"EINMAL FALKE - IMMER FALKE" - Falken Essen
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“Im Laufe einer neu aufbrechenden<br />
politisch-pädagogischen Debatte wurde<br />
nach neuen Demokratiemodellen<br />
gesucht.”<br />
der Studentenbewegung auf der anderen Seite gab es keine<br />
enge Verbindung. Dazu muss erklärt werden, dass <strong>Falken</strong><br />
nie Studentenbewegung, sondern immer Arbeiterjugendbewegung<br />
waren. Insofern stand man der Studentenbewegung<br />
Ende der 60er Jahre distanziert gegenüber, zudem<br />
war die studentische SPD-Kritik nicht immer gerne gehört<br />
("Weder stupide Ordnung noch Anarchie sind Kriterien<br />
des Fortschritts" - Uwe-Dieter Steppuhn). Eine andere<br />
Haltung zur Studentenschaft sollte sich erst nach der<br />
"Linkswende" innerhalb des Bundesverbandes Anfang der<br />
70er Jahre ergeben, als man z.B. zwischen SPD und SHB<br />
(Sozialistischer Hochschulbund) zu vermitteln versuchte.<br />
Die Studentenbewegung zog aber eine Lehrlingsbewegung<br />
Anfang der 70er Jahre nach sich, die gerade in<br />
<strong>Essen</strong> einen ihrer Ausgangspunkte hatte. Einer ihrer<br />
Initiatoren war der Religionslehrer Freitag von einer<br />
Berufsschule. Zur Schande dieser SPD in <strong>Essen</strong> war es der<br />
Elektrounternehmer und SPD-Mitglied Friedrich Marquard,<br />
der in seinen Betrieben Lehrlinge nur als billige<br />
Hilfskräfte ansah und sich gegen jede Kritik verwahrte, ja<br />
sogar ziemlich seiner Klasse entsprechende Methoden<br />
anwandte, um Kritik zu unterbinden und aufsässige Lehrlinge<br />
zur Raison zu bringen. Die Partei reagierte darauf<br />
beschämend für einen aufrichtigen demokratischen<br />
Sozialisten. Die <strong>Falken</strong> unterstützten die Initiative inhaltlich<br />
(so die Forderung nach einer Ausbildungsabgabe -<br />
alter Schuh, nicht von <strong>Falken</strong> erfunden), als auch durch<br />
eine Spende von 300 DM. Die Interessenvertretung für<br />
Lehrlinge sollte noch bis spät in die 70er Jahre ständiges<br />
Thema innerhalb und außerhalb des Verbandes sein.<br />
Das jährliche Pfingstcamp auf dem Gelände des Emil-<br />
Frick-Heims war seit den 50er Jahren immer wieder und<br />
regelmäßig von <strong>Falken</strong> besucht worden. Das ´69er-Camp<br />
unter dem Motto "ich - du - WIR" für Kinder von sechs<br />
bis 15 Jahren mit insgesamt etwa 500 Teilnehmern (davon<br />
ca. 30 aus <strong>Essen</strong>) sei hier nur einmal eingestreut. Zudem<br />
wurde zu dieser Zeit "natürlich" über die Sexualpädagogik<br />
debattiert und gehandelt. Auch wenn dies schon viel früher<br />
im Verband Thema war (und auch pädagogisch behandelt<br />
wurde), bleibt dieses Thema in Erinnerung vieler<br />
Mitglieder doch erst Anfang der 70er Jahre verhaftet, weil<br />
hier aufgrund von Presseresonanzen erst der "Wirbel" aufkam,<br />
der heute wie eine Debatte aus dem Kloster erscheint:<br />
Dürfen Mädchen und Jungen zusammen in einem<br />
Zelt schlafen? Im Mai 1971 war der KV <strong>Essen</strong> Ausrichter<br />
der Bundeskonferenz der SJD - Die <strong>Falken</strong> im Saalbau in<br />
<strong>Essen</strong>. Im gleichen Jahr zog das Kreisverbandsbüro in die<br />
Lindenallee 75, bei dessen Einweihungsfeier Peter Reuschenbach<br />
behaupten durfte: "Es gibt nur eine Alternative<br />
zu den <strong>Falken</strong>: SPD!"<br />
Die Machenschaften eines Herrn Kaussen waren auch<br />
für <strong>Falken</strong> Thema Anfang der 70er Jahre. Kaussen war ein<br />
"Vermieter", der auf so ungefähr allen Gebieten seines<br />
"Metiers" versuchte, Profit herauszuschlagen. Renovierungen<br />
von Wohnsubstanz fanden nur auf Druck statt. Unsaubere<br />
Spekulationsgeschäfte waren an der Tagesordnung.<br />
<strong>Falken</strong> gingen dagegen in der Öffentlichkeit und mit Hilfe<br />
ihres Parteigenossen und Ratsherren Horst Radtke an.<br />
Das <strong>Falken</strong>heim Holsterhausen wurde zu einer Einrichtung<br />
der "offenen Jugendarbeit" und infolge der<br />
"Linkswende" wandelte sich die Kindergruppenarbeit von<br />
der Erziehung zu Grundwerten wie Solidarität und<br />
Gleichheit und den seit Jahrzehnten kontinuierlich laufenden<br />
Aktionen gegen Kriegsspielzeug hin zur systemkritischen<br />
Erziehung, in der z.B. auch die Funktion von<br />
Schule, Noten und Konkurrenz innerhalb des Kapitalismus<br />
thematisiert wurde. Desweiteren wurde aber nicht<br />
vergessen, die Eigeninteressen von Kindern zu vertreten,<br />
was sich zum Beispiel im Eintreten für bessere Spielplätze<br />
(insbesondere Bauspielplätze) zeigte. Im Jugendbereich<br />
wurden vermehrt Themen wie Abrüstung, Atomkraftbekämpfung,<br />
berufliche Bildung und Berufsverbote angegangen.<br />
Schon in den 60er Jahren wurde über Mädchenarbeit<br />
innerhalb des Verbandes diskutiert, im Laufe der<br />
sogenannten "sexuellen Revolution" und der Frauenbewegung<br />
entstanden auch in <strong>Essen</strong> Frauen- bzw. Mädchengruppen,<br />
die sich durchaus an Leitfiguren wie Rosa Luxemburg<br />
orientierten. Im Laufe des Jahres 1976 wollten<br />
gewisse konservative Kräfte den <strong>Falken</strong> die Anerkennung<br />
als förderungswürdiger Verband aberkennen, um so der<br />
sozialistischen Jugend das finanzielle Wasser abzugraben,<br />
was jedoch nicht gelang: die <strong>Falken</strong> verklagten erfolgreich<br />
die Stadt <strong>Essen</strong>.<br />
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