Ausgabe 6/2008 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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Vor 110 und 100 Jahren geboren:<br />
Zum Gedenken an vier Sportpersönlichkeiten aus den<br />
Gründerjahren von NOK, DSB und DOG Von Friedrich Mevert<br />
Beim Neuaufbau einer demokratischen Sportorganisation<br />
im zerstörten Nachkriegsdeutschland nach dem Zusammenbruch<br />
des "Dritten Reiches" und der Kapitulation der<br />
deutschen Wehrmacht im Mai 1945 standen in dem gemeinsamen<br />
Bemühen, eine sportliche Einheitsbewegung zu schaffen,<br />
verschiedene Modelle in der Diskussion. Viele Persönlichkeiten<br />
riefen dazu auf, den Sportbetrieb nicht wieder wie in der Zeit vor<br />
der NS-Gleichschaltung getrennt in verschiedenen und gegeneinander<br />
konkurrierenden Lagern zu organisieren, sondern ein<br />
gemeinsames Dach im neuen deutschen Staat zu schaffen, unter<br />
dem sich alle zu Hause fühlen sollten.Zwei dieser "Männer der<br />
ersten Stunde" wurden vor 100 Jahren und zwei vor 110 Jahren<br />
geboren. Im folgenden Beitrag wird an diese vier Persönlichkeiten,<br />
die die neugeschaffenen demokratischen Sportstrukturen<br />
ganz wesentlich mitgeprägt haben, erinnert.<br />
Im November vor 110 Jahren wurden Guido von Mengden und<br />
Heinrich Sorg geboren. Sie kamen in der Vorkriegszeit aus unterschiedlichen<br />
<strong>Gesellschaft</strong>s- und Sportsystemen, aus der bürgerlichen<br />
Spiel- und Fußballbewegung der spätere NSRL-Stabschef<br />
der eine, aus dem sozialistischen Arbeitersport der Emigrant im<br />
Dritten Reich der andere. Doch sie wurden im gleichen Monat<br />
des gleichen Jahres noch im 19. Jahrhundert geboren, und sie<br />
bauten gemeinsam nach Kriegsende und dem Zusammenbruch<br />
des NS-Regimes in der Mitte des 20. Jahrhunderts die neue<br />
demokratische Sportbewegung und insbesondere den <strong>Deutsche</strong>n<br />
Sportbund auf. Die Rede ist von Guido von Mengden und Heinrich<br />
Sorg.<br />
Zum 110. Geburtstag von Heinrich Sorg<br />
Noch überzeugter als andere Arbeitersportler seiner Jahrgänge<br />
hatte sich Heinrich Sorg bereits als junger Mensch in der Weimarer<br />
Republik gegen den wachsenden Einfluss der Nationalsozialisten<br />
gewandt, auch im aktiven Kampf im Rahmen der "Eisernen<br />
Front", deren Kampfleitung im Rhein-Main-Gebiet er angehörte.<br />
So geriet er in große Gefahr und musste - nach einer verratenen<br />
Aktion - bereits 1933 in die Tschechoslowakei flüchten und von<br />
dort sechs Jahre später nach England. Dies dürfte auch ein Grund<br />
dafür gewesen sein, dass er sich nach Kriegsende 1945 zunächst<br />
nachhaltig für die Wiederbegründung der Arbeitersportverbände<br />
42<br />
einsetzte, wobei er aber im Nachkriegsdeutschland auf Widerstand<br />
stieß und sich nicht durchsetzen konnte.<br />
Im hessischen Bischofsheim in der Nähe von Hanau wurde<br />
Heinrich Sorg am 7. November 1893 geboren. Der Sohn einer<br />
Arbeiterfamilie engagierte sich schon als 15-jähriger Schüler in<br />
der Sozialistischen Arbeiterjugend, wurde Mitglied in der Freien<br />
Turnerschaft und arbeitete nach Schulabschluss und Ausbildung<br />
zunächst als Bürokaufmann. Er trat 1917 der SPD bei, wurde im<br />
Frankfurter Westend Vorsitzender des Arbeiter-Sportvereins und<br />
begann seine hauptberufliche sportpolitische Laufbahn 1926 als<br />
Sekretär des ATSB-Kreises Frankfurt am Main. Während der<br />
Emigration vertrat er - zunächst in Prag, später von 1942 bis<br />
1946 in London - den deutschen Arbeitersport in der Sozialistischen<br />
Arbeitersport-Internationale (SASI). Gemeinsam mit seiner<br />
Frau Rosa leitete er während<br />
der Jahre im britischen Exil ein<br />
Kinderheim.<br />
Gleich nach Kriegsende<br />
bemühte sich Heinrich Sorg<br />
zunächst noch von England<br />
aus um den Neuaufbau der<br />
Arbeitersportorganisation,<br />
stieß dabei jedoch auf den<br />
Widerstand von Fritz Wildung<br />
und anderer ehemaliger ATSB-<br />
Funktionäre, die eine Einheitssportbewegung<br />
unter Einschluss<br />
der ehemaligen bürgerlichen und konfessionellen Verbände<br />
anstrebten. Im Juli 1946 kehrte Sorg aus London in seinen<br />
Heimatort Bischofsheim zurück, trat im September des gleichen<br />
Jahres als Leiter der Abteilung Sport in der Sozialistischen Kulturzentrale<br />
in Frankfurt die Nachfolge von Wildung als Sportreferent<br />
der SPD an und wurde bei der Gründungsversammlung<br />
des Landessportverbandes Hessen am 12/13. Juli 1947 in Mörfelden<br />
als Stellvertreter von Heinz Lindner zum 2. Vorsitzenden des<br />
späteren Landessportbundes (LSB) Hessen gewählt.<br />
In diesem Amt wirkte Heinrich Sorg 16 Jahre bis zu seinem Tode<br />
und arbeitete erfolgreich vor allem beim Aufbau der Sportjugend,<br />
der Förderung des Sports auf kommunaler Ebene und im