Ausgabe 6/2008 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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zunehmend zu Ungunsten des IOC und seiner Partner. In den<br />
Zahlen der letzten Geschäftsperiode 2005 bis <strong>2008</strong> mit den<br />
Spielen in Turin und Peking sieht das so aus: USOC hat ein<br />
Anrecht auf 365 Millionen Dollar (192 Millionen Dollar TV, 173<br />
Millionen Dollar TOP) und damit etwa genauso viel wie das IOC<br />
selbst und die 35 internationalen Verbände und übrigen 204<br />
NOKs jeweils zusammen. Bei einem Vier-Jahres-Haushalt von<br />
617 Millionen Dollar konnte USOC seine Finanzreserven um 63<br />
Millionen auf 103 Millionen Dollar erhöhen. Da die IOC-<br />
Geschäfte für die Periode 2009 bis 2012 mit Vancouver und<br />
London schon weitgehend gelaufen sind, werden sich die<br />
Anteile von USOC auf mindestens 450 Millionen Dollar steigern.<br />
Kein Wunder, dass sich Rogge durch die übermäßige Bevorteilung<br />
der Amerikaner zunehmend mit Empörung konfrontiert<br />
sieht. Den Höhepunkt<br />
erreichten die Auseinandersetzungen<br />
im März, als das<br />
Schweizer Mitglied der IOC-<br />
Exekutive, Denis Oswald, in<br />
seiner Eigenschaft als Vertreter<br />
der Verbände in einem<br />
Brief an alle olympischen<br />
Organisationen den Verteilerschlüssel<br />
als "nicht länger<br />
moralisch hinnehmbar"<br />
bezeichnete. Schließlich<br />
gäbe es mittlerweile längst<br />
nicht nur Sponsoren aus den<br />
USA. Seitdem versucht eine<br />
von Rogge eingesetzte<br />
Dreier-Kommission mit<br />
Oswald, dem Mexikaner<br />
Mario Vazquez Rana und<br />
dem norwegischen IOC-<br />
Marketingchef Gerhard<br />
Heiberg eine Lösung mit den<br />
Amerikanern zu finden.<br />
Doch die blieben bisher in<br />
der Sache knallhart.<br />
Ueberroths Argumentationskette ging in Orlando so: Eine<br />
Reduzierung der Anteile schwächt das US-Team bei <strong>Olympische</strong>n<br />
Spielen, das ausschließlich über Sponsoreneinnahmen<br />
finanziert wird; ohne starke Olympiamannschaft keine hohen<br />
Einnahmen aus dem TV-Geschäft mit dem amerikanischen<br />
Rechteinhaber, ergo: "Das ist nicht gut für uns, das ist auch<br />
nicht gut für den Rest der Welt. Doch der versteht nicht, wo<br />
das Geld herkommt." Wenn das IOC mehr Einnahmen erzielen<br />
wolle, müsse es "den zu teilenden Kuchen vergrößern" und<br />
seine Ware besser verkaufen. So habe China die Fernsehrechte<br />
an den Spielen in Peking mit sieben Millionen Dollar geradezu<br />
geschenkt bekommen, verglichen mit den 894 Millionen Dollar<br />
von NBC. Dann ließ Ueberroth die Katze aus dem Sack: "Schon<br />
immer haben <strong>Olympische</strong> Spiele in den USA am meisten Geld<br />
eingebracht. Wenn Chicago die Spiele 2016 bekommt, werden<br />
die Preise in die Höhe gehen. Wenn nicht, werden sie sinken."<br />
Diese unverhohlene Aufforderung an die IOC-Mitglieder, in<br />
Kopenhagen den amerikanischen Kandidaten zu wählen, sorgte<br />
vor allem bei den Konkurrenten Tokio, Madrid und Rio de<br />
Janeiro für Empörung. Ungehöriger als Ueberroth, der von<br />
USOC zum Sonderbeauftragten für die Chicago-Bewerbung<br />
ernannt wurde, habe noch kein Kandidat für sich öffentlich<br />
geworben. Die Kampagne wäre schier aussichtslos, wenn die<br />
USA mit Barack Obama nicht einen Präsidenten mit der Befähigung<br />
gewählt hätten, auch auf olympischem Terrain als Stimmenfänger<br />
in Erscheinung zu treten. Was Tony Blair für London<br />
gelang und Wladimir Putin für Sotschi, ist dem ersten schwar-<br />
zen Präsidenten der USA allemal zuzutrauen. Besonders aus<br />
Afrika würden ihm wohl Stimmen zufliegen. Der sportive und<br />
dem Basketball besonders zugeneigte Obama hat die Bewerbung<br />
seiner Heimatstadt von Anfang an unterstützt. Deshalb<br />
sagt Chicagos Bewerbungschef Patrick Ryan: "Wenn alles<br />
normal läuft und er keine anderen Verpflichtungen hat, wird er<br />
nach Kopenhagen kommen."<br />
Als Geste des guten Willens wird USOC wohl bereit sein, einige<br />
Dollar als Sondervergütung abzutreten. Wie das geschehen<br />
könnte, hat Rogge angedeutet. 15 bis 20 Millionen Dollar von<br />
ihrem Anteil sollten die Amerikaner dem IOC zur Finanzierung<br />
der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA und des Internationalen<br />
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