Urheberrecht in digitalisierter Wissenschaft und Lehre - TIB
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3. Recht der öffentlichen Zugänglichmachung<br />
Prof. Dr. Thomas Hoeren<br />
Das Bereithalten von urheberrechtlich geschützten Musikwerken zum Abruf via Intra- oder<br />
Internet könnte im Übrigen das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG)<br />
tangieren. Der alte Streit, ob <strong>und</strong> wann Abrufdienste überhaupt unter das Recht der öffentlichen<br />
Wiedergabe § 15 Abs. 2 UrhG) fallen 64 , hat sich mit Inkrafttreten der Änderungen des UrhG zum<br />
13. September 2003 erledigt. In Umsetzung der oben erwähnten InfoSoc-Richtl<strong>in</strong>ie wurde <strong>in</strong><br />
§ 19a UrhG e<strong>in</strong> neues Verwertungsrecht e<strong>in</strong>geführt, das ausdrücklich den Bereich der<br />
elektronischen Abrufdienste umfasst. Es handelt sich hierbei um das Recht, das Werk<br />
drahtgeb<strong>und</strong>en oder drahtlos der Öffentlichkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise zugänglich zu machen, dass es<br />
Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten <strong>und</strong> zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Dieses Recht<br />
der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a) ist e<strong>in</strong> Unterfall des allgeme<strong>in</strong>en Rechts der<br />
öffentlichen Wiedergabe.<br />
Problematisch bleibt allerd<strong>in</strong>gs die E<strong>in</strong>ordnung von Intranets <strong>in</strong> das System der<br />
Verwertungsrechte. Denn auch das neue Recht der öffentlichen Zugänglichmachung umfasst nur<br />
die Netze, die an „Mitglieder der Öffentlichkeit“ gerichtet s<strong>in</strong>d. Statt auf den Akt abzustellen,<br />
wird nunmehr auf die Adressaten abgestellt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Differenzierung zwischen Angehörigen der<br />
Öffentlichkeit <strong>und</strong> den „anderen” vorgenommen. Innerhalb e<strong>in</strong>es Unternehmens aber ist niemand<br />
„Angehöriger der Öffentlichkeit”, so dass bei dieser Unterscheidung unternehmens<strong>in</strong>terne Netze<br />
nicht unter das Recht des „mak<strong>in</strong>g available” fallen würden. Die Frage ist also, wie man die<br />
Grenze zwischen dem zustimmungsfreien Betrieb e<strong>in</strong>es lokalen, <strong>in</strong>ternen Intranet <strong>und</strong> der<br />
zustimmungspflichtigen Nutzung <strong>in</strong> größeren Netzen abgrenzen will. Das Kriterium der<br />
Adressierung an „Mitglieder der Öffentlichkeit“ ist schwammig, wie der Blick <strong>in</strong> § 15 Abs. 3<br />
UrhG zeigt. Hiernach ist die Wiedergabe öffentlich, wenn sie für e<strong>in</strong>e Mehrzahl von Mitgliedern<br />
der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit soll jeder gehören, der nicht mit demjenigen,<br />
der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk <strong>in</strong> unkörperlicher Form<br />
wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verb<strong>und</strong>en ist. Man<br />
muss folglich zur Konkretisierung auf das althergebrachte Kriterium der persönlichen Verb<strong>in</strong>dung<br />
abstellen.<br />
Ob zwischen den Benutzern e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>ternen Datenbanksystems e<strong>in</strong>e solche persönliche Verb<strong>in</strong>dung<br />
besteht, hängt meist von zahlreichen Zufällen <strong>und</strong> Eigenheiten der Betriebsstruktur ab. Auch die<br />
Zahl der anschließbaren Bildschirme lässt ke<strong>in</strong>e Rückschlüsse darauf zu, wann noch von e<strong>in</strong>er<br />
persönlichen Verb<strong>in</strong>dung der Benutzer ausgegangen werden kann. So fragt sich, ob bei 100, 200<br />
64 Siehe die Nachweise bei von Ungern-Sternberg <strong>in</strong> Schricker, <strong>Urheberrecht</strong>, 2. Aufl. München 1999, § 15 Rdnr. 59;<br />
a. A. zum Beispiel Zscherpe, MMR 1998, 404, 407 f. Der BGH hat jetzt <strong>in</strong> der Paperboy-Entscheidung klargestellt,<br />
dass dem Urheber bereits nach § 15 UrhG (i. d. F. vom 9. 9. 1965) das ausschließliche Recht zustand, die öffentliche<br />
Zugänglichmachung se<strong>in</strong>es Werks zu erlauben oder zu verbieten. Dieses Recht sei als unbenanntes Recht <strong>in</strong> dem<br />
umfassenden Verwertungsrecht des Urhebers aus § 15 UrhG enthalten.; BGH, Urteil vom 17. 7. 2003 = NJW 2003,<br />
3406 = GRUR 2003, 958 = MMR 2003, 719 = WRP 2003, 1341 = K&R 2003, 554 m. Anm. Klett – Paperboy.<br />
Ähnlich auch AG Berl<strong>in</strong>-Charlottenburg, Urteil vom 17. November 2003, 236 C 105/03 – Internet-Leseforum.<br />
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