Ausgabe 6/2008 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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Medien pro Linsenhoff nicht mehr die Rede war. Mit Werner E.<br />
Klatten scheint es eine Rückkehr zur professionellen Sacharbeit<br />
zu geben. Darauf deuten die ersten Rückmeldungen aus dem<br />
Kreis der hauptamtlichen Mitarbeiter hin. Der erfahrene Medienunternehmer,<br />
der einst bei SAT.1 die Bundesliga-Show "ran" mit<br />
initiiert hatte, bekam als Geschäftsführer "Märkte" beim "Spiegel-Verlag"<br />
den schillernden Beinamen "Erlöser". Auch wenn<br />
damit das Erlösen von Finanzmitteln gemeint war, verbinden sich<br />
mit dem 63-Jährigen zugleich ein wenig messianische Hoffnungen,<br />
die Sporthilfe aus der Skandalecke wieder in das günstige<br />
Rampenlicht einer sozial ausgerichteten Fördergesellschaft der<br />
Athleten zu führen.<br />
Die ökonomischen Voraussetzungen der Sporthilfe sind besser<br />
als in der Zeit der Querelen oft dargestellt. Nach jahrelanger<br />
Vorarbeit hat die Stiftung vor kurzem mit der <strong>Deutsche</strong>n Bank,<br />
der <strong>Deutsche</strong>n Fußball-Liga, mit Mercedes-Benz und der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Telekom vier hochrangige Wirtschaftspartner langfristig<br />
an sich gebunden. Ein in der Geschichte der Stiftung beispielloser<br />
Erfolg. Der Bund hat für 2009 zum zweiten Mal eine Million<br />
Euro, sechs Prozent des Sporthilfe-Etats, eingebracht. Die selbst<br />
generierten Mittel der Sporthilfe wurden in den beiden vergangenen<br />
Jahren um knapp drei Millionen Euro gesteigert. Das war<br />
auch notwendig. Denn die Erträge aus der Lotterie Glückspirale<br />
und der "Sportbriefmarke" sind drastisch gesunken. Und noch ist<br />
nicht abzusehen, wie sich die Finanzkrise auf die Sporthilfe<br />
auswirken wird, von der den Spitzensport belastenden Dopingproblematik<br />
gar nicht zu reden.<br />
Gefragt ist nun unter der Regie eines in der Wirtschaft gut vernetzten,<br />
aber sportpolitisch unerfahrenen Managers effektive<br />
Teamarbeit. Nach dem Zerwürfnis der vergangenen Monate muss<br />
Klatten sich zudem als ein Mann bewähren, der die widerstreitenden<br />
Parteien in der Sporthilfe wieder zusammenführt. Gespannte<br />
Erwartungen richten sich nicht zuletzt auf Franziska van Almsick.<br />
Der glamouröse Schwimmstar von ehedem kann als stellvertretende<br />
Vorsitzende für "Sport" gut den Kontakt zu den rund 4.000<br />
geförderten Athleten pflegen und dem ersten Mann die Gesetzmäßigkeiten<br />
des Spitzensports nahe bringen. Angesichts der<br />
jüngsten Erfahrungen dürfte aber ein gedämpfter Optimismus mit<br />
einem Schuss Skepsis nicht schaden.<br />
Steffen Haffner<br />
Zwischen Bewegungsverweigerung und<br />
Fitnesswahn<br />
Z<br />
ur Befindlichkeit der Wohlstandsgesellschaft gibt es viele<br />
Erklärungsmuster. Ganz sicher gehören auch die beiden<br />
Extreme Bewegungsverweigerung und Fitnesswahn dazu. Sie<br />
bilden gewissermaßen die Fieberkurve zum Thema Volksgesundheit.<br />
Denn schließlich wechseln sich Schreckensmeldungen und<br />
Skandalnachrichten zu Körperbildungsdefiziten und modernen<br />
Krankheitsbildern in schöner Regelmäßigkeit ab mit den Erfolgs-<br />
geschichten rund um den sportlichen Alltagsextremismus. So<br />
wissen wir beispielsweise aus dem jüngsten "<strong>Deutsche</strong>n Kinderund<br />
Jugendsportbericht", dass das Sportangebot in Kindergärten<br />
und Grundschulen arg zu wünschen übrig lässt und im europäischen<br />
Gesamtvergleich schlecht wegkommt. Dies korrespondiert<br />
geradezu nahtlos mit Berichten von der wachsenden Zahl der<br />
Kinder, die nicht schwimmen können und es auch immer weniger<br />
lernen. Übergewicht mit teilweise dramatischen Krankheitsfolgen<br />
in frühen wie in späten Jahren ergänzt den Katalog der Probleme<br />
und Unzulänglichkeiten, vervollständigt ihn aber noch lange nicht.<br />
Dem ganzen gebündelten Bewegungsmangel-Desaster steht der<br />
permanente Aufbruch in die von Glitzer und Glimmer ausgeleuchteten<br />
Fitness- und Freizeitwelten gegenüber. In solchen<br />
Paradiesen treibt die körperliche Rundumerneuerung einschließlich<br />
Seelenmassage immer neue Blüten ohne Altersbegrenzung,<br />
begleitet natürlich von den ebenso unvermeidlichen wie schrillen<br />
Werbebotschaften. Die Glücksrausch- und Wohlfühl-Verheißungen<br />
kommen jedenfalls mit solcher Wucht, als sollten die<br />
frühkindlichen Mangelsituationen mit einem Schlag kompensiert<br />
und die pubertären Erziehungslücken im großen Stil geschlossen<br />
werden. Doch die Erkenntnisse der Wissenschaft belehren uns<br />
immer wieder eines Besseren. Mit dem werbeträchtigen Fitnessund<br />
Wellness-Getöse auf dem Freizeitmarkt ist dem <strong>Gesellschaft</strong>sproblem<br />
Bewegungsmangel und Körperbildungs-Defizit<br />
nicht beizukommen.<br />
Erfolgversprechender erscheint da allemal das seriöse, sozialverträgliche<br />
und fachlich fundierte Dauerangebot in der bestens<br />
strukturierten Landschaft des organisierten Sports. Sicher kann<br />
der Sportverein die Schule nicht ersetzen. Aber er kann entsprechende<br />
Bildungslücken kleiner werden oder erst gar nicht auftreten<br />
lassen und dann vor allem die Weichen für lebenslange<br />
Bewegungsbegeisterung stellen.<br />
OF-KOMMENT<br />
OF-KOMMENTARE<br />
ARE<br />
Und die schöne neue Fitness-Welt mit ihren angeblich zukunftsorientierten<br />
Interpretationen vom Sport? Auch die ist im Verein<br />
längst im Angebot. Und zwar auf kompetente, qualitätsbewusste,<br />
unaufdringliche Art: mit den Anregungen und Trainings-Tipps<br />
für alle Jahreszeiten, jede Wetterlage, für Halle und freie Natur,<br />
kurz für drinnen und draußen. Das spricht in seiner Vielfalt und<br />
Solidität für sich. Schrille Begleitmusik würde jedenfalls nur<br />
stören und vom Wesentlichen ablenken. Denn das liegt bekanntlich<br />
zwischen Bewegungsverweigerung und Fitnesswahn und<br />
heißt schlicht und einfach Spaß am Sport.<br />
Harald Pieper<br />
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