19.01.2013 Aufrufe

Urheberrecht in digitalisierter Wissenschaft und Lehre - TIB

Urheberrecht in digitalisierter Wissenschaft und Lehre - TIB

Urheberrecht in digitalisierter Wissenschaft und Lehre - TIB

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Prof. Dr. jur. Nikolaus Forgó<br />

Ohne Vere<strong>in</strong>barung gibt es daher <strong>in</strong> der Regel (Ausnahme: Computerprogramme, Datenbanken,<br />

dazu unten) ke<strong>in</strong>e Rechteabtretung.<br />

Digitalisierung <strong>und</strong> Vernetzung haben erhebliche Unruhe <strong>in</strong> das regulatorische Gleichgewicht<br />

zwischen Urheber, Verwerter <strong>und</strong> Allgeme<strong>in</strong>heit gebracht. Da sich jedes Orig<strong>in</strong>al, wenn es<br />

digitalisiert vorliegt, verlustfrei kopieren lässt, s<strong>in</strong>d Urheber <strong>und</strong> Verwerter mit<br />

Verwertungshandlungen konfrontiert, die nicht immer ihre Zustimmung f<strong>in</strong>den <strong>und</strong> auch nicht<br />

immer zulässig s<strong>in</strong>d. Gleichzeitig widerfährt es dem Nutzer immer öfter, dass legitime<br />

Nutzungsarten (z. B. die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch) durch technische Maßnahmen<br />

(z. B. e<strong>in</strong>en Kopierschutzmechanismus) faktisch unmöglich gemacht werden. Noch davor<br />

widerfährt ihm die Zumutung, dass <strong>in</strong> der analogen Welt rechtlich irrelevante Handlungen (wer<br />

<strong>in</strong>teressiert sich schon dafür, ob man e<strong>in</strong> Buch nach dem Kauf liest, bemalt oder unter den<br />

Couchtisch stellt) plötzlich technisch gesteuert <strong>und</strong> damit auch rechtlich bewertet werden.<br />

Auf diese Verschiebungen ist e<strong>in</strong> spürbarer gesetzgeberischer Aktionismus zurückzuführen, der<br />

<strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den RL zu Harmonisierung des <strong>Urheberrecht</strong>s <strong>in</strong> der Informationsgesellschaft <strong>und</strong><br />

zum IP-Enforcement se<strong>in</strong>en vorläufigen Höhepunkt gef<strong>und</strong>en hat. Mehrere Entwicklungsl<strong>in</strong>ien<br />

lassen sich wohl f<strong>in</strong>den: E<strong>in</strong>e sich aus der jüngeren Regulierungsgeschichte ableitbare Tendenz ist<br />

es, dass zunehmend nicht nur Urheber <strong>und</strong> damit der kreative Prozess geschützt werden: Bei<br />

Datenbanken, „e<strong>in</strong>fachen Fotografien“ (<strong>und</strong> im gewissen S<strong>in</strong>ne auch bei Computerprogrammen)<br />

gewährt das <strong>Urheberrecht</strong> Schutz auch für Arbeiten, die ke<strong>in</strong>en Werkcharakter im klassischen<br />

S<strong>in</strong>ne haben. Hier werden <strong>in</strong>sbesondere Investitionen geschützt, nicht der kreative Prozess (vgl.<br />

z. B. § 987b Abs. 1 Satz 1 UrhG: „Der Datenbankhersteller hat das ausschließliche Recht, die<br />

Datenbank <strong>in</strong>sgesamt oder e<strong>in</strong>en nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu<br />

vervielfältigen, zu verbreiten <strong>und</strong> öffentlich wiederzugeben“ <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit § 87a Abs. 2<br />

UrhG: „Datenbankhersteller im S<strong>in</strong>ne dieses Gesetzes ist derjenige, der die Investition im S<strong>in</strong>ne<br />

des Absatzes 1 vorgenommen hat.“). E<strong>in</strong>e weitere Entwicklungsl<strong>in</strong>ie zeigt sich dar<strong>in</strong>, dass<br />

zunehmend technische Maßnahmen, mit denen Urheber e<strong>in</strong>e Umgehung ihrer Rechte faktisch<br />

unmöglich machen, rechtlichen Schutz erfahren. Der Nutzer steht hier, überspitzt gesagt,<br />

zunehmend vor der Alternative, an e<strong>in</strong>er bestimmten Nutzung dauerhaft technisch geh<strong>in</strong>dert zu<br />

werden oder sich durch Umgehung der Beh<strong>in</strong>derung rechtswidrig zu verhalten. Als drittes<br />

rechtspolitisches Diskursfeld kann man vielleicht die mit den ersten beiden Phänomenen<br />

unmittelbar im Zusammenhang stehenden, zunehmenden Bemühungen festmachen,<br />

<strong>Urheberrecht</strong>e zu „privatisieren“, <strong>in</strong>dem Urheber über Verwertungen differenziert zu disponieren<br />

versuchen. „Open Content“, „Open Access“, „Creative Commons“ <strong>und</strong> auch „Open Source“ (als<br />

Ursprungsidee) s<strong>in</strong>d die diese Entwicklung bestimmende Stichwörter. Dadurch versuchen<br />

Urheber, mitunter unter Verzicht auf Verwerter, ihr Werk zu ihnen opportun ersche<strong>in</strong>enden<br />

Konditionen zugänglich zu machen <strong>und</strong> zur Steuerung dieses Vorgangs nicht zuletzt auch die<br />

Instrumentarien des <strong>Urheberrecht</strong>s e<strong>in</strong>zusetzen.<br />

16

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!