Ausgabe 6/2008 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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Es hat in den letzten Monaten drei Tage gegeben, die für<br />
die <strong>Olympische</strong> Bewegung besonders bedeutsam waren.<br />
Am 15. September musste in New York die Investmentbank<br />
Lehman Brothers Insolvenz anmelden, was zum Auslöser<br />
wurde für eine weltweite Finanzkrise. In Orlando/Florida hielt<br />
Peter Ueberroth als scheidender Präsident des Nationalen<br />
<strong>Olympische</strong>n Komitees der USA (USOC) am 11. Oktober eine<br />
Rede, die Wellen der Empörung auslöste. Am 4. November gab<br />
der künftige US-Präsident Barack Obama der Welt in Chicago<br />
neue Hoffnung und seiner Heimatstadt einen Schub. Sein<br />
Auftritt als Wahlsieger fand im Grant Central Park statt, der ein<br />
olympischer Schauplatz werden würde, falls Chicago vom<br />
Internationalen <strong>Olympische</strong>n Komitee am 2. Oktober nächsten<br />
Jahres in Kopenhagen zum Austragungsort der Sommerspiele<br />
2016 bestimmt würde.<br />
Weltwirtschaftskrise,<br />
<strong>Olympische</strong> Bewegung<br />
und die amerikanische<br />
Herausforderung<br />
Von Günter Deister<br />
Chicago ja oder nein - das hängt nun wesentlich davon ab, wie<br />
der Obama-Bonus und der Ueberroth-Malus wirken werden. Sie<br />
machen die amerikanische Herausforderung aus für das Sportjahr<br />
2009. Doch bei der Vergabe der Spiele 2016 geht es auch<br />
um die Glaubwürdigkeit des IOC und die künftige Finanzierung<br />
des Weltsports. Dies vor dem Hintergrund eines offenen Verteilungskampfes<br />
innerhalb der olympischen Familie und einer<br />
Krise, die längst die Weltwirtschaft erfasst hat und auch im<br />
Sport tiefe Spuren hinterlassen wird.<br />
Peter Ueberroth (71) hat es zu Ansehen gebracht. 1984 bringt er<br />
als Organisator der Spiele von Los Angeles das Kunststück fertig,<br />
Olympia erstmals und bisher einmalig nur durch Sponsorengelder<br />
zu finanzieren, mit einem Überschuss von 250 Millionen<br />
8<br />
Dollar. "Time-Magazin" kürt den Pionier der olympischen Kommerzialisierung<br />
zum "Mann des Jahres". Danach wird Ueberroth<br />
Chef der US-Major Baseball League, geht ins Tourismusgeschäft<br />
und versucht, nachdem er es längst zum Multimillionär gebracht<br />
hat, eine Karriere als Politiker. 2003 scheitert er bei der Gouverneurswahl<br />
in Kalifornien an Arnold Schwarzenegger und kehrt in<br />
den Sport zurück. Als USOC-Präsident tut er sich als Anti-<br />
Doping-Kämpfer hervor, entschuldigt sich schriftlich bei allen<br />
NOKs für die Taten der Sportbetrügerin Marion Jones und<br />
verschafft sich Respekt auch bei IOC-Präsident Jacques Rogge.<br />
Lediglich die neue Altersregel von 70 Jahren hat wohl verhindert,<br />
dass Ueberroth noch eine späte Karriere im IOC machen konnte.<br />
Seine Rede vor der USOC-Versammlung in Orlando wirkte<br />
desillusionierend. Da trat jemand auf, der jenseits von Solidarität<br />
erstmals Klartext redete. Bisher habe<br />
er sich zurückgehalten, um im<br />
Vorfeld der Peking-Spiele nicht<br />
noch für zusätzliche Auseinandersetzungen<br />
zu sorgen. Doch nun<br />
müsse er die Frage stellen: "Wer<br />
bezahlt die Rechnung für die <strong>Olympische</strong><br />
Bewegung? Seit 1988 sind<br />
60 Prozent aller IOC-Einnahmen<br />
von unseren Unternehmen gekommen.<br />
Ich bin sicher, Ihr versteht was<br />
ich meine. Der Rest der Welt hat 40<br />
Prozent beigetragen. Das ist ganz<br />
einfache Mathematik."<br />
Es ist auf jeden Fall eine Rechenart,<br />
die kompromisslos ist. Sie lässt<br />
wenig Hoffnung zu, dass die Amerikaner<br />
im heftigen Streit um mehr<br />
Anteile am Gewinn <strong>Olympische</strong>r<br />
Spiele dem Rest der Welt größere<br />
Zugeständnisse machen werden.<br />
Einen Streit, den Jacques Rogge<br />
überhaupt nicht gebrauchen kann.<br />
Der <strong>Olympische</strong> Kongress im kommenden<br />
Herbst in Kopenhagen, der erste seit Paris 1994, ist<br />
geplant als ein Fest der Dreifaltigkeit mit den internationalen<br />
Verbänden und den NOKs. Gefolgt von der anschließenden<br />
Krönungsmesse für den dann 67 Jahre alten Belgier, der sich um<br />
eine vierjährige Verlängerung seiner Präsidentschaft bewirbt.<br />
Stein des Anstoßes ist ein 1988 zeitlich unbegrenzt abgeschlossener<br />
Deal, den Rogges Vorgänger Juan Antonio Samaranch<br />
und dessen Marketingchef Richard Pound als Konsequenz aus<br />
Ueberroths Geschäftsmodell von 1984 mit den Amerikanern<br />
abgeschlossen haben. Danach gehen 12,75 Prozent der US-<br />
Fernsehrechte an USOC, und auch 20 Prozent der Sponsoreneinnahmen<br />
aus dem TOP-Programm. Das hat das amerikanische<br />
NOK zu einer wohlhabenden Sportorganisation gemacht,