Blickpunkt Musical 02-23 - Ausgabe 122
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<strong>Musical</strong>s in Deutschland<br />
Ein gelungener Mädelsabend!<br />
»Heiße Zeiten – Die Wechseljahre-Revue« am Velvets Theater Wiesbaden<br />
Abb. oben:<br />
Die vier Frauen stoßen darauf an,<br />
dass sie allein unterwegs sind …<br />
ohne Männer (v.l.): Anja Wiebeck<br />
(Venera Dik), Doris Bertram (Barbara<br />
Naughton), Viola Hagedorn<br />
(Juliana Fuhrman) und Gabriele<br />
Kesselbrink (Felicitas Geipel)<br />
Foto: Valeska Morath<br />
Heiße Zeiten –<br />
Die Wechseljahre-Revue<br />
Diverse / Bärbel Arenz /<br />
Tilmann von Blomberg<br />
Velvets Theater Wiesbaden<br />
Premiere: 17. Februar 2<strong>02</strong>3<br />
Regie ................................ April Hailer<br />
Musikalische Leitung ... Cordula Hacke<br />
Musikal. Einstudierung .... Fabian Klatt<br />
Choreographie ...... Barbara Naughton<br />
Ausstattung ................ Jaroslav Bradac<br />
Doris Bertram, 55, die Hausfrau ..........<br />
Barbara Naughton<br />
Gabriele Kesselbrink, 54, die Karrierefrau ...<br />
Felicitas Geipel<br />
Viola Hagedorn, 57, die Vornehme .....<br />
Juliana Fuhrmann<br />
Anja Wiebeck, 39, die Junge ...............<br />
Venera Dik<br />
Es war im Jahre 1967, da gründeten Dana Bufková-<br />
Hányšová und Bedrich »Bedo« Hányš das Velvets<br />
Theater in Prag. Durch die Geschehnisse während des<br />
Prager Frühlings kamen sie auf Umwegen nach Wiesbaden.<br />
Von 1975 bis 1984 bildeten sie am Staatstheater<br />
Mainz sogar eine eigene Sparte. Nebenbei arbeiteten<br />
Bufková-Hányšová und Hányš auch für das Fernsehen<br />
( »Die Sendung mit der Maus«, »Sesamstraße« und die<br />
»Peter Alexander Show«). Das weltweit renommierte<br />
Schwarze Theater wurde u. a. 2009 mit dem Preis zur<br />
Förderung des kulturellen Lebens in der Landeshauptstadt<br />
ausgezeichnet und »die Samtenen« sind mit ihren<br />
oft lebensgroßen Puppen und ihren traumhaften<br />
Darbietungen aus der Wiesbadener Kulturszene nicht<br />
mehr wegzudenken. So ist die Inszenierung von »Der<br />
kleine Prinz« seit 1978 ununterbrochen auf dem Spielplan<br />
und begeistert Generationen von Kindern und<br />
Erwachsenen.<br />
Seit Herbst 2011 hat mit Tochter Barbara Naughton<br />
nun die nächste Generation die Leitung im Velvets<br />
übernommen. Diese führte neue Theaterformen ein<br />
und zieht damit auch neue Zuschauer in das Haus. So<br />
sind seitdem auch immer wieder Gastspiele von Kleinkünstlern<br />
und Comedians im Haus zu sehen. Und<br />
natürlich konnte die ausgebildete <strong>Musical</strong>darstellerin<br />
auf Dauer nicht ohne kleine <strong>Musical</strong>produktionen am<br />
Haus auskommen.<br />
Am <strong>23</strong>. und 24. November 2<strong>02</strong>0 hatte »Heiße<br />
Zeiten« Premiere in Wiesbaden. Wegen der behördlichen<br />
Auflagen gab es zwei Premieren mit jeweils 40<br />
Zuschauern. Bekanntermaßen kein guter Zeitpunkt.<br />
Nach nur wenigen Vorstellungen war pandemiebedingt<br />
Schluss. Erfreulicherweise verlor aber niemand<br />
im Team den Mut und so gab es im Herbst 2<strong>02</strong>1 einen<br />
zweiten Start. Leider ging die Produktion im Corona-<br />
Wirrwarr etwas unter und musste sich erst herumsprechen.<br />
Auch bei der Presse. Mittlerweile können<br />
regelmäßig Vorstellungen stattfinden und es lohnt sich!<br />
Im kleinen Zuschauerraum des Velvets (rund 120<br />
Plätze) finden sich an diesem Abend hauptsächlich<br />
Frauen ein (in der besuchten Vorstellung wurden 12<br />
Männer gezählt). Allein wegen der unheimlich bequemen<br />
Sitze ist der Abend äußerst angenehm. Die Bühne<br />
ist ebenerdig und die Spielfläche weitet sich fließend<br />
bis zur ersten Reihe aus. Irgendwie ist man mittendrin<br />
statt nur dabei. Nacheinander treffen die vier Protagonistinnen<br />
am Flughafen ein, immer vorgestellt in<br />
dem Moment, wenn sie die Sicherheitskontrolle passieren,<br />
durch eine Stimme aus dem Off. Diese wird den<br />
gesamten Abend kommentieren und wird nach und<br />
nach quasi zu einer fünften Person.<br />
Da ist zuerst die Karrierefrau, Gabriele Kesselbrink.<br />
54 und ledig, auf dem Weg zu einem wichtigen<br />
Geschäftstermin. Ihre Handys sind ihre wichtigsten<br />
Begleiter. Von Beziehungen hält sie nichts und auch<br />
mit dem Altern hat sie so ihre Schwierigkeiten. Duftende<br />
Cremes, teure Beautybehandlungen und immer<br />
neue Männer lenken sie ab. Dummerweise hat sie nach<br />
einer heißen Nacht mit einem Arzt, dessen Namen<br />
sie immer wieder vergisst, ihre Unterlagen vergessen.<br />
Diese muss ihr dieser scheinbar unwichtige One-<br />
Night-Stand nun an den Flughafen bringen, was nicht<br />
ohne Komplikationen vor sich geht, aber dazu führt,<br />
dass sie am Ende seinen Namen behält und er wohl<br />
doch mehr als nur eine Eintagsfliege wird. Gespielt<br />
wird Gabriele von Felicitas Geipel. Diese verleiht der<br />
hektischen und manchmal hysterischen Karrierefrau<br />
viel Stimme und Temperament. Dabei schafft sie es,<br />
die Rolle nicht ins Lächerliche gleiten zu lassen.<br />
Die zweite Dame im Wartebereich ist Juliana Fuhrmann<br />
als Viola Hagedorn, 57. Vornehm, reich verheiratet,<br />
Mutter einer in New York als Ärztin arbeitenden<br />
Tochter, die sie besuchen möchte. Die Nachricht, dass<br />
ihr Vater aus dem Pflegeheim ausgebüchst ist, weil er<br />
das Essen dort nicht mag, reißt sie aus ihrer Contenance.<br />
Sind ihr zunächst die anderen Fluggäste lästig<br />
(weil unter ihrem Niveau), erkennt sie bald, dass sie alle<br />
die gleichen (Wechseljahre-)Probleme haben und gar<br />
nicht so verschieden sind. Fuhrmann ist eine imposante<br />
Erscheinung und überragt ihre Mitspielerinnen, was<br />
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