Blickpunkt Musical 02-23 - Ausgabe 122
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<strong>Musical</strong>s in Österreich<br />
Frauen-Power Deluxe im abrissreifen Schlössl<br />
Uraufführung von »Soul Sisters« im Metropol in Wien<br />
Abb. oben:<br />
Medley als Zugabe beim großen<br />
Finale – Die »Soul Sisters« treten<br />
ab sofort zu dritt auf (v.l.: Dagmar<br />
Bernhard, Carin Filipčić, Claudia<br />
Rohnefeld)<br />
Foto: Peter Burgstaller<br />
Soul Sisters<br />
Diverse / Markus Gull /<br />
Peter Hofbauer<br />
Songs in englischer<br />
und deutscher Sprache<br />
Metropol Wien – Großer Saal<br />
Uraufführung: 14. Februar 2<strong>02</strong>3<br />
Regie ............... Irene Marie Höllwerth<br />
Co-Regie &<br />
Choreographie .............. Petra Kreuzer<br />
Musikalische Leitung &<br />
Arrangements .................. Max Hagler<br />
Bühnenbild ................... Sam Madwar<br />
Kostüme ..................... Inge Stolterfoht<br />
Lichtdesign ........ Sabine Wiesenbauer<br />
Diana ............................ Carin Filipčić<br />
Maria »Mary« ........ Claudia Rohnefeld<br />
Florence »Flo« ....... Dagmar Bernhard<br />
Alex ........................ Bernhard Viktorin<br />
Sebastian »Basti« ... Martin Oberhauser<br />
Alexa ............... Cornelia Mooswalder<br />
Stimme von Onkel Willi ......................<br />
Peter Hofbauer<br />
Ungewöhnlich starke Stimmen, eine nette Geschichte,<br />
verpackt mit humorvollen Dialogen, die von Songs<br />
aus den legendären 70ern begleitet werden: Das ist das<br />
neue <strong>Musical</strong> »Soul Sisters« im Wiener Metropol-Theater.<br />
Am Valentinstag 2<strong>02</strong>3 feierte das Stück seine Uraufführung<br />
im 17. Wiener Gemeindebezirk.<br />
Darin treffen zwei starke Power-Frauen aufeinander,<br />
die vor Jahren ein Streit getrennt hat: Die Schwestern<br />
Diana (Carin Filipčić) und Maria (Claudia Rohnefeld)<br />
erben gemeinsam das sehr in die Jahre gekommene<br />
Anwesen ihres nun verstorbenen Onkels Willi. Einst<br />
waren sie ein Herz und eine Seele und bildeten zusammen<br />
das erfolgreiche Gesangsduo ›Soul Sisters‹. Doch<br />
an diese Zeit können sie vorerst nicht anknüpfen. Als sie<br />
sich nach Jahren in der heruntergekommenen Immobilie<br />
(Bühnenbild: Sam Madwar) wiedersehen, verstricken sie<br />
sich prompt in einen erbitterten Streit um das gemeinsame<br />
Erbe. Diana hängt an dem alten Gemäuer, fühlt<br />
sich an ihre Kindheit erinnert. Dass sie ihren alten Teddy<br />
in einer verstaubten Kommode wiederfindet, bestärkt sie.<br />
Sie will die geerbte Villa restaurieren lassen, um sie für<br />
Events und Hochzeiten zu nutzen. Dabei fackelt sie nicht<br />
lange und hat ihren Ex-Freund Alex (Bernhard Viktorin)<br />
mitgebracht. Er soll als Experte in der Baubranche beurteilen,<br />
was gemacht werden muss. Auch die Zufallsbekanntschaft<br />
Florence (Dagmar Bernhard) hat sich sofort<br />
in das Gebäude verliebt und will hier die Hochzeit mit<br />
ihrem geliebten Basti (Martin Oberhauser) feiern. Ihnen<br />
gegenüber steht Dianas Schwester, denn Maria will mit<br />
dem Anwesen so wenig wie möglich zu tun haben und hat<br />
ganz andere Vorstellungen. Wenn es nach ihr geht, dann<br />
wird das Schloss besser heute als morgen abgerissen und<br />
das Grundstück als wertvoller Baugrund meistbietend<br />
verkauft. Sie erhält Unterstützung von Großinvestor und<br />
Berufsschaumschläger Basti.<br />
Das Ganze ist in jedem Fall eine explosive Mischung<br />
und so gibt es zwischen Charme und Schimmel in der<br />
Metropol-Eigenproduktion viele Turbulenzen, Sabotage<br />
und Intrigen, überraschende Wendungen, ein Hin und<br />
Her, aber auch Liebe und schließlich Versöhnung. Mit<br />
Soulmusik lassen sich diese Gefühle besonders gut transportieren.<br />
Die bekannten Melodien werden teilweise mit<br />
vertrauten englischen Originaltexten präsentiert, teilweise<br />
haben sie – passend zur Handlung – einen neuen deutschen<br />
Text verpasst bekommen. Das Buch (Markus Gull<br />
& Peter Hofbauer) ist gespickt mit viel Wortwitz und –<br />
wie man es vom Metropol kennt – mit aktuellen österreichischen<br />
Bezügen. So ist beispielsweise die Rolle des<br />
Sebastian (Martin Oberhauser) unverkennbar angelehnt<br />
an den gefallenen Politik-Shootingstar, Ex-Bundeskanzler<br />
Sebastian Kurz.<br />
Doch die männlichen Rollen verblassen gegenüber der<br />
Frauenpower in dieser Inszenierung. Hauptdarstellerin<br />
Carin Filipčić, die zuletzt auf den großen <strong>Musical</strong>bühnen<br />
der österreichischen Hauptstadt zu sehen war, besticht in<br />
der Rolle der Diana mit ihrer wunderbaren und unverkennbaren<br />
Stimme und schraubt das Gesangsniveau im<br />
Metropol in hier selten zuvor erreichte Höhen. Balladen<br />
verleiht sie mit ihrer Stimme und dem leichten Einsatz von<br />
Mimik und Gestik, teilweise nur auf einer Bank sitzend,<br />
viel Charakter. Sie schafft es problemlos, die Bühne für<br />
sich zu nutzen – selbst in langen Szenen, in denen sie als<br />
Diana allein durch das leerstehende Haus geht, Selbstgespräche<br />
führt oder Monologe für ihren toten Onkel hält,<br />
gelingt es ihr, den Spannungsbogen zu halten. Claudia<br />
Rohnefeld als Schwester Maria alias Mary steht ihr aber<br />
stimmlich in nichts nach und bildet mit ihrer dunklen<br />
Stimmfarbe den idealen Gegenpart. Ungewöhnlich viele<br />
Frauenduette prägen die neue Inszenierung im Metropol.<br />
Die Überraschung des Abends ist dabei aber ganz<br />
klar Dagmar Bernhard in der Rolle der naiv wirkenden<br />
Florence – die von allen nur »Flo« genannt wird. Die rosarote<br />
Sportskanone überrascht das Publikum, denn der<br />
anfangs dumm wirkende Barbie-Püppchen-Verschnitt<br />
mit dem schier unaufhaltsamen Sprechdurchfall und<br />
dem tiefen Dekolleté hat es faustdick hinter den Ohren<br />
62<br />
blickpunkt musical <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>3