"EINMAL FALKE - IMMER FALKE" - Falken Essen
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Ende 1963 schrieb der emporstrebende<br />
junge Horst Radtke ebenfalls im<br />
"<strong>Falken</strong>spiegel": "Mit den Träumen<br />
von der ‚Blauen Blume' und prasselnden<br />
Lagerfeuern ist es nicht mehr getan.<br />
Wir haben den Twist, das Moped,<br />
den Hit-Schlager und das Fernsehspiel<br />
in unsere Arbeit einzukalkulieren",<br />
um damit auf das Schärfste<br />
Vorwürfe alter SAJler zurückzuweisen.<br />
Er reklamierte damit die Notwendigkeit<br />
des pädagogischen und<br />
politischen Wandels, den er mit aller<br />
Kraft und charismatischen Fähigkeiten<br />
in den Folgejahren vorantrieb.<br />
Radtke wurde 1966 zum Vorsitzenden<br />
gewählt, innovative pädagogische<br />
und sozialpolitische Ansätze ersetzten<br />
recht bald die traditionellen Arbeitsinhalte<br />
der 50er Jahre. Für die<br />
neuen Konzepte mussten auch neue<br />
Funktionäre von außerhalb gewonnen<br />
werden. Die progressiven Inhalte<br />
bewogen viele Studenten, Pädagogen<br />
und Sozialarbeiter, sich bei den <strong>Falken</strong><br />
auszuprobieren. Zumeist war es<br />
auch Horst Radtke selbst, der sie angesprochen<br />
und angeworben hatte.<br />
Die 68er Bewegung bewegte auch<br />
den Bundesverband, auf der Bundes-<br />
<strong>Falken</strong> hatte ich begründet, hauptsächlich wegen meines<br />
fortgeschrittenen Alters und meines Engagements in verschiedenen<br />
anderen Zusammenhängen, in denen ich aktiv<br />
war. Bei den <strong>Falken</strong> im Jugendverband war ich nicht mehr<br />
aktiv, und gegen "Bartfalken", die sich von außen ins operative<br />
Verbandsgeschäft einmischen, hatte ich schon immer<br />
meine Bedenken. Im Übrigen habe ich meine Fördererbereitschaft<br />
signalisiert, die ich bis heute auch bei gegebenem<br />
Anlass einlöse. Außerdem war ich da, wenn Ihr<br />
mich gerufen habt, sei es bei der Unterstützung gegen die<br />
Mittelkürzungen oder zum Beispiel bei der Hausbesetzung<br />
in der Almastraße. Gegen die Gründung des AWO-<br />
Jugendwerkes habe ich mich auf AWO-Kreisebene jahrelang<br />
gewehrt, aber letztendlich musste dem Druck des<br />
Bezirksvorstandes in dieser Frage nachgegeben werden.<br />
POLITISIERUNG DER KREISVERBANDSARBEIT<br />
konferenz 1971 in <strong>Essen</strong> mit entsprechenden<br />
Beschlüssen die Öffnung<br />
der <strong>Falken</strong> nach "links" zu vollziehen.<br />
Dies löste eine Flut von Richtliniendiskussionen<br />
zur politischen Zielfindung<br />
aus, die von breitgefächerten<br />
Aktionen und Einlassungen auf alle<br />
möglichen Politikfelder begleitet<br />
wurde. Der damalige Vorstand hatte<br />
alle Mühe, die allgegenwärtig zündelnden<br />
politischen Feuerchen zu<br />
bündeln und in ein strategisches Gesamtkonzept<br />
zu fassen.<br />
Klaus Titko, Redakteur des "Hintergrundes",<br />
schrieb 1976 in einem<br />
Beitrag zur Richtliniendiskussion:<br />
"Politische Bildung muss sich um kritisch-rationale<br />
Aufklärung bemühen,<br />
ideologiekritisch vorgehen, gesellschaftliches<br />
und historisches Bewusstsein<br />
vermitteln, eine soziologische<br />
Denkweise fördern, Partei ergreifen<br />
für die unterprivilegierten in<br />
der Gesellschaft, zielgruppenorientiert<br />
arbeiten, die sozialen und psychischen<br />
Vorbedingungen der Jugendlichen<br />
berücksichtigen, von ihren<br />
konkreten Erfahrungen ausgehen<br />
und auf Engagement und politische<br />
Praxis hinarbeiten", und entschuldig-<br />
te sich anschließend für die vielen<br />
Fachbegriffe, die die Leser nicht erschrecken<br />
sollten. Das kennzeichnet<br />
aber bestens die Diskussionswut, die<br />
jene Phase der Politisierung bei den<br />
<strong>Falken</strong> auslöste. Erst gegen Ende des<br />
Jahrzehnts, in dem es galt, fast alles<br />
politisch in Frage zu stellen und entsprechende<br />
Reaktionen zu zeigen,<br />
wurde es für die GenossInnen "einfacher".<br />
Die politischen Feindbilder<br />
waren durch Strauss und Reagan personifiziert,<br />
ihre Politik bedrohte die<br />
Grundwerte der <strong>Falken</strong>: Freiheit,<br />
Frieden und Völkerverständigung.<br />
Als Fazit ist diese Epoche wohl<br />
mit der Bezeichnung "Politischer<br />
Lernprozess" gut zu beschreiben. Die<br />
Erfahrungen, die dabei gesammelt<br />
werden konnten, waren gutes "Equipment"<br />
für die Anforderungen der<br />
Folgejahre. Ohne sie wäre das erfolgreiche<br />
politische Agieren eines Jugendverbandes<br />
mit der notwendigen<br />
Doppelstrategie - die Möglichkeiten<br />
von Gremien und Parlamenten zu<br />
nutzen und gleichzeitig den Protest<br />
auf der Straße zu organisieren -<br />
nicht möglich geworden.<br />
Die aktuelle Situation bei SPD, AWO, Gewerkschaften<br />
und <strong>Falken</strong> ist bedenklich, wenn die Frage nach ehrenamtlichem<br />
Nachwuchs oder nach der Bereitschaft zu<br />
Mitgliedschaft gestellt wird. Macht Dich das nicht betroffen,<br />
wenn Du an unsere Vergangenheit mit dem damaligen<br />
Potential denkst? Was würdest Du den Genossinnen und<br />
Genossen als Tipp für die Zukunft mit auf den Weg<br />
geben..<br />
Ja, da ist eine Menge falsch gelaufen, sowohl bei<br />
Verbänden als auch in Politik und Gesellschaft, die handelnden<br />
Personen erreichen die Leute nicht mehr im<br />
Herzen. Gelänge dies wieder, bräuchte man sich keine<br />
Sorgen um das Ehrenamt und unseren Nachwuchs zu<br />
machen.<br />
<strong>EINMAL</strong> <strong>FALKE</strong> - <strong>IMMER</strong> <strong>FALKE</strong> 45