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Blickpunkt Musical 02-23 - Ausgabe 122

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<strong>Musical</strong>s in Deutschland<br />

der ebenso schönen wie gebildeten Phoebe D’Ysquith<br />

(Gabriela Kuhn) begegnet, steht er plötzlich auch noch<br />

zwischen zwei Frauen. Erleichtert, dass diese ihm in der<br />

Erbfolge der D’Ysquiths nicht gefährlich werden kann<br />

und somit als nächste Todeskandidatin ausscheidet,<br />

sieht Monty in Phoebe auf Anhieb eine liebenswerte<br />

Partnerin und schlägt somit auch ihren spontanen<br />

Heiratsantrag nicht aus. Gleichzeitig kann er Sibella,<br />

die er weiterhin heimlich trifft, nicht aus seinem Kopf<br />

verbannen, obwohl diese mittlerweile längst mit einem<br />

anderen verheiratet ist. Nachdem schließlich alle potenziellen<br />

Vorerben in der Nachfolge des Lord D’Ysquith<br />

aus dem Weg geräumt sind, soll es auf dessen Schloss<br />

Highhurst Castle zum finalen Showdown kommen.<br />

Jedoch: Montys geplanter Giftanschlag auf den Grafen<br />

schlägt fehl. Dennoch überlebt Adalbert D’Ysquith den<br />

Abend aus zunächst mysteriösen Umständen nicht und<br />

Monty wird endlich der neunte Graf von Highhurst.<br />

Als er dann aber plötzlich für den Mord an seinem Vorgänger<br />

– ironischerweise der einzige Mord, den er nicht<br />

begangen hat – verhaftet und sogar zum Tode verurteilt<br />

wird, sind es Sibella und Phoebe, die die Ermittler durch<br />

gegenseitige Beschuldigungen und widersprüchliche<br />

Aussagen derart verwirren, dass Monty schließlich freigesprochen<br />

werden muss. Nun heißt es also endlich:<br />

»Lang lebe der Graf!« … doch ist das tatsächlich der<br />

Schluss?<br />

Den Erinnerungen des im Gefängnis sitzenden<br />

Monty Navarro entstammend, wird der überwiegende<br />

Teil der <strong>Musical</strong> Comedy »Liebe, Mord und Adelspflichten«<br />

in Rückblenden erzählt, was schnell wechselnde<br />

Orte und eine Vielzahl teils sehr kurzer Szenen bedeutet.<br />

Diese Herausforderung wird, dank des genial ausgeklügelten<br />

Bühnenbilds von Siegfried E. Mayer, der auch<br />

für die wunderschönen, detailgetreuen Kostüme aus<br />

dem frühen 20. Jahrhundert verantwortlich zeichnet,<br />

bestens gelöst: Durch eine verschieb- und größenverstellbare<br />

Blende, die zuweilen auch an Szenenübergänge<br />

in alten Filmen erinnert, geben die das Bühnenbild<br />

dominierenden, steinernen Wände von Monty Navarros<br />

Gefängniszelle immer wieder die Sicht auf einzelne im<br />

Hintergrund aufgebaute Szenen frei, die zudem durch<br />

animierte Illustrationen von Peter Schmitz einen Graphic<br />

Novel-Eindruck erwecken.<br />

Regisseur Thomas Weber-Schallauer nutzt die<br />

hierdurch entstehenden Möglichkeiten, Szenen aufeinander<br />

aufzubauen, einzuschieben oder parallel laufen<br />

zu lassen, bestens aus und schafft so das für das Stück<br />

erforderliche, perfekte Timing einer Tür-auf-Tür-zu-<br />

Boulevardkomödie. Dabei lässt er auch gesellschaftskritische<br />

Aspekte nicht außer Acht und karikiert den<br />

bigotten, verlogenen und bisweilen rassistischen Hochadel<br />

des British Empire aus dem 20. Jahrhundert bis zur<br />

Schmerzgrenze.<br />

Obwohl »Liebe, Mord und Adelspflichten« tatsächlich<br />

eher den jüngeren <strong>Musical</strong>neuproduktionen zuzuordnen<br />

ist, erinnert die überwiegend mit Jazzelementen<br />

gespickte Partitur von Steven Lutvak deutlich an alte<br />

Klassiker wie »My Fair Lady«. Die Niederrheinischen<br />

Sinfoniker verstehen es unter der musikalischen Leitung<br />

von Giovanni Conti jedoch bestens, dem nostalgischen<br />

Sound den für die Handlung nötigen Drive zu geben<br />

und begeistern auf ganzer Linie.<br />

Auch wenn bei diesem Stück Erfolg oder Misserfolg<br />

auf hauptsächlich zwei Schultern, den jeweiligen Darstellern<br />

des Monty Navarro und der acht Mordopfer aus<br />

der Familie D’Ysquith, liegen, gelingt es am besuchten<br />

Abend dem gesamten 10-köpfigen Ensemble vollends,<br />

Abb. oben:<br />

›Du bist ein D’Ysquith‹ – Monty<br />

(Oliver Arno) erfährt durch Miss<br />

Shingle (Debra Hays, r.) von seiner<br />

adligen Herkunft<br />

Abb. unten von links oben:<br />

1. Bevor der mörderische Reigen<br />

beginnt, schnell noch ›Eine Warnung<br />

an das Publikum‹ (Ensemble)<br />

2. Monty (Oliver Arno) träumt von<br />

einer gemeinsamen Zukunft mit<br />

seiner Jugendliebe Sibella (Rahel<br />

Antonia Wissinger)<br />

3. ›Von innen nach außen‹ – Monty<br />

(Oliver Arno, r.) lenkt Phoebe<br />

D’Ysquith (Gabriela Kuhn) vom<br />

Todeskampf ihres Bruders Henry<br />

(Markus Heinrich, l.) ab<br />

4.Asquith D’Ysquith Jr. (Markus<br />

Heinrich) und seine Geliebte,<br />

Sekunden, bevor das Eis unter ihren<br />

Füßen wegbricht<br />

Fotos (5): Matthias Stutte<br />

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