen auch weiblicher – Maskerade seinem<br />
nächsten gewaltsamen Ende ins Auge zu blicken.<br />
Das Erstaunliche: Trotz zu vermutender körperlicher<br />
Höchstleistung – schon allein, was die Blitzumzüge<br />
hinter der Bühne angeht – scheint er es sichtlich (und<br />
natürlich hörbar) in jeder Sekunde zu genießen, kitzelt<br />
dabei jede noch so kleine Facette aus seinen einzelnen<br />
Charakteren heraus und bietet auf diese Weise allein<br />
schauspielerisch ganz großes Kino.<br />
Nach dem Landestheater Detmold, wo im September<br />
2<strong>02</strong>1 die deutschsprachige Erstaufführung von »Liebe,<br />
Mord und Adelspflichten« stattfand, ist das Theater<br />
Krefeld und Mönchengladbach deutschlandweit erst die<br />
zweite Spielstätte, die das auf Roy Hornimans Roman<br />
»Israel Rank: Autobiographie eines Verbrechers« basierende<br />
<strong>Musical</strong> aus der Feder von Robert L. Freedman<br />
(Buch) und Steven Lutvak (Musik) ins Programm<br />
genommen hat. Kaum nachvollziehbar, bietet die bisweilen<br />
makabre Mörderkomödie doch jede Menge Potential,<br />
auch hierzulande zum Dauerbrenner zu werden. Zumindest<br />
im amerikanischen Raum hat »A Gentleman’s<br />
Guide to Love and Murder«, so der Originaltitel, nach<br />
seiner Uraufführung im Jahr 2012 an der Hartford<br />
Stage in Connecticut bereits seinen großen Siegeszug<br />
angetreten und wurde in der Vergangenheit nicht nur<br />
vier Jahre nonstop am Broadway gespielt, sondern<br />
heimste – neben zahlreichen anderen Theaterpreisen –<br />
im Jahr 2014 dann gleich auch noch vier Tony Awards<br />
ein, darunter in den Kategorien »Bestes <strong>Musical</strong>«,<br />
»Bestes Buch« (Robert L. Freedman) und »Beste <strong>Musical</strong>inszenierung«.<br />
Der Plot mag insbesondere einem<br />
filmversierten Publikum äußerst bekannt vorkommen,<br />
wurde die Romanvorlage doch bereits 1949 unter dem<br />
Titel »Adel verpflichtet« mit Charakterschauspieler Alec<br />
Guinness in der Hauptrolle erfolgreich auf die Kinoleinwand<br />
gebracht. Das Drehbuch wiederum gilt als<br />
Vorlage für die Theateradaption.<br />
Das Stück beginnt in einer Londoner Gefängniszelle:<br />
Verhaftet und zum Tode verurteilt, schreibt hier<br />
der junge Montague »Monty« Navarro (Oliver Arno) an<br />
seinen Memoiren, die unter dem Titel »Liebe, Mord und<br />
Adelspflichten« seinen spektakulären, manch Leichen<br />
säumenden Weg an Englands Adelsspitze zeichnen.<br />
Nach dem Tod seiner alleinerziehenden Mutter<br />
erfährt Monty von deren langjähriger Freundin Miss<br />
Shingle (Debra Hays), dass die vermeintlich einfache<br />
Wäscherin in Wirklichkeit dem berühmten britischen<br />
Adelsgeschlecht D’Ysquith angehört und nach einer<br />
nicht standesgemäßen Liaison mit Montys Vater von<br />
ihrer Familie verstoßen wurde.<br />
Als direkter Nachfahre könnte er, Monty, also ein<br />
waschechter Graf sein … würden nicht acht Familienmitglieder<br />
in der Erbfolge vor ihm stehen. Was also tun?<br />
Nachdem erste, ehrlich gemeinte Familienannäherungen<br />
an der harschen Zurückweisung des derzeitigen<br />
Oberhaupts Lord Adalbert D’Ysquith (Markus Heinrich)<br />
scheitern, ändert Monty recht schnell seine Strategie<br />
und setzt auf seinen unwiderstehlichen Charme,<br />
seine Intelligenz …und auf Mord. Natürlich nicht nur,<br />
um reich zu werden, sondern auch, um so seine Angebetete<br />
Sibella (Rahel Antonia Wissinger) für sich zu<br />
gewinnen, setzt diese in ihrer Männerauswahl doch eher<br />
auf Geld und Prestige als auf wahre Liebe. Fortan fallen<br />
immer mehr Mitglieder der Familie D’Ysquith (allesamt<br />
gespielt von Markus Heinrich) mysteriösen »Unfällen«<br />
zum Opfer. Doch nicht nur die ständige Angst,<br />
erwischt zu werden, treibt Montys Puls mächtig in die<br />
Höhe. Denn als er auf seinem mörderischen Feldzug<br />
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