Ausgabe 6/2008 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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Der 2. <strong>Deutsche</strong> Kinder- und Jugendsportbericht hält<br />
nüchtern fest, dass Deutschland im europäischen<br />
Vergleich (von 19 OECD-Staaten) bezüglich der zur<br />
Verfügung gestellten finanziellen Mittel und der Betreuungsrelation<br />
(Erzieherin: Kinder, Lehrer: Grundschulkinder)<br />
im Elementarbereich (0-6 Jahre) nur Platz 18 erreicht und<br />
im Primarbereich (6-10) auch nur Platz 14 einnimmt.<br />
Gleichzeitig ist bekannt, dass in Deutschland sehr früh<br />
eine soziale Selektion einsetzt, von der vor allem Kinder<br />
aus sogenannten Risikogruppen (Kinder von Alleinerziehenden,<br />
aus kinderreichen Familien und/oder mit Migrationshintergrund)<br />
von Geburt an betroffen sind. Diese<br />
Benachteiligung beinhaltet,<br />
- dass ihre motorischen und sprachlichen Fähigkeiten<br />
weitaus schlechter ausfallen,<br />
- dass ihre Rückstellungsquote bei Schuleingangsuntersuchungen<br />
um ein Vielfaches höher ist,<br />
- dass schulische Übergänge, die Schulabschlüsse und die<br />
Art der Berufsausbildung wesentlich schlechter als in<br />
Normalgruppen ausfallen.<br />
Im Sportbereich kritisiert der Bericht die viel zu frühe und<br />
einseitige Sportart- und Wettkampforientierung, hält für<br />
den Leistungssport die Problematik der zu frühen D-<br />
Kader-Auslese (10-12 Jahre) fest und bemängelt den bis zu<br />
80 %igen Einsatz von nicht ausgebildeten Lehrern im<br />
Sportunterricht.<br />
Vor diesem allgemeinen gesellschaftlichen Hintergrund ist<br />
festzuhalten, dass im Gegensatz der Kindersport Bestandteil<br />
der Lebenswelt aller Kinder ist. Der Sport erreicht fast<br />
90% aller Kinder jenseits der Schule, mit der höchsten<br />
Mitgliedsrate bereits im 7. Lebensjahr (= 76,5%), unabhängig<br />
von Ethnie und/oder Geschlecht. Hinsichtlich der<br />
nachmittäglichen Freizeitgestaltung ist festzuhalten, dass<br />
2/3 aller Kindertermine alleine auf den Sport entfallen und<br />
dass 80% aller Kinder diese Termine als ihre Lieblingstermine<br />
bezeichnen.<br />
Die Befunde zur Attraktivität des Sportvereins aus Kindersicht<br />
offenbaren 2 zentrale Merkmale:<br />
1. Erfahren von sozialer Anerkennung und sozialer Akzeptanz,<br />
2. Entwicklung einer Könnenserfahrung am eigenen Körper.<br />
Sozialwissenschaftler kennen diese Ausnahmestellung des<br />
Kindersports bezüglich Teilnahme, Motivation und Wohlbefinden<br />
an und sprechen vom Sport als soziokulturellem<br />
Erkennungszeichen der "Präadoleszenz" und attestieren<br />
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dem Sport eine "positiv biographische Bildung" am Nachmittag.<br />
Im Gegensatz zum schlechten institutionellen Kindergartenangebot<br />
im Vorschulalter zeigen die Sportbefunde, dass<br />
Interventionen (ab 3 Jahren) mittels Bewegungskindergärten<br />
und bewegter Sprachförderung sowohl die Motorik als<br />
auch die Sprachentwicklung bedeutsam verbessern, besonders<br />
bei Leistungsschwächeren und/oder Migranten. Darüber<br />
hinaus fällt auf, dass 90% aller Erzieherinnen von der<br />
Wirksamkeit der bewegten Sprachförderung überzeugt<br />
sind und mehr Angebote dieser Art machen wollen. Das<br />
Problem liegt eher<br />
in den zu geringen<br />
Fortbildungsangeboten<br />
im Bewegungsbereich.<br />
Befunde zur<br />
"Bewegten Grundschule"verdeutlichen,<br />
dass sich<br />
primäre Effekte im<br />
Bereich der Verbesserung<br />
des<br />
sozialen Klimas<br />
und im Aggressionsabbau<br />
zeigen<br />
und dass sich<br />
durch Bewegte<br />
Pausen und<br />
Bewegten UnterrichtAufmerksamkeit<br />
und Konzentration<br />
bis zur 5.<br />
Stunde um 52% (!) steigern lassen, wohingegen diese<br />
Faktoren bei sitzendem Unterricht um 40% (!) abnehmen.<br />
Sportmedizinische Befunde unterstreichen, dass Alltagsund<br />
Sportbewegungen als wesentlichste risikomindernde<br />
Gesundheitsgrößen für die Zukunft gelten und körperlichsportliche<br />
Aktivitäten vor der Entstehung von Übergewicht<br />
und Adipositas schützen. Andererseits liegt die Wahrscheinlichkeit<br />
bei bis zu 80%, dass aus unfitten Kindern<br />
unfitte Erwachsene werden.<br />
Die gegenwärtig zu beobachtende Tendenz zu mehr Schulautonomie<br />
bietet deshalb für einzelne Einrichtungen mehr<br />
Chancen. Vergleichbares gilt für das Thema Ganztagsschule.<br />
Ursprünglich geplant aus sozial und familienpolitischen<br />
Gründen (Vereinbarkeit von Familie und Beruf) sowie aus<br />
bildungs- und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen heraus<br />
(Förderung benachteiligter Schülergruppen), kristallisiert