"EINMAL FALKE - IMMER FALKE" - Falken Essen
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hatte bereits in der Weimarer Republik zu einer Entfremdung<br />
von den Bedürfnissen der meisten Jugendlichen<br />
geführt. Dennoch griff man nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
diese Traditionen wieder auf.<br />
Der Zulauf, den die <strong>Falken</strong> unmittelbar nach dem Krieg<br />
hatten, schien das alte Konzept zu bestätigen. "Wir wussten<br />
gar nicht der Massen Herr zu werden, wir hatten vier<br />
bis fünf Gruppen und alle mit 40 bis 50 Jugendlichen", erläuterte<br />
uns ein Gruppenleiter aus <strong>Essen</strong>-Ost. Vergleichbar<br />
stark war der Andrang der Jugendlichen auch in vielen anderen<br />
Stadtteilen. Für die Kindergruppen bestätigt das der<br />
Jahresbericht 1947. Danach gab es Ende 1947 in <strong>Essen</strong> 37<br />
feste Kindergruppen und zehn, die sich im Aufbau befanden.<br />
Bei den 29 Weihnachtsfeiern desselben Jahres, die<br />
gemeinsam mit der AWO durchgeführt wurden, konnten<br />
7000 Kinder beschenkt werden.<br />
Für die Kindergruppen haben wir außer dem gerade<br />
erwähnten noch zwei weitere Berichte über die Jahre 1950<br />
und 1951. Darin heißt es, dass man nach zehn Kasperlevorführungen<br />
und gezielter Werbung bei sozialdemokratischen<br />
Eltern es als Erfolg ansehen müsse, zum Jahresende<br />
1951 wieder elf Kindergruppen zu haben, deren Zahl sich<br />
auch im folgenden Jahr nicht erhöht habe. Man könnte<br />
vermuten, dass sich der enorme Einbruch in der Mitgliederentwicklung<br />
dadurch erklärt, dass der Bericht für 1947<br />
übertrieben war. Doch die Zeitzeugen bestätigen diese<br />
Veränderung zum Ende der 40er Jahre.<br />
Die Gründe für das enorme Absinken der Gruppenzahlen<br />
waren vielfältig. In den ersten Nachkriegsjahren war<br />
der sozialpflegerische Anteil der <strong>Falken</strong>arbeit sehr hoch<br />
und sicherlich mitentscheidend für den starken Zuspruch.<br />
Hinzu kam, dass Kinder und Jugendliche während des<br />
Nationalsozialismus ans Gruppenleben gewöhnt waren,<br />
Hitlerjugend und Kinderlandverschickung hatten ihre<br />
Freizeit organisiert. Den Mangel an Freizeitangeboten in<br />
der unmittelbaren Nachkriegszeit konnten die <strong>Falken</strong>,<br />
eine der wenigen nicht durch den Nationalsozialismus<br />
korrumpierten Jugendorganisationen, wirksam ausfüllen.<br />
Nach der Währungsreform und durch die Gelder des<br />
Marshallplans veränderte sich die wirtschaftliche Situation.<br />
Mit einem Teller Suppe konnte man nur noch wenige<br />
locken. Für die Jugendlichen nahmen die Möglichkeiten<br />
der Freizeitgestaltung außerhalb der Jugendverbände zu,<br />
Kinos, Tanzlokale und andere Angebote wurden wieder<br />
eröffnet. Außerdem veränderte der Kalte Krieg die politische<br />
Atmosphäre: Sozialistische Jugend wurde häufig mit<br />
kommunistischer gleichgestellt und war damit verschrien.<br />
Ein weiterer Ansatz, den Mitgliederschwund zu erklären,<br />
liegt auf jugendsoziologischer Ebene. Sich als Jugendlicher<br />
durch besondere Erscheinungsformen von der<br />
Welt der Erwachsenen zu unterscheiden, ist ein sich von<br />
Generation zu Generation wiederholendes Phänomen.<br />
Nach den Jahren der Anpassung unter dem Nationalsozialismus<br />
erlaubte es die politische und wirtschaftliche<br />
Situation der Bundesrepublik den Jugendlichen in den<br />
50er Jahren wieder, sich durch Mode, Musik und Tänze<br />
von den Erwachsenen abzugrenzen und so zu einer eigenen<br />
Identität zu gelangen.<br />
In dieser Zeit schieden sich die "Mitläufer von den<br />
Mitgliedern", eine Unterscheidung, wie sie ein ehemaliger<br />
Gruppenleiter formulierte. Die <strong>Falken</strong> hielten an ihren<br />
Traditionen fest, nahmen an Schulungen teil, führten<br />
Volkstänze auf und sangen im blauen Hemd, während<br />
andere Arbeiterjugendliche sich ihre erste "Lucky Strike"