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"EINMAL FALKE - IMMER FALKE" - Falken Essen

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ZEITREISE<br />

"... lieber in den Tennisverein als zu den <strong>Falken</strong>."<br />

Die <strong>Falken</strong>bewegung im ersten Nachkriegsjahrzehnt<br />

Von Gerd Böhme und Gisi Böhme-Hahnel<br />

Die These von der Stunde Null für die unmittelbare<br />

Nachkriegszeit ist in den letzten Jahren für viele politische<br />

und gesellschaftliche Teilbereiche widerlegt worden, so<br />

dass es nicht verwundern mag, ihre Richtigkeit auch für<br />

die sozialistische Arbeiterjugend anzuzweifeln. Es gab<br />

zwar im Frühjahr 1945 keine Gruppen, keinen organisatorischen<br />

Zusammenhalt, keine Treffpunkte mehr, die die<br />

zwölf Jahre nationalsozialistischer Herrschaft überdauert<br />

hatten, so dass ein Neuaufbau nötig war. Doch der Begriff<br />

von der "Stunde Null" meint eine unvorbelastete Neuorientierung<br />

- diese aber hat es auch bei den "<strong>Falken</strong> -<br />

Sozialistische Jugendbewegung Deutschlands", wie der<br />

Zusammenschluss von SAJ und Kinderfreunden ab 1946<br />

hieß, nicht gegeben.<br />

Unmittelbar nach Kriegsende begannen ehemalige<br />

Funktionäre und Mitglieder der SAJ und Kinderfreunde<br />

auch in <strong>Essen</strong>, zunächst noch illegal, Treffen von Kindern<br />

und Jugendlichen zu organisieren. Die Not setzte dabei<br />

die Maßstäbe, nicht politische Erziehung oder Entnazifizierung<br />

der Jugend waren das ausschlaggebende Motiv.<br />

Die Nachkriegssituation war für Kinder besonders hart.<br />

Auseinandergerissene Familien, verwaiste Kinder, wenig<br />

Kleidung, Hunger, zerstörte Häuser und die Erinnerung<br />

24 <strong>EINMAL</strong> <strong>FALKE</strong> - <strong>IMMER</strong> <strong>FALKE</strong><br />

1945-1955<br />

an den Bombenkrieg bestimmten die physische und psychische<br />

Verfassung der Kinder. Denen zu helfen, war die<br />

Absicht der ersten Stunde. Und Hilfe konnte damals<br />

schon sein, den Trümmerkindern einen Aufenthalt in geheizten<br />

Räumen zu bieten. Wenn dann noch ein mit einfachsten<br />

Mitteln organisierter Spielenachmittag hinzu<br />

kam, war der Andrang enorm. Die Belastung der Gruppenleiter,<br />

die eigene Not zu meistern und sich noch für<br />

die Verbesserung der Situation der Kinder und Jugendlichen<br />

zu engagieren, ließ keinen Freiraum, sich mit einer<br />

Neuorientierung auseinanderzusetzen. Einen organisatorischen<br />

Rahmen für diese Arbeit gab es zunächst noch nicht<br />

- die offizielle Gründungsfeier war erst Anfang Juni 1946<br />

im Steeler Stadtgarten -, aber es knüpfte sich langsam ein<br />

sozialdemokratisches Beziehungsgeflecht. Längst aus den<br />

Augen verlorengegangene Genossen aus der Weimarer<br />

Zeit halfen sich gegenseitig beim "Organisieren". Räume<br />

für die Treffen, Schuhe, Kleidung und Nahrung versuchte<br />

man, für die Kinder zu besorgen. Zu den Zeltlagern, die ab<br />

1946 an der Ruhr und in Langenberg stattfanden, sagte<br />

Jupp Roth, einer der Organisatoren: "Da haben wir die<br />

Kinder endlich mal satt gekriegt." Die Lebensmittel hatte<br />

man über Sonderzuteilungen der britischen Besatzungsmacht<br />

erhalten.<br />

Bei den Zeltlagern ebenso wie in den Gruppenstunden<br />

wurden die Grundsätze aus der Zeit vor 1933 wieder aufgegriffen.<br />

Mitbestimmung im Zeltlager, Gemeinschaftserziehung<br />

von Jungen und Mädchen, Rauch- und Alkoholverbot,<br />

Erziehung gegen Schmutz- und Schundliteratur<br />

waren einige typische Elemente der Erziehungsarbeit der<br />

SAJ und der Kinderfreunde gewesen. Das Alkoholverbot<br />

zum Beispiel war ein Grundsatz, der nicht nur für Gruppenabende,<br />

sondern für die Mitglieder schlechthin zu gelten<br />

hatte. "Ein trinkender Arbeiter denkt nicht, ein denkender<br />

Arbeiter trinkt nicht", war eine Regel der SAJ gewesen.<br />

Begründet war dieser Grundsatz in der Not der<br />

Weimarer Republik durch die vernünftige Erklärung, dass<br />

jedes Glas Bier des Vaters den Kindern eine Schnitte Brot<br />

weniger bedeutete. Die Erreichung des Sozialismus sollte<br />

über die Erziehung der Kinder und Jugendlichen zum idealen<br />

Menschen erfolgen. Dieser hohe Anspruch, aus dem<br />

heraus auch eine Verpönung von Paartanz, die Ablehnung<br />

amerikanischer Einflüsse in der Unterhaltungsmusik<br />

(Jazz, Charleston) und das Verschließen gegenüber neuen<br />

Tendenzen der Freizeitgestaltung (Radio, Kino) erfolgte,

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